Kommunalpolitik

Magistratswahl ohne taktische Manöver

Von 
Dirk Rosenberger
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Gruppenbild mit zwei Damen: Am Donnerstag wurde in der Stadtverordnetenversammlung der ehrenamtliche Magistrat gewählt. Unser Bild zeigt (v.l.) Manfred Knapp, Oliver Roeder, Waltrud Ottiger, Andreas Scharff, Peter L. Born, Josefine Koebe, Andreas Born, Hans Seibert und Wilhelm Rothermel. © Zelinger

Bensheim. Ohne taktische Manöver und sonstiges Geplänkel ging am Donnerstagabend die Wahl des Magistrats in der Stadtverordnetenversammlung über die Bühne. Sechs Fraktionen hatten eine gemeinsame Liste gebildet, außen vor blieb dabei die AfD.

Bei der geheimen Abstimmung gab es erwartungsgemäß keine Überraschungen. 43 Stadtverordnete fanden sich ein, es fehlten zu diesem Zeitpunkt lediglich (entschuldigt) die beiden AfD-Vertreter. Mit 42 Ja- und einer Neinstimme gab es fast einhellige Zustimmung.

Demnach setzt sich der Magistrat künftig aus den ehrenamtlichen Stadträten Oliver Roeder, Waltrud Ottiger, Hans Seibert (alle CDU), Peter L. Born, Manfred Knapp (beide Grüne), Josefine Koebe (SPD), Wilhelm Rothermel (FDP), Andreas Born (BfB) und Andreas Scharff (FWG) zusammen. Roeder, Seibert, Born und Rothermel drehen damit eine weitere Runde, für Waltrud Ottiger ist es nach einer Pause die nächste Berufung. Sie saß für die damalige GLB von 2011 bis 2016 im Gremium.

Drei Nachrücker bei der CDU

Die hauptamtlichen Vertreter bleiben wie bisher Nicole Rauber-Jung (CDU) und Adil Oyan (Grüne). Sie sind beide auf sechs Jahre gewählt. Die Amtszeit des Finanzdezernenten endet im November 2023, die der Ersten Stadträtin im Oktober 2025. Komplettiert wird das Gremium von Bürgermeisterin Christine Klein.

Die Wahl hatte zudem Auswirkungen auf die Zusammensetzung der CDU-Fraktion. Feridun Bahadori, Rudolf Volprecht und Rolf Schwabenland rückten in die Stadtverordnetenversammlung nach, weil das Magistratstrio der Christdemokraten bei der Kommunalwahl aufgrund ihres guten Ergebnisses eigentlich ins Stadtparlament eingezogen war.

Im Vergleich zu früheren Zeiten, in denen es durch gemeinsame Listen einzelner Fraktionen noch zu Verschiebungen bei den Sitzverhältnissen kam (was immer ein gewisses Maß an Konfliktpotenzial beinhaltete), lief am Donnerstag alles nach Plan. Weil man die eigenen öffentlichen Verlautbarungen nach einem harmonischen Miteinander nicht gleich zu Beginn torpedieren wollte, hatten sich Parteien und Wählergemeinschaften – wie berichtet – darauf verständigt, die Zahl der ehrenamtlichen Stadträte um einen Sitz zu erhöhen.

Viel Desinfektionsmittel

Die damit verbundende Änderung der Hauptsatzung bewirkte, dass sowohl FWG als auch BfB einen Vertreter entsenden konnten und sich nicht auf das Losglück verlassen mussten.

Die weiteren Formalitäten, von der Amtseinführung bis zur Vereidigung durch Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert, gingen geräuschlos vonstatten. Allerdings dürfte es die erste Urkundenübergabe in der Geschichte des Magistrats gewesen sein, bei der derart viel Desinfektionsmittel zum Einsatz kam – die Pandemie lässt nach wie vor grüßen.

Abgesehen vom Tagungsort (Weststadthalle) und von der Maskenpflicht zeigte sich die Tagesordnung jedoch virusresistent. Bis 22.49 Uhr saßen die Akteure zusammen, am vorerst letzten Tag der Ausgangssperre, die aber ohnehin keine Auswirkungen für die Teilnehmer gehabt hätte. Kommunalpolitisches Engagement schützt an dieser Stelle vor der Bundesnotbremse, die bekanntlich am Freitag im Kreis Bergstraße aufgrund der stetig sinkenden Sieben-Tages-Inzidenz verabschiedet werden konnte.

Wobei es mit Blick auf künftige Zusammenkünfte durchaus ein Mittel der Wahl sein könnte, mit einer Ausgangssperre zu drohen, um einen beschleunigten Fortgang zu erreichen. Die Aussicht auf eine Nacht in der Weststadthalle, weil man nicht mehr straffrei vor die Tür gehen kann, sollte so manche langatmigere Debatte beschleunigen. Sei’s drum: Die erste Arbeitssitzung einschließlich der Magistratswahl und der Einbringung des Haushalts (wir haben berichtet) sowie gefühlt kaum enden wollenden Abstimmungen, wer in welche Betriebskommissionen, Verbandsversammlungen und Stiftungen entsandt wird, kann durchaus als harmonisch geprägt eingeordnet werden.

Wie krisensicher die Beteuerungen sind, künftig etwas sachorientierter miteinander umzugehen, wird sich bereits in der nächsten Runde am 15. Juli zeigen. Dann steht die Verabschiedung des Haushaltsplans an.

Die von Adil Oyan präsentierten Zahlen und die eindringlichen Warnungen des Kämmerers verdeutlichen, dass es eigentlich keinen Spielraum für finanzielle Ausflüge jenseits der Pflichtaufgaben gibt.

„Nutzen Sie die anstehenden Haushaltsberatungen für mutige und notwendige Konsolidierungen und setzen Sie damit auch ein Zeichen für die Öffentlichkeit und die Kommunalaufsicht“, schrieb Oyan den Fraktionen ins Lastenheft. Es helfe nur noch das Streichen von Ausgaben, wenn man keine weiteren Kredite zur Finanzierung von Investitionen aufnehmen oder sich nicht auf Steuererhöhungen verständigen möchte. Es sei nun der falsche Zeitpunkt für Wünsche, aber der richtige für konstruktive Kritik.

Klarheit Mitte Juli

Spätestens Mitte Juli wird man wissen, wie die Fraktionen mit der Vorlage umgehen werden. Dass es am Ende der Einbringung abgesehen von zarten Zustimmungsbekundungen aus den Reihen der Grünen ziemlich ruhig in der Weststadthalle blieb, dürfte ein Fingerzeig sein, dass die meisten Stadtverordneten nur mäßig begeistert waren – entweder von den offenen, kritischen Worten des Stadtrats oder der katastrophalen Kassenlage.

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