Bensheim. Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ gehört zu den weltweit beliebtesten Opern. Das liegt nicht nur an der eingängigen Musik, sondern auch an der meist opulenten Ausstattung der Bühne und den schönen Kostümen.
Als letztes Stück der Saison stand es am Sonntagabend in der Reihe „Nah dran“ im Parktheater auf dem Programm – mit einer einzigen Sängerin statt eines ganzen Ensembles, einer einzigen Pianistin statt eines ganzen Orchesters und zwei bunten Federboas als einziger Ausstattung.
Kann das gutgehen? Ja, kann es. Davon zeugte jedenfalls der überaus angetane Applaus aus den dicht besetzten Zuschauerreihen auf der Bühne des Theaters am Ende eines rund zweistündigen Opernabends mit Franziska Dannheims geschmeidigem Sopran und dem sensiblen Tastenspiel von Jeong-Min Kim.
Seit 15 Jahren betreiben die beiden ihre „Oper légère“, zum ersten Mal waren sie nun in Bensheim zu Gast. Mit bisher schon 15 Versionen ihrer Art von Oper verfügen sie über reichlich Erfahrung, um dem Publikum mit einfachen Mitteln ein unterhaltendes und lehrreiches musikalisches Erlebnis zu vermitteln.
Zu viel Kostüm, zu große Geste
„Die Gattung Oper überfordert noch immer viele. Zu viel Kostüm und Maske, zu große Geste, lauter Gesang, donnerndes Orchester und am Ende sind meist alle tot. Nicht mit uns!“, ist das Credo der beiden Musikerinnen, mit dem sie antreten, ihre Zuhörer in die Welt der Oper einzuführen.
Mit Witz, Selbstironie und einem Stimmumfang über drei Oktaven präsentierte Franziska Dannheim ausgewählte Arien aus der Zauberflöte und scheute weder vor Duetten und noch gar vor Quintetten zurück – und auch nicht vor den männlichen Gesangsparts.
Die fehlende Pracht des Bühnenbilds und der Kostüme machten bildgewaltige Schilderungen wett und den inhaltlichen Zusammenhang schuf die mündliche Nacherzählung der Handlung zwischen den Melodien: Prinz Tamino und Vogelfänger Papageno werden von der Königin der Nacht beauftragt, deren Tochter Pamina zu retten, die vom Fürsten Sarastro entführt wurde. Tamino erhält eine Zauberflöte, Papageno ein magisches Glockenspiel.
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Papageno findet Pamina und berichtet ihr von der Liebe Taminos. Dann treffen die beiden auf den bösen Monostatos, können jedoch entkommen.
Tamino erfährt derweil, dass Sarastro nicht wie angenommen böse ist, gerät ebenfalls in die Hände von Monostatos, der ihn zu Sarastro bringt. Sarastro möchte ihn zum Priester des Weisheitstempels weihen und erklärt, dass die Königin der Nacht böse (und nicht gut, wie angenommen) ist und den Tempel zerstören will.
Drei Prüfungen müssen bestanden werden: Mündigkeit, Verschwiegenheit und Standhaftigkeit. Tamino besteht in der ersten Prüfung, Papageno versagt. Pamina darf mit Tamino die beiden weiteren Prüfungen ablegen, beide werden schließlich durch Sarastro gemeinsam in den Kreis der Eingeweihten aufgenommen. Dem Papageno wird Papagena als Partnerin zur Seite gestellt. Die Königin der Nacht und Monostatos werden vernichtet.
Zwischen Mysterium und Märchen
Dannheim gab dazwischen immer wieder auch Erläuterungen zum historischen Kontext. Man erfuhr unter anderem, dass die von Mozart im Auftrag des Theaterdirektors Emanuel Schikander 1791 komponierte Oper zunächst den Titel „Die Egyptischen Geheimnisse“ tragen sollte und sowohl der Ägyptenbegeisterung des 18. Jahrhunderts entsprang als auch dem freimaurerischen Anliegen der Überwindung des Alten und des Siegs über den Aberglauben.
Deutlich machte Dannheim den Charakter der „Zauberflöte“ als vielschichtiges Werk, angesiedelt zwischen Mysterienspiel und Märchenoper, Volkstheater und Hochkultur. Schließlich habe Schikaneders Theater mit rund 1000 Zuschauerplätzen gefüllt werden und die Oper deshalb den Ansprüchen gebildeter wie weniger gebildeter Schichten entsprechen müssen.
Ein Höhepunkt des Abends war die Arie der Königin der Nacht – „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen“ –, nicht nur, weil es die vielleicht allerberühmteste Opernarie überhaupt ist und Franziska Dannheim so wunderbar mit den anspruchsvollen Koloraturen zu spielen verstand, sondern auch wegen der Geschichte um diese der Rache gewidmete Arie. Die Sopranistin Edda Moser wurde ausgewählt, diese Arie für die Datenplatten aufzunehmen, die mit den Sonden Voyager 1 und 2 als Botschaft über das Leben auf der Erde ins All geschossen wurden.
Verärgert über Reibereien im Vorfeld der Aufnahme sang sie die Rache-Artie mit besonderer Energie.
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