Schwanheim. Zu seinem Konzert am Tag des offenen Denkmals hatte das vom Kultursommer Südhessen geförderte Ensemble Concertino ein besonders vielgestaltiges Programm in die gut besuchte Schwanheimer Kirche mitgebracht. Die aus Judith Portugall (Querflöte), Hildrun Wunsch (Blockflöte), Silke Schulder (Violine), Mira Voll (Violoncello) und Matthias Jakob (Gitarre) bestehende Formation umspannte damit insgesamt rund zwei Jahrhunderte Musikgeschichte von der Renaissance bis zum Spätbarock.
Neben den populären Größen Purcell, Telemann und Händel waren dabei auch wenig bekannte Meister wie Johann Rosenmüller (1619 – 1684) und Johann Gottlieb Janitsch (1708 – 1763) ebenbürtig vertreten. Zusätzlich bereichert wurde das Programm durch gehalt- und humorvolle Moderationen von Cosima Seitz.
Wie apart das Ensemble gerade in seiner sehr individuellen Quintettbesetzung klingt, bewies schon Rosenmüllers konzerteröffnende e-Moll-Triosonate aus dem Jahre 1682. Die italienisch gefärbte Sinnlichkeit des um 1660 nach Venedig gegangenen Sachsen kam in dem besonders kontraststarken Werk einprägsam zur Geltung. Hildrun Wunsch und Judith Portugall setzten hier delikate solistische Akzente. Ähnlich entdeckenswert waren drei vom Spanier Diego Ortiz stammende Duo-Recercadas (1553), deren Variationskunst die gitarristisch unterstützte Cellistin Mira Voll fesselnd differenziert auskostete.
Alle Aufmerksamkeit verdiente auch der selten berücksichtigte Franzose Jean-Marie Leclair, dessen 1728 erschienene D-Dur-Triosonate opus 2/8 schönste lyrische wie tänzerische Dialoge zwischen Blockflöte und Violine parat hielt. Eine kleine Leclair-Renaissance wäre angesichts dieses Schmuckstücks unbedingt willkommen.
Komplettiert wurde der Reigen vernachlässigter Komponisten durch den gebürtigen Schlesier Johann Gottlieb Janitsch, der als führendes Mitglied der königlichen Hofkapelle und als Organisator einer eigenen wöchentlichen Konzertreihe („Freitagsakademien“) zu den wichtigsten Figuren des Berliner Musiklebens gehörte. Zugleich war er mit seinen herausragend melodiös und elegant gearbeiteten Werken einer der Protagonisten der galant-empfindsamen Übergangsepoche zwischen Barock und Klassik.
Seine dreisätzige Sonata da camera B-Dur opus 3 von 1758 lieferte in Schwanheim das beste Beispiel: Die wunderbar harmonierenden Solistinnen und das schmiegsam begleitende Continuo-Duo machten mit ihrer spritzigen Wiedergabe viel Lust auf weitere Janitsch-Entdeckungen.
Bekannte Namen runden das Programm ab
Drei Kompositionen aus prominenter Feder rundeten das gut einstündige Programm trefflich ab. Die wohl von Händel stammende viersätzige D-Dur-Flötensonate mit ungewöhnlichem Menuett-Finale fand in Judith Portugall eine ideal inspirierte Fürsprecherin. Auch hier erwies sich die Gitarre als höchst reizvolle Continuo-Alternative zum gängigen Cembalo.
Henry Purcells eigentlich für reine Streicherbesetzung gedachte g-Moll-Chaconne von 1680 funktionierte im Quintettgewand des 2012 gegründeten Ensembles ganz ausgezeichnet – mit Silke Schulder diesmal an der Bratsche und Matthias Jakob an der kleineren Oktavgitarre.
Und ohne Telemann geht bei Concertino ohnehin nichts: In Schwanheim unterstrichen die Musiker ihre Begeisterung für den Magdeburger Alleskönner mit dem programmkrönenden a-moll-Concerto TWV 43:a3 – einem Paradestück nicht zuletzt für die virtuose Blockflötistin Hildrun Wunsch.
Als Zugaben folgten nach großem Beifall Orlando di Lassos Renaissance-Hit „Landsknecht-Ständchen“ (Sopran: Cosima Seitz) und Marin Marais‘ 1717 veröffentlichter Reißer „Le Basque“.
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