Bensheim. Überzeugt werden mussten die Besucher des Neubürgerempfangs eigentlich nicht. Sie hatten sich schließlich in den vergangenen zwölf Monaten schon für einen Umzug nach Bensheim entschieden. Trotzdem machte Bürgermeisterin Christine Klein in ihrer Ansprache am Samstag im Bürgerhaus deutlich, dass es keine so schlechte Idee ist, sich in der größten Stadt des Kreises niederzulassen. „Bensheim ist eine Wohlfühlstadt. Sie wohnen an einem Ort, wo andere Urlaub machen: Die Bergstraße bietet mildes Klima, guten Wein, reizvolle Landschaften.“
Die Rathauschefin sprach das reiche Kunst- und Kulturangebot an und verwies auf ein „bemerkenswertes Bildungsangebot“ mit 24 Schulen und Bildungseinrichtungen, plus eine erfolgreiche Musikschule sowie die Stadtbibliothek. Hinzu kommen 30 Kitas und Krippen, die mehr als 2000 Kinder im Alter von einem Jahr bis sechs Jahren betreuen.
Die Kehrseite nicht verschwiegen
Klein streifte in ihrer Rede die Vereinslandschaft mit ihren 51 Sportvereinen und den Wirtschaftsstandort „mit internationalen Unternehmen und vielen Handwerksbetrieben, Agenturen, Stiftungen und vielem mehr“. Das sei gut für die Menschen, die hier arbeiten. Und gut für die Gewerbesteuer. Denn ohne Steuereinnahmen könne man die Infrastruktur nicht bezahlen.
Die Kehrseite der Attraktivität verschwieg die Rathauschefin nicht. Wer in Bensheim eine Wohnung oder gar ein Haus sucht, braucht nicht nur Geduld, sondern – auch das ist kein Geheimnis – Geld. Wohnen ist dort, wo andere gerne Urlaub machen, teuer. „Das wissen wir und versuchen, das in unserer Macht stehende zu tun, um zumindest etwas Druck aus dem Wohnungsmarkt zu nehmen“, beteuerte die Bürgermeisterin. Um weiter attraktiv und zukunftsfähig zu bleiben, dürfe man sich allerdings nicht ausruhen. Die Verwaltung arbeite daher intensiv an Fragen der Stadtentwicklung. Sie riet den Neubürgern abschließend, an einer der Stadtführungen teilzunehmen, um die neue Heimat besser kennenzulernen.
Wer bei keinem historischen Rundgang fehlen darf, ist die Fraa vun Bensem. Doris Walter weiß, wie Bensheim tickt und wo manchmal der Schuh drückt. Sie erzählte auf der Bühne die Geschichte der Sagengestalt, die zum Grundwissen eines jeden Einheimischen gehört. Aber auch in allen Details nicht dazu geeignet ist, sie kleinen Kindern vorm Einschlafen zu erzählen, siehe Bayern gegen Schweden und Franzosen, ein geheimes Stadttor und Blut, das in Strömen den Marktplatz hinunterlief.
In ihrer charmanten Ansprache lud sie vor allem die Kinder ein, auf Entdeckertour zu gehen und sie anzusprechen, wenn man sich in der Stadt begegnet. Schließlich solle die Stadt weiter wachsen und gedeihen und dafür braucht es den Nachwuchs. Sie würdigte Bensheim als weltoffen und vorurteilsfrei und rief die Anwesenden dazu auf, „gemeinsam an einem Strick zu drehen, damit das Band fest wird“. Gemeinsam seien alle miteinander stark und machten Bensheim stark.
Sie rief dazu auf, einem Verein beizutreten oder die Hilfsorganisationen wie Feuerwehr, DRK, THW oder DLRG zu unterstützen. Deren Vertreter nutzten die Veranstaltung, um sich zu präsentieren und um Mitglieder zu werben. „Wir sind froh um jede helfende Hand“, bemerkte der stellvertretende Stadtbrandinspektor Jürgen Ritz. Und Ulf Langemeier vom THW ergänzte: „Falls Sie zwei linke Hände haben, machen wir zwei rechte draus.“ Für die Polizeistation Bensheim forderte Leiter Dirk vom Hammel dazu auf, immer mit den Beamten, die im Einzugsgebiet für 63 000 Menschen zuständig sind, in Kontakt zu treten und sich zu melden, wenn es Probleme oder Fragen gibt.
Biedermeiergruppe bewirtete
Aufgelockert wurde der knapp einstündige Empfang von einem Auftritt einer Jugendgruppe der Cheerleading-Abteilung Cheerstrike der TSV Auerbach. Die Sportlerinnen brachten nicht nur Schwung ins Bürgerhaus, sondern holten sich nach einer erstklassigen Aufführung auch ihren verdienten Applaus ab.
Musikalische Ausrufezeichen setzte die Band der Musikschule Bensheim mit Leiter Helmut Karas. Bestens bewirtet wurden die Gäste von der Biedermeiergruppe der Heimatvereinigung Oald Bensem, die wie immer bei solchen Anlässen und am Bürgerfest-Wochenende generell unermüdlich im Einsatz sind. Dafür gab es von Bürgermeisterin Klein anerkennende Worte.
Vorgestellt wurden darüber hinaus Magistratsmitglieder, Kommunalpolitiker sowie Teamleiter und Ansprechpartner der Verwaltung – von den Eigenbetrieben Stadtkultur und Kinderbetreuung bis hin zu Soziales, Energie, Umwelt, Klimaschutz, Stadtmarketing und Frauenbeauftragter. Kurz begrüßt wurden die Besucher auch von der frisch gekrönten Blütenkönigin Charlotte Maschik.
1900 Neubürger, die über einem Zeitraum von zwölf Monaten nach Bensheim gezogen waren, hatte die Stadt angeschrieben. Immerhin etwas mehr als 100 folgten am Samstag trotz schönem Sommerwetter der Einladung, viele mit ihren Kindern. Für eine Stadt, die sich bisher durchaus erfolgreich gegen die Prognosen des demografischen Wandels stemmt, keine ganz schlechte Perspektive. Auch wenn dafür bald wieder ein paar neue Kitas gebaut werden müssen.
Der Neubürgerempfang als lockerer Willkommensgruß hat sich jedenfalls längst bewährt. Er zeigt komprimiert, was Bensheim zu bieten hat. Und das ist, ohne die bekannten Baustellen zu ignorieren, gar nicht so wenig.
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