Werkschau

Neue Ausstellung in Bensheim verblüffend nah am Original

Von 
Eva Bambach
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Der Maler Henrich Förster präsentiert zurzeit in der Galerie Krämer reloaded seine Bilder unter dem Titel „Ubbelohde und ich“. © Thomas Zelinger

Bensheim. Seit Samstag läuft in der Galerie Krämer reloaded in der Bahnhofstraße in Bensheim die definitiv letzte Einzelausstellung vor der Schließung Ende Dezember – und ist dabei fast so etwas wie eine Doppelausstellung.

„Ubbelohde und ich: Neue Bilder hundert Jahre später“ überschreibt der Maler Henrich Förster nämlich seine Werkschau. Wie zum Teil auch schon bei der Ausstellung im vergangenen Jahr brachte er aus seinem nordhessischen Atelier viele große und kleine, vorwiegend in Öl gemalte Bilder mit, die sich ganz konkret auf Arbeiten von Otto Ubbelohde (1867–1922) beziehen.

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Der deutsche Maler wurde vor allem durch sein grafisches Werk bekannt, mit dem er seinen Lebensunterhalt – unter anderem mit den bis heute verbreiteten Illustrationen zu Grimms Märchen – verdiente. Doch seine Liebe galt der Malerei, dem Porträt, mehr aber noch dem Stillleben und den Landschaftsdarstellungen.

Schon als Kind beeindruckt

Insbesondere letztere wiederum haben es dem als Grafiker ausgebildeten Maler Henrich Förster angetan. Schon als Kind beeindruckte ihn ein im Kassler Museum ausgestelltes Gemälde von Ubbelohde und seit einiger Zeit beschäftigt er sich zunehmend mit dessen Werk und schult sich als Maler an dessen Vorbild. „Er war so ein Flächenzusammenzieher“, sagt Förster, „das prägt auch meine Bilder“. Und fährt bescheiden fort: „Ich sehe immer diese Einzelpartien, und im besten Fall setzt es sich zum Bild zusammen.“

Geradezu didaktisch eingerichtet ist Henrichs Werkschau in der Galerie, denn er hat viele Kataloge und Abbildungen mitgebracht, anhand derer die einzelnen Bilder Ubbelohdes zu sehen und mit seinen Interpretationen zu vergleichen sind. Und siehe da: Försters Bilder sind verblüffend nah am „Original“ – und dabei doch ebenso verblüffend eigenständig.

Die Radikalität, mit der Förster heute die Formen mit breitem (aber nicht expressiv aufgeladenem) Pinselstrich kantig und eben doch auch grafisch auf die Leinwand bringt, wäre für den vor genau 100 Jahren gestorbenen Maler Ubbelohde undenkbar gewesen.

Doch Henrich Försters erfrischender Blick zeigt dem heutigen Betrachter die Modernität der in weiten Teilen dem 19. Jahrhundert verhafteten Landschaftsschilderungen des Älteren, und dass diese Qualitäten dort schon vorhanden sind.

An den Wolken lässt sich das besonders gut beobachten, wie sie sich weiß und grau vor luftigem Blau türmen. „Wenn ich durch die Landschaft fahre, sehe ich das auch. Da gibt es solche Ubbelohde-Wolken“, erzählt Henrich.

In der Ausstellung gibt es daneben eine ganze Menge Bilder, die nicht auf Ubbelohde-Motiven beruhen; von der Zitrone über ein brennendes Gebäude oder einen Soldaten mit Stahlhelm bis zum weichen Samt eines Sessels wird da Vieles auf seinen malerischen Wert untersucht.

Und das im allerkleinsten, gerade einmal zehn Zentimeter hohen Format bis zum allerjüngsten gerade erst fertig gewordenen Bild von der Größe eines Doppelbettes.

Dieses zeigt Wolken über einer Landschaft, die nicht mehr als ein grüner Streifen am unteren Rand ist. Darüber türmen sich die weiß-grauen Gebilde bis in allerluftigste Höhe, wie es auch Ubbelohde gefallen haben könnte.

Und dahinter tut sich ein tiefes Blau in allen Nuancen auf, auch das eine Art Konstante in Försters Werk, wo es nur wenige Bilder gibt, die sich nicht aufs Schönste mit dieser Farbe schmücken.

Eine kleine regionale Pointe: Der in Bensheim durch mehrere Ausstellungen und familiäre Verbindungen gut bekannte Maler der verschollenen Generation Franz Frank (1897–1986) wohnte nach dem Zweiten Weltkrieg im Otto-Ubbelohde-Haus in Goßfelden bei Marburg.

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