BUND Bensheim

Lösswand in der „Wasserhölle“ als einzigartiger Lebensraum

Der Ortsverband lehnt die Bebauung aus mehreren Gründen ab. Ein solches Biotop sei in Bensheim kein zweites Mal vorhanden.

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red
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Am Mozenrechweg Ortsausgang Bensheim in Richtung Schönberg sollen drei Wohngebäude mit insgesamt 51 Wohneinheiten entstehen. Der BUND-Ortsverband Bensheim lehnt das Vorhaben mit Blick auf den Artenschutz und ein mögliches Überschwemmungsrisiko allerdings entschieden ab. © BUND

Bensheim. Die WSW Baubetreuungs GmbH mit Sitz in Bensheim plant östlich des Mozenrechweges (Ortsausgang Richtung Schönberg) die Errichtung von drei Mehrfamilienhäusern im Geschosswohnungsbau. Entstehen sollen dabei 51 barrierefreie Wohneinheiten nach den Vorgaben des sozialen Wohnungsbaus. Im Dezember stimmte die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung der Einleitung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanverfahrens für das Plangebiet zu (wir haben berichtet).

Einmal mehr mussten die Stadtverordneten abwägen zwischen ökologischen Bedenken und dem enormen Siedlungsdruck, unter dem die Stadt steht. Das Planungsverfahren wird begleitet von einer Reihe an Gutachten, die feststellen sollen, ob das Vorhaben am Mozenrechweg umsetzbar ist.

Um die Fläche bebauen zu können, muss der Flächennutzungsplan abgeändert werden, auch dafür stimmte die Mehrheit des Gremiums. Die Verfahrenskosten werden durch den Vorhabenträger getragen.

Fläche ist wertvoller Speicher von Kohlendioxid

Nun meldet sich der BUND-Ortsverband Bensheim zu dem geplanten Projekt zu Wort: „Wir lehnen die Flächennutzungsplanänderung sowie folgend die Bauleitplanung der Stadt Bensheim im Schönberger Tal in der Höhe Mozenrech ab“, heißt es in einer Pressemitteilung. Begründet wird die Ablehnung anhand von drei Hauptargumenten: erstens, der Klimaschutz. „Er ist essenziell und die Stadt Bensheim plant mit breiter Unterstützung der Stadtbevölkerung auf ihrer Gemarkung die CO2-Emissionen bis 2040 auf null zu reduzieren. Das Gelände an der Wasserhölle ist im aktuell gültigen Flächennutzungsplan der Stadt Bensheim zu 80 Prozent als Wald beziehungsweise Waldaufwachsfläche und zu 20 Prozent als Wiesenfläche ausgewiesen. Damit ist dies eine der wenigen Bensheimer CO2-Senken der nahen Zukunft.“

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Nicole Schippers
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Waldaufwuchs sowie Humusaufbau auf einer feuchten Wiesenfläche wie im Mozenrechweg würden dabei helfen, Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entziehen und in Form von Kohlenstoffverbindungen über Jahre zu speichern. „Bei einer Rodung und Überbauung des Geländes entfällt diese Funktion – es wird im Gegenteil die bislang dort gespeicherte CO2-Menge in Form von Biomasse, etwa Holz, kurzfristig freigesetzt werden“, schreibt der Ortsverband weiter. Die Fläche des Waldaufwuchses müsse anderswo in Bensheim neu aufgeforstet und zusätzlich die C02-Aufwendungen für die Baumaßnahmen und den Betrieb der neuen Gebäude bis 2045 berechnet und ausgeglichen werden, fordert der BUND. Umweltschutz gehöre zur Kernarbeit des Verbands, „darum streiten wir für den Erhalt der Freiräume und Abstände zwischen Bensheim und den einzelnen Stadtteilen. Hier müssen letzte störungsarme Wanderungswege für Tiere – vor allem in Nord-Süd-Richtung – offen gehalten werden.“

Auf dem Gelände besteht zudem eine freistehende Abbruchkante der ehemaligen Kiesgrube an der Wasserhölle, die seit Jahren einen ganz speziellen Lebensraum für zahlreiche bodenbrütende Insekten darstelle. „Diese Lösswand ist auch als Brutrevier für höhlenbauende und höhlenbrütende Vögel geeignet. Vor Jahren gab es dort eine Kolonie brütender Uferschwalben“, erinnert sich Vorsitzender Volker Massoth. Eine Untersuchung in der Brutzeit sei notwendig, um aktuell vorhandene Arten bestimmen und nachweisen zu können. „Diese Art Brutbiotop mit Südausrichtung und freier Anflugmöglichkeit ist in Bensheim kein zweites Mal vorhanden und wird nicht an anderer Stelle auszugleichen sein“, erklärt er weiter.

Könnte der Name „Wasserhölle“ berechtigt sein?

Hochwasserschutz und der Verzicht auf weitere Bebauungen in engen Tallagen beziehungsweise in historisch bekannten Überflutungsbereichen sei nach dem Hochwasser im Ahrtal Pflicht für vorausschauende kommunale Planung. Flurnamen sind Bedeutungsnamen – „der Name Wasserhölle lässt historisch auf ein Gelände mit Überschwemmungspotenzial schließen. Wasser braucht Platz, um im Falle eines Starkregens hier an der schon bestehenden Bebauung auf der südlichen Talseite vorbeizufließen.“

Auch die Fließpfadkarten des KMB für Starkregenereignisse stufen das Gelände als potenziell gefährdet ein, zumal an zwei Seiten des Grundstücks Fließpfade entlangführen und überdies Wasser vom Seeberg-Hang über das Gelände fließen kann. Über 50 Hektar Fläche würden täglich in Deutschland versiegelt, schreibt der Ortsverband – in den Jahren 2019 bis 2022 waren es 52 Hektar. „Jeder leichtfertige Flächenverbrauch ist weder nachhaltig noch in Hinblick auf die Artenvielfalt gut für Bensheim“, so die stellvertretende Vorsitzende der Ortsgruppe Birgit Rinke. Insofern sei die Änderung des Flächennutzungsplanes sowie der angestrebte Bebauungsplan entschieden abzulehnen. red

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