Bensheim. Es war ein ebenso geselliger wie unterhaltsamer und informativer Ausflug, den der Deutsch-Polnische Freundschaftskreis Bensheim-Klodzko kürzlich im Rahmen seines Jahresprogramms unternahm. Mit dem Planwagen des Geschichtsvereins Zwingenberg „eroberte“ sich die 19-köpfige Gruppe den Melibokus und für einige Teilnehmer war es auch der erste Besuch auf der höchsten Erhebung der hessischen Bergstraße.
Historische Fakten und amüsante Anekdoten
Gleiches galt auch für die Not-Gottes-Kapelle, die zwar vom Namen bekannt, aber nur von den Wenigsten auch schon gesehen worden war. Denn sie liegt etwas versteckt im Wald, abseits der Zufahrtsstraße zum Auerbacher Schloss. Sowohl das Schloss als auch die Kapelle gehen auf die Grafschaft Katzenelnbogen zurück, die im 13. Jahrhundert die Burg zur Sicherung des Wegezolls auf der wichtigen Nord-Süd-Verbindung entlang der Bergstraße anlegten. Die Erbauer errichteten in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts unterhalb des Schlosses auch den Wallfahrtsort „Zu den Einsiedeln“, vermutlich an der Stelle einer Einsiedelei des 11. bis 12. Jahrhunderts. Später wurde der Ort in „Zur Not Gottes“ unbenannt.
Durch die Reformation verlor die Wallfahrtskirche ihre Bedeutung und wurde zwischen 1528 und 1557 bis auf wenige Mauerreste abgetragen. Über 300 Jahre später wurden bei archäologischen Grabungen die Mauerreste entdeckt und im 19. Jahrhundert die kirchliche Tradition in Form von Waldgottesdiensten fortgesetzt. Aus dieser Zeit stammt das von Gräfin Marie von Erbach-Schönberg gestiftete und in Oberammergau gestiftete große Holzkruzifix, das heute vor der Kapelle steht. Der heutige schlichte Bau aus Granit wurde zwischen 1958 und 1960 auf Teilen der Grundmauern der früheren Wallfahrtskirche errichtet.
Vor über zehn Jahren wurde hier von der Evangelischen Kirchengemeinde Auerbach ein Urnenfriedhof eingerichtet. Nach wie vor wird alljährlich an Christi Himmelfahrt an der Kapelle Not-Gottes ein ökumenischer Waldgottesdienst gehalten. Neben diesen historischen Fakten hatte Herbert Kargoll als fachkundiger Begleiter vom Geschichtsverein Zwingenberg noch einige amüsante Geschichten aus diesen vergangenen Tagen parat, mit denen er zur Unterhaltung beitrug. Der Zwischenstopp auf dem Weg zum Melibokus wurde auch für eine Kostprobe Zwingenberger Weine (rot und weiß) genutzt.
Während die Kapelle und das Auerbacher Schloss aufgrund vorhandener Fahrstraßen und Parkplätze auch mit dem Auto angefahren werden können, ist die Zufahrt zum Melibokus für den normalen Autoverkehr allerdings verboten. Das macht auch die Planwagenfahrten so interessant, da vor allem für ältere und gehbehinderte Menschen der Melibokus nicht erreichbar wäre. Ebenso wie die Gleitschirmflieger, die ihre Startrampe auf dem Melibokus haben, benötigt auch der Geschichtsverein für seine Fahrten jeweils eine Durchfahrtsgenehmigung – auch eine Art Wegezoll wie zu Zeiten der Grafen von Katzenelnbogen.
Auf dem Melibokus angekommen nutzten die meisten Teilnehmer die Möglichkeit, den 22 Meter hohen Aussichtsturm, der bei herrlichem Wetter einen einmaligen Ausblick auf die Bergstraße und die Rheinebene ermöglichte, zu besteigen. Die Pause in luftiger Höhe war lang genug für eine weitere Weinverkostung und eine kleine Stärkung mit Brezeln.
Zum Abschluss kehrte die Gruppe zum gemeinsamen Abendessen im Alten Brauhaus in Zwingenberg ein. Eine kleine Gruppe nutzte anschließend noch die Gelegenheit, den Abendmarkt im Zwingenberger Rathaushof zu besuchen und war von der großen Resonanz dieser Veranstaltung überrascht. Gerne schloss man sich dem Publikum an und ließ einen schönen Tag bei einem Gläschen Wein ausklingen. Schon jetzt war man sich sicher, auch im kommenden Jahr eine Planwagenfahrt anzubieten – dann mit dem Ziel Fürstenlager. red
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