Woche junger Schauspielerinnen und Schauspieler

Mitreißendes Theatererlebnis zwischen Mythos und Moderne

Das Stück „Iphigenies Rache“ mit Lilly-Marie Vogler hinterließ einen starken Eindruck beim Publikum

Von 
Carla Roß
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Bensheim. Im Rahmen der Woche junger Schauspielerinnen und Schauspieler stand am 5. März „Iphigenies Rache“ auf der Bühne. Mit einer kraftvollen Mischung aus antiker Mythologie und modernem Zeitgeist verwandelt Lilly-Marie Vogler einen alten Mythos in eine provokante Erzählung zeitloser Konflikte. Macht, Gerechtigkeit und individuelle Selbstbestimmung werden unter spektakulärer Atmosphäre magisch miteinander verwoben.

Schon zu Beginn des Stücks wird der Zuschauer in eine eindrucksvolle Atmosphäre entführt: ein minimalistisches Bühnenbild, antike Tempelfragmente, die sich spielerisch in moderne Design-Elemente der Neuzeit verwandeln und ein kreativer Einsatz von Licht, Schatten und Musik schaffen einen spannungsgeladenen Raum. Lilly-Marie Vogler versteht es, klassische Motive mit einer zeitgenössischen Sprache zu versehen und so wirkt Iphigenie nicht mehr als ein passives Opfer, sondern als starke Protagonistin, die sich entschlossen gegen überkommene Machtstrukturen auflehnt.

Zu Beginn des Stückes führt Lilly-Marie Vogler die gebannten Zuschauer in die antike Geschichte ein, sie erzählt die Geschichte der Iphigenie, die begann mit einem Fluch ihres Ururgroßvaters. Zwei Generation später führt der angebliche Raub der Helena dazu, dass ihr Vater Agamemnon den Trojanischen Krieg auslöst und durch das Töten einer heiligen Hirschkuh die Göttin Artemis verärgert. Als Strafe schickt die Göttin Windstille, die nur behoben werden kann, wenn Iphigenie geopfert wird. In ihrer Gefangenschaft sucht diese nun verzweifelt nach einem Ausweg. Lilly-Marie Vogler stellt sich in diesem Stück die Frage: Wer ist diese junge Frau hinter dem Mythos?

Die schauspielerische Leistung sticht besonders hervor: Die Darstellerin verkörpert Iphigenie mit beeindruckender Intensität und emotionaler Tiefe. Sie überzeugte besonders, da sie als einzige Darstellerin sowohl Nebenfiguren, wie autoritäre Väter, als auch ihre Titelfigur mit erschreckender Ehrlichkeit und Schärfe verkörperte. Der Dialog, der zwischen lyrischen Passagen und bloßstellenden Konfrontationen wechselt, regt zum Nachdenken an und lässt den Zuschauer die Relevanz alter Mythen in unserer heutigen Zeit neu entdecken.

Eine starke Frau, die eine enorm wichtige Meinung vertritt und diese mit sprühender Energie auf der Bühne zeigt. Sie fordert das Publikum und besonders dessen weiblichen Teil dazu auf, sich nicht in vorgefertigte, von der Gesellschaft geformte Rollen pressen zu lassen, sondern sich gegen die gesellschaftlichen Normen aufzustellen und sich zu wehren.

Das Publikum war nach der Vorstellung regelrecht elektrisiert und man spürte deutlich, dass das Stück einen großen Einfluss auf die Zuschauer hatte. Ein reges Treiben und Stimmengewirr erfüllten nach der Aufführung das Theaterfoyer und das Stück schien einen nachhaltigen Einfluss auf die Zuschauer zu haben.

„Iphigenies Rache“ ist somit weit mehr als eine bloße Adaption eines antiken Stoffes. Die Inszenierung schafft es, Tradition und Moderne in einem dynamischen Dialog miteinander zu verbinden und eröffnet neue Perspektiven auf bekannte Themen. Wer sich auf diese emotionale, wachrüttelnde und intellektuell bewegende Reise einlassen möchte, dem ist ein Besuch im Theater Regensburg wärmstens zu empfehlen.

Die Autorin ist Schülerin am AGK Bensheim und nimmt am Projekt „Theaterkritik“ der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste teil.

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