Bensheim. Servus, Günter Geier! Deutschlands erfolgreichster und bekanntester mobiler Puppen- und Bärendoktor verabschiedet sich nach 55 Jahren erfolgreicher "Heiltätigkeit" in den wohlverdienten Ruhestand. Bevor der 75-Jährige allerdings seine Koffer und Kisten mit mehr als 15 000 Ersatzteilen, darunter 10 000 Puppen-, Bären-, Katzen- und Fischaugen und 400 Puppenperücken, endgültig beiseitestellt - oder im optimalen Fall an einen Nachfolger in treue Hände gibt - geht er auf Abschiedstournee.
Drei Tage Praxisbetrieb
Im sechsten Obergeschoss des Bensheimer Mercure Hotels in der Wormser Straße hat der Puppen- und Teddy-Notarzt für drei Tage seine Praxis eingerichtet. Noch bis zum heutigen Samstag hält Günter Geier dort von 9 bis 18 Uhr Sprechstunde. An Ort und Stelle erweckt der Experte Püppchen aus Celluloid, Porzellan und Pappmaché wieder zum Leben, verarztet sie mit großer Sorgfalt, setzt ihnen neue Gliedmaßen ein und nimmt kleine und große Schönheitsoperationen vor.
Oftmals sind die Haare von alten Puppen verfilzt und bedürfen einer Generalüberholung. Oder aber die stolze Besitzerin hat "Friseur gespielt" und ihrem Liebling die Haare geschnitten in der festen Meinung, dass diese schon wieder nachwachsen.
Kommen Kinder mit ihrer lädierten Lieblingspuppe in die Praxis des Puppendoktors packt der zunächst sein Stethoskop aus und untersucht den "Patienten" gründlich auf Herz und Nieren. In den vergangenen drei Jahren ist Geier mit seinem geräumigen Pkw mehr als 368 000 Kilometer unfallfrei kreuz und quer durch Deutschland und Österreich gefahren und hat in Wien und Hamburg, in Bremen und Bad Reichenhall Kinder- und Erwachsenenherzen höher schlagen lassen.
"Bei mir gibt es keinen Puppenfriedhof", versichert "Dr. med. pupp" mit einem strahlenden Lächeln und fährt fort: "In meinem Beruf fließen nur Freudentränen."
Emotionale Momente
Viele emotionale Momente hat der gelernte Schneider, der im Anschluss an seine Ausbildung das Handwerk des Puppendoktors von der Pike auf gelernt hat, während seiner Karriere erlebt.
So konnte er eine 80 Jahre alte Dame glücklich machen, die seine Sprechstunde mit ihrer Puppe Lisa aufsuchte. Russische Soldaten hatten Lisa in den Wirren des Zweiten Weltkriegs den Bauch aufgeschlitzt, weil sie dort ein Versteck für Schmuck und Geld vermuteten. Nach einer gelungenen Not-OP verließ die Puppenbesitzerin Geiers Praxis mit den berührenden Worten "Jetzt kann ich beruhigt sterben." gs
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