Interview

„Kreativ gegen die Krise gestemmt“

Von 
Dirk Rosenberger
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Bensheim. Der Sommer 2020 war ein weitgehend unbeschwerter – sofern man das in der Corona-Pandemie überhaupt sagen kann. In Bensheim mit seinen rund 42 000 Einwohnern waren bis Anfang Juli 30 Infizierte registriert, die Sieben-Tage-Inzidenz im Kreis bewegte sich in ähnlichen Bereich wie sie es aktuell tut.

Ein Jahr und zwei schwere Viruswellen später listet die Statistik mehr als 1330 Personen auf, bei denen Sars-Cov-2 nachgewiesen wurde. Die Zahl der Verstorbenen aus Bensheim wird mit 63 angegeben. In der größten Stadt im Kreis gab es aber – Stand Montag – seit Tagen keine Neuinfektion mehr, die Sieben-Tage-Inzidenz allein für Bensheim liegt bei Null, als akut erkrankt wird statisch eine Person geführt.

Soweit die nackten Zahlen. Was diese aber nicht ausdrücken können, sind das Leid der vergangenen Monate, die Existenzängste, die Trauer und bei manchen auch das Unverständnis über die eine oder andere Entscheidung in Berlin und Wiesbaden.

Wie nun der Sommer 2021 letztlich wird, kann momentan noch niemand genau sagen. Niedrige Fallzahlen und eine steigende Impfquote ermöglichten Lockerungen, das Leben kehrt schrittweise in die Stadt zurück. Die Einzelhändler dürfen unter geringeren Auflagen ihre Kunden empfangen, die Gastronomie muss sich nicht mehr ausschließlich auf Liefer- und Abholdienste beschränken, der Luxor-Filmpalast wird am Donnerstag wieder eröffnen – nur um ein paar Beispiele zu nennen. Das Marktfrühstück immer samstags zeigt, wie sehr den Menschen die geselligen Runden bei gutem Essen und Trinken gefehlt haben.

Wir haben mit Bürgermeisterin Christine Klein, deren Amtsantritt im Dezember mitten in die dritte Welle fiel, gesprochen und sie nach ihren Eindrücken zur momentanen Lage gefragt:

Frau Klein, in Bensheim liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei Null, die Stadt ist kurz davor, statistisch coronafrei zu werden. Wie bewerten Sie die aktuelle Entwicklung?

Christine Klein: Die Entwicklung bringt für alle große Erleichterungen für unseren Alltag und ein Stück weit Normalität zurück. Diese Normalität ist für unser Privatleben und unser soziales, gesellschaftliches Miteinander für Jung und Alt sehr wichtig. Ebenso für die besonders gebeutelten Branchen – beispielhaft für Gastronomie, Einzelhandel oder auch den Eventbereich. Trotzdem müssen wir mit großer Achtsamkeit und dem Bewusstsein leben, dass die Pandemie nicht vorbei ist.

Muss man sich aus Ihrer Sicht als Bürgermeisterin schon jetzt Gedanken machen, wie man im Herbst vor allem die Jüngeren in Schulen und Kitas besser schützen kann?

Klein: Ja, auf jeden Fall. Niemand darf davon überrascht werden, wenn die Zahlen im Herbst wieder steigen. Darauf müssen wir uns alle gedanklich vorbereiten. Für unseren Kita-Bereich haben wir bereits vor einigen Monaten spezielle Lüftungsgeräte in allen städtischen Einrichtungen angeschafft. Außerdem sind wir mit unseren Hygienekonzepten sehr gut gefahren. Diese liegen vor. Wir werden sie im Bedarfsfall je nach dem Infektionsgeschehen auch schnell an die aktuelle Situation anpassen.

Haben Sie aus Gesprächen mit Einzelhändlern den Eindruck, dass es in der Innenstadt wieder langsam aufwärts geht?

Klein: Ja. Die ersten Monate dieses Jahres waren extrem hart für Einzelhandel und Gastronomie. Jetzt kehrt wieder Leben in unsere Innenstadt ein. Der Bensheimer Einzelhandel hat sich kreativ, mit großem Engagement und Durchhaltevermögen gegen die Krise gestemmt. Wir sind in einem kontinuierlichen Austausch. Der an uns übermittelte Eindruck ist: Es läuft gut, die Stimmung ist gut und die Menschen gehen mit einer erhöhten Sensibilität und Freude in die Geschäfte.

Die neue Koalition will unter anderem die Parkautomaten an den Straßen stilllegen, als kleines Zeichen zur Unterstützung der Innenstadt. Für Sie ein guter Vorschlag?

Klein: Mit Einzelmaßnahmen können wir die Belebung der Innenstadt nicht maßgeblich vorantreiben. Es gibt eine fundierte Analyse, auf deren Basis das Parken in der City bisher geregelt wird. Dies wird nach meiner Wahrnehmung auch gut angenommen. Ich befürchtete, dass bei einer Stilllegung der Automaten wieder mehr Autoverkehr durch die Parkplatzsuche und eine damit verbundene Unzufriedenheit bei den Besucherinnen und Besuchern entsteht, wenn die kostenfreien Parkflächen alle belegt sind.

Landrat Engelhardt hat seine Impfungen öffentlichkeitswirksam auf Facebook verkündet. Haben Sie bereits einen Impftermin? Oder sind Sie schon geimpft worden?

Klein: Ich bin im Impfzentrum Bergstraße angemeldet und warte auf einen Termin.

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