Bensheim. Henrik Freischlader ist schon eine Institution im Musiktheater Rex. In schöner Regelmäßigkeit tritt der Bluesrock-Gitarrist und -Sänger in der alten Güterhalle auf. Auch dann, wenn er eigentlich kein neues Album auf dem Markt hat. Das verpackt der 42-Jährige dann als „Keep playing Tour“, die bereits im vergangenen Jahr startete und in deren Rahmen er schon einmal gastierte.
Bei ihm wird der Blues gerockt. Aber in dem Fall etwas zu häufig in der Region. Denn der Mann aus dem Sauerland war im Sommer bereits beim Muddys-Geburtstag im nicht weit entfernten Weinheim zu Gast. Das zusammen mit der gleichen Setliste lässt „nur“ etwa 300 Gäste ins Rex kommen, wo es im vergangenen Jahr einige mehr waren.
Nach dem frühen Tod von Moritz Fuhrhop an Hammondorgel und Keyboards Ende 2024 ist Freischlader jetzt nur noch als Trio unterwegs. Leon Mucke am Schlagzeug und René Pütz am Bass begleiten ihn. Was den Sound naturgemäß etwas dünner macht. Das kommt vor allem bei den langsameren Stücken zum Ausdruck.
Wenn das Power-Trio aber so richtig loslegt, wabert aber ein dichter Soundteppich durch den Saal. Wie zu Beginn mit dem Opener „The Blues“. Zum Auftakt zeigt der Gitarrist und Sänger gleich mal, wo der musikalische Hammer hängt. Es wird losgerockt, dass es eine wahre Pracht ist. Entsprechend viel Applaus ist der verdiente Lohn.
Freischlader hat die Messlatte damit aber ziemlich hoch gesetzt. Über die kommt er erst später wieder drüber, wenn in der Mitte des Konzerts die kraft- und druckvollen Stücke folgen. Zwischendurch gibt’s bluesige Hausmannskost, ab und zu kräftig gewürzt, garniert mit ein paar funkigen Einflüssen, untermalt von balladesken Einsprengseln. Musikalisch gut, aber eben kein Aha-Erlebnis.
Nicht nur einmal erinnert Freischladers Gitarrenspiel an den unvergessenen Meister Gary Moore auf den sechs Saiten. Die hohen, klagenden, langanhaltenden Töne zeugen von dessen hervorstechender Arbeit auf seinem Instrument. Pütz und Mucke bilden das solide Rhythmus-Fundament in den Liedern, egal ob es ein langsamer Bluessong oder ein treibender Rock‘n‘Roll-Stampfer ist. Auf ihnen baut der Bandleader mit seiner sanften, sonoren Stimme und dem punktgenauen Gitarrenspiel auf.
Klare, fordernde Töne auf dem Instrument, ein stampfender Groove-Rhythmus, ein fettes Solo mit singendem, forderndem, manchmal fast schreiendem Instrument ist das, was die Besucher im Rex hören wollen und entsprechend begeistert goutieren. Immer wenn Freischlader den Blues zugunsten des Rocks hinter sich lässt, geht ein Ruck durch die Menge.
Der 42-Jährige ist ein Old-School-Musiker, der nichts von neumodischem Sample-Kram hält. Ein Mann, seine Gitarre und die Bühne. Mehr braucht‘s nicht. Und schon passt es. Dass er öfters seine Saiten stimmen muss, überspielt er mit ein paar Geschichten rund um die Songs. Etwa den zu „Disappointed Women“, den er als 16-Jähriger schrieb. Mit noch mangelhaften Englischkenntnissen. Deshalb hofft er, dass das Publikum ebenso nicht so firm in der Sprache ist.
„New Beginning“ ist ein Stück aus der Scheibe „Missing Pieces“, die kurz vor der Pandemie eingespielt wurde. Die Ballade groovt sich nach langsamen Beginn kraftvoll ein. Bei „The Bridge“ von 2009 zeigt sich der Unterschied, wenn eine Orgel mit im Spiel wäre, wie es mit der Besetzung 2023 noch der Fall war. Der schwere, stampfende Rhythmus kommt im Trio eben nicht so fett rüber wie früher.
Freischlader macht das mit fortschreitendem Konzert aber mehr als wett mit seinen aus dem Ärmel geschüttelten Soli, die die Lieder tragen. Damit schafft er es auch, mit zehn Stücken ein ganzes Konzert zu bestreiten. Gegen Ende schlägt die Stunde der Covers. „The Sky Is Crying“ von Elmore James & His Broom Dusters und der Klassiker, „Foxy Lady“ von Jimi Hendrix, bilden einen seligen Ausflug in die Vergangenheit.
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