Kunstfreunde Bensheim

Nachwuchsensemble mit Perspektiven im Bensheimer Parktheater

Von 
Klaus Ross
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Zum Abschluss der aktuellen Konzertsaison der Kunstfreunde Bensheim spielte das Simply Quartet aus Wien im Parktheater Werke von Mozart, Bartók und Dvorák. © Neu

Bensheim. Einspringerglück war den Kunstfreunden Bensheim in ihrer 74. Konzertsaison gleich mehrfach beschieden. Dies galt auch für das Saisonfinale im Parktheater, bei dem das kurzfristig ausgefallene Quatuor Ébène durch das verheißungsvolle junge Simply Quartet ersetzt wurde. Leider hatte der (noch) wenig bekannte Name des Wiener Nachwuchsquartetts eine deutlich schwächere Besucherresonanz zur Folge, als es wohl beim französischen Starensemble der Fall gewesen wäre.

Die Werkauswahl der Gäste taugte mit ihrem kompositorischen und interpretatorischen Anspruch allemal als krönender Saisonhöhepunkt: Hans Hachmann schwärmte in seiner Konzerteinführung im Eysoldt-Foyer zu Recht von einem „Bilderbuch-Programm“.

In Shanghai gegründet

Gegründet wurde das ursprünglich rein chinesisch besetzte Simply Quartet 2008 in Shanghai von dem nach wie vor die Primarius-Rolle einnehmenden Geiger Danfeng Shen. 2010 kam sein Landsmann Xiang Lyu (Viola) hinzu, schließlich am neuen Studienort Wien 2016 der norwegische Cellist Ivan Valentin Hollup Roald und 2018 die österreichische Geigerin Antonia Rankersberger. Erfolge stellten sich rasch ein: 2019 der Sieg beim traditionsreichen Wettbewerb „Quatuor à Bordeaux“, 2021/22 die Teilnahme an der „Rising Stars“-Konzertreihe mit Debüts in den prominentesten europäischen Konzerthäusern.

Das spieltechnisch wie stilistisch bestens ausgebildete Ensemble ließ diese Erfolge bei seiner Parktheater-Premiere insgesamt durchaus nachvollziehbar erscheinen. Gleichwohl wollte der berühmte Funke vor allem beim eröffnenden Mozart-Quartett C-Dur KV 465 von 1785 noch nicht so recht überspringen – trotz überaus sorgfältiger Detailarbeit und rundum werkgerechter Transparenz. Nicht ausgewogen genug wirkte hier die individuelle Präsenz der Quartettmitglieder: Im Vergleich zu dem unbestechlich präzisen Primarius und dem herausragend kommunikativen Bratscher blieben der feinsinnige Cellist und die zurückhaltende zweite Geigerin doch merklich blasser.

Welch großes klangliches wie gestalterisches Potenzial das Simply Quartet besitzt, konnte man besonders in Béla Bartóks sechstem und letztem Streichquartett von 1939 erleben. Die Wiedergabe dieses hörbar in düsterer Zeit komponierten Werkes entfaltete sowohl in den ausdrucksprägenden „Mesto“-Abschnitten als auch in den griffig pointierten Mittelsätzen „Marcia“ und „Burletta“ geradezu beklemmende Intensität – eine wahrhaft reife Leistung.

Die fast sinfonische Farbenfülle von Antonin Dvoráks 1895 entstandenem As-Dur-Spätwerk opus 105 traf das bei Musikern des Wiener Artis-Quartetts und des ehemaligen Alban Berg-Quartetts studierende Ensemble vor allem in den organisch gesteigerten Ecksätzen mit beeindruckender Souveränität. Dazu gesellte sich im wunderbaren F-Dur-Herzstück „Lento e molto cantabile“ ein gewinnender Zuwachs an expressiver Wärme, der für die Zukunft der Simply-Crew schönste Perspektiven verspricht.

Ähnliches galt für das nach kräftigem Beifall im Parktheater zugegebene „Allegro di molto“-Scherzo aus Felix Mendelssohns e-Moll-Quartett opus 44/2, mit dem die Gäste noch ein virtuoses Ausrufezeichen setzten.

Freier Autor Besprechung klassischer Konzertveranstaltungen seit über drei Jahrzehnten (darunter als Schwerpunkte das umfangreiche regionale Kirchenmusikangebot sowie die renommierten Kammermusikreihen der Kunstfreunde Bensheim und von Forum Kultur Heppenheim)

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