Bensheim. Sichere Radwege, eine bessere Anbindung im Nahverkehr oder der Ausbau der Ladestrukturen für E-Mobilität – mit dem Mobilitätskonzept „Mobiles Bensheim 2040“ plant die Stadt, einen nachhaltigen, ganzheitlichen Ansatz zu entwickeln, um für alle Menschen ein attraktives Mobilitätsangebot zu schaffen. Ambitioniert strebt Bensheim eine Gleichberechtigung der Verkehrsarten an.
Nur durch ein verlässliches Angebot kann die Verlagerung von Verkehren vom motorisierten Individualverkehr – allen voran das Auto – hin zu umweltfreundlicheren Verkehrsträgern gelingen. Nicht nur der Verkehr soll durch ein ausgearbeitetes Konzept besser fließen. Man verspricht sich zudem eine Verbesserung des Stadtklimas.
Bei der Erstellung dieses Mobilitätskonzepts sollen die Mobilitätsbedürfnisse der Bensheimer und Bensheimerinnen integriert und die Menschen und die Wirtschaft vor Ort mitgenommen werden. Bei der Erstellung ist es außerdem wichtig, die Verknüpfungen mit der Region und den Stadtteilen in den Blick zu nehmen.
Beim Planen einer Raddirektverbindung etwa arbeitet Bensheim mit den Nachbarstädten Heppenheim und Zwingenberg zusammen. In diesem Fall beteiligt sich auch der Kreis an dem interkommunalen Vorhaben. Die Neubaustrecke der Bahn zwischen Mannheim und Frankfurt wird sich auf das Mobilitätsverhalten in der Region auswirken, ebenso wie der Autobahnausbau. Konzentriert ist das Mobilitätskonzept aber in erster Linie auf das Stadtgebiet.
Am Ende des Prozesses – voraussichtlich 2026 – soll es fertiggestellt sein und dazu beitragen, die Stadt lebenswerter zu machen. Alle Personen, die in Bensheim leben, dort arbeiten, zur Schule gehen, einkaufen oder ihre Freizeit verbringen, werden sich an diesem Prozess beteiligen können, hat die Stadt auf ihrer Webseite angekündigt. Neben einer repräsentativen Haushaltsbefragung, die im September gestartet ist und noch bis zum 6. Oktober läuft, wird eine Online-Beteiligung ab dem 7. Oktober durchgeführt, an der alle Interessierten teilnehmen können. Zusätzlich soll es weitere Formate für die Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung vor Ort und aufsuchende Formate geben. Die Politik wird in allen Phasen der Konzepterstellung eingebunden.
Beauftragt mit der Erstellung dieses Konzeptes hat die Stadt Bensheim das Planungsbüro ZIV-Zentrum für integrierte Verkehrssysteme aus Darmstadt.
Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert die Erstellung von nachhaltigen urbanen Mobilitätsplänen. Die Stadt Bensheim hat sich erfolgreich um die Förderung des Mobilitätskonzeptes beworben und erhält einen Zuschuss in Höhe von 65 Prozent der entstehenden Kosten.
Haushalte wurden zufällig ausgewählt
Täglich werden in Bensheim eine Vielzahl an Wegen zurückgelegt. Aber wie mobil ist Bensheim? Wie viele Wege werden mit dem Auto, mit dem Bus, Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt? Wie lang sind die einzelnen Wege? Diesen Fragen möchte die Stadt Bensheim auf den Grund gehen. Die Antworten bilden eine wichtige Grundlage für die zukünftige Ausrichtung des Verkehrsangebots in Bensheim.
Seit 21. September und noch bis 6. Oktober soll die Haushaltsbefragung zum Thema Mobilität in Bensheim dafür erste Anhaltspunkte liefern. Die Einladung zur Befragung haben die Bürger per Post erhalten. Die angeschriebenen Personen wurden gebeten, ihre Wege, die sie an dem im Fragebogen angegeben Stichtag durchgeführt haben, in einem Wegeprotokoll zu notieren. Zusätzlich wird das Mobilitätsverhalten im Allgemeinen abgefragt. Teilnehmen können die ausgewählten Haushalte online, wer für die Beantwortung der repräsentativen Haushaltsbefragung lieber einen Papier-Fragebogen nutzen möchte, erhält diesen im Bürgerbüro der Stadt. Diese können nach Vorzeigen des Anschreibens mitgenommen werden.
Frei zugängliche Online-Umfrage für alle Personen ab 7. Oktober
Die Erfassung erfolgt anonymisiert und ist mit dem Datenschutzbeauftragten der Stadt Bensheim abgestimmt. Es werden keine personenbezogenen Informationen erfasst. Um eine repräsentative Stichprobe zu erhalten, wurden die Adressen von rund 2000 Haushalten per Zufallsverfahren aus dem Einwohnermelderegister gezogen. Die Haushaltsbefragung richtet sich an Menschen aus allen Bevölkerungsschichten ab null Jahren. Die Teilnahme an der Erhebung erfolgt selbstverständlich freiwillig.
Wer keinen Fragebogen erhält, aber dennoch Anregungen und Vorschläge für die Zukunft der Mobilität in Bensheim formulieren möchte, kann dies im Rahmen einer für alle Personen frei zugänglichen Online-Beteiligung tun. Diese wird ab dem 7. Oktober freigeschaltet und ist dann zwei Wochen frei zugänglich. Die Ergebnisse der repräsentativen Haushaltsbefragung sollen auf der Webseite der Stadt veröffentlicht werden. Für beide Befragungen gilt: Je mehr Bürger und Bürgerinnen teilnehmen, desto aussagekräftiger werden die Ergebnisse. Und desto mehr Ideen können mit einfließen.
Problempunkte auf interaktiver Karte markieren
Auch bei dieser Umfrage werden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einige allgemeine Fragen zur Mobilität in Bensheim gestellt, danach können sie in einer interaktiven Karte gezielt Problempunkte markieren und diese in einem Textfeld erläutern.
„Dafür ist es von enormer Bedeutung, dass sich neben den Bürgerinnen und Bürgern auch Verwaltung und Politik aktiv in die Gestaltung einbringen“, sagte ZIV-Geschäftsführer Owen Dieleman bei der vergangenen Sitzung des Bauausschusses. Das Mobilitätskonzept liefere den Rahmenplan, der bei der Entwicklung der Verkehrspolitik in den kommenden 15 Jahren helfen soll.
Das Konzept soll breit aufgestellt sein, die Belange aller Verkehrsteilnehmer und -teilnehmerinnen sollen abgebildet werden. Bei der Erstellung des Konzepts gehe es weniger darum, konkrete Einzelmaßnahmen zu definieren als darum, große Leitlinien zu definieren.
Mehr Einwohner bedeuten mehr Verkehrsteilnehmer
Die Einwohnerzahlen Bensheims und seiner Stadtteile steigen weiterhin, sagte Dieleman. Das bedeutet auch mehr Verkehrsteilnehmende. Deren Zusammensetzung ist vielfältig, „vor allem ältere Menschen haben besondere Bedürfnisse, die bedacht werden müssen.“ Eine alleinerziehende Mutter hat ein anderes Verkehrsverhalten als ein berufstätiger Familienvater, Jugendliche bevorzugen andere Wege als Senioren. Die Umfragen sollen hierzu weitere Anhaltspunkte liefern.
Die Hauptaufgabe des Planungsbüros ist, genau zu prüfen, welche Angebote es gibt, welche weiterentwickelt, welche vielleicht umgestaltet werden müssen. In Bensheim steht man hierbei noch am Anfang des Prozesses, bis zur konkreten Umsetzung vorgeschlagener Maßnahmen dauert es also noch eine Weile. Neben den Umfragen führt das ZIV Erhebungen im Kfz-, Rad- und Fußverkehr durch, eine Fußgängerstromanalyse steht noch aus.
Der Zeitraum, innerhalb dessen das Mobilitätskonzept umgesetzt werden soll, beträgt 15 bis 20 Jahre. Was am Ende tatsächlich realisiert wird, obliegt der Entscheidung der Stadtpolitik, deren Präferenzen und deren Fähigkeit zum Konsens. „Wir liefern lediglich Daten und Empfehlungen, schreiben aber niemandem etwas vor. Die Ideen zur Umsetzung müssen aus Bensheim kommen“, so Dieleman. Für richtig ambitioniert hält Ausschussvorsitzender Thomas Götz das Vorhaben deshalb nicht.
Die Erwartung, dass man mit diesem Konzept den Verkehr in Bensheim einmal komplett umkrempeln kann, sei ohnehin nicht realistisch, erwiderte Dieleman. Man müsse stattdessen die vorhandene Infrastruktur klug weiterentwickeln und dabei Trendprognosen berücksichtigen. /ps
Info: Die Umfrage ist vom 7. bis 21. Oktober freigeschaltet und über www.bensheim.de/ mobilitaetskonzept erreichbar.
Zeitplan zum Mobilitätskonzept
Das Zentrum für integrierte Verkehrssysteme (ZIV) aus Darmstadt wurde im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung 2023 von der Stadt Bensheim ausgewählt, das Projekt zu begleiten und das Mobilitätskonzept für die Stadt zu entwickeln.
2024 startete das Projekt, im ersten Halbjahr des Jahres wurden erste Bestandsaufnahmen und Analysen durchgeführt.
Bis zum 6. Oktober läuft noch die Befragung zufällig ausgewählter Haushalte.
Ab 7. Oktober können sich alle Bürgerinnen und Bürger online an einer weiteren Umfrage zum Thema Mobilität in Bensheim beteiligen.
Ende 2024/Anfang 2025 wird es eine Bestandsaufnahme der beiden Umfrageformate geben. Danach sollen weitere Bürgerbeteiligungsformate auf die Beine gestellt werden.
Im Anschluss daran gibt das ZIV der Stadt Handlungsempfehlungen und einen Maßnahmenkatalog an die Hand, mit dessen Hilfe das Mobilitätskonzept 2026 dann fertiggestellt werden soll. ame
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