Bensheim. Diese Nachricht dürfte die meisten Kommunalpolitiker ordentlich durchgeschüttelt haben. Die Sanierung der Laufbahn im Weiherhausstadion wird etwa eine Million Euro teurer. Da das Rathaus weder einen Goldesel noch eine Gelddruckmaschine im Keller hat, sind das Ausgaben, die jeder Finanzdezernentin (oder jedem Dezernenten) Tränen in die Augen treiben sollte.
Im Haushaltsplan stehen aktuell 638 000 Euro für das Vorhaben. Von diesem Kostenrahmen war man bislang ausgegangen. Die Summe lag ohnehin schon über einer Prognose aus dem Jahr 2021, die sich auf 588 000 Euro belief. Schon bei einem Ortstermin im Frühjahr 2022 war allerdings klar, dass das Geld nicht ausreichen könnte, weil die Preise eher am steigen denn am sinken waren.
„Erhebliche Mängel“
Der Haupt- und Finanzausschuss hob vor mehr als einem Jahr einen Sperrvermerk auf, auch damit die Planungen vertieft werden konnten. Mittlerweile liegen die Ergebnisse der vorbereitenden Untersuchungen der Laufbahn und der darunter liegenden Schichten vor. Dafür musste an einigen Stellen die Tartanbahn geöffnet werden, um Proben zu entnehmen. Während die Schottertragschicht noch ausreichend belastbar ist und für die Sanierung genutzt werden kann, stellt sich das bei der Asphaltschicht anders dar.
Nach Angaben der Verwaltung hätten Laboruntersuchungen „erhebliche Mängel an der Zusammensetzung und Stabilität ermittelt“. Diese seien offenbar so eindeutig, dass ein Ausbau und eine Erneuerung des Asphalts im Hinblick auf eine lange Nutzungsdauer unumgänglich sind. Zu diesem Schluss kommt das beauftragte Institut in Bingen.
Die Resultate wurden vom beauftragten Planungsbüro LS2 ausgewertet. Das führte zu einer Aktualisierung des Kostenrahmens und zur besagten Steigerung um knapp eine Million Euro. Um das Projekt durchziehen zu können, muss das Geld in den Haushaltsplan 2024 eingestellt werden.
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Aus Sicht des Rathauses sind die Arbeiten nach wie vor „dringend erforderlich“. Zumal durch die Probleme mit der Asphaltschicht künftig weitere Schäden zu erwarten seien, „die eine Sperrung der Laufbahn unumgänglich machen“, heißt es weiter in dem Info-Schreiben an den Magistrat, das den Stadtverordneten ebenfalls zur Verfügung gestellt wurde. Das zuständige Fachteam in der Verwaltung empfiehlt daher dringend, „die Sanierung trotz der leider erheblich gestiegenen Kosten durchzuführen“ – verbunden mit dem Verweis auf die enorme Bedeutung der Laufbahn für den Schul-, Vereins- und Breitensport.
Kommunalpolitisch haben die Sozialdemokraten auf die „Kostenexplosion“ reagiert. „Es stellen sich in diesem Zusammenhang natürlich einige ergänzende Fragen zum weiteren Vorgehen“, so Fraktionschef Jürgen Kaltwasser nach „der ersten Schockstarre“.
Konkret möchte die SPD gerne wissen: In welchem Umfang werde die Anlage durch Schulen genutzt und wie stellt sich der Kreis Bergstraße als verantwortlicher Schulträger bezüglich der Frage einer angemessenen Kostenbeteiligung? Wie intensiv sind Vereine dort aktiv und welche Form des Breitensports findet statt?
Ein detaillierter Kostenvergleich
Hilfreich sei als Entscheidungsgrundlage außerdem die Vorlage eines detaillierten Kostenvergleichs der ursprünglichen Planung mit den jetzt nachgereichten immens höheren Zahlen. „Auf jeden Fall ein herber Rückschlag bei den Bemühungen um eine weitere Haushaltskonsolidierung“, konstatierte der Vorsitzende des Haupt - und Finanzausschusses, Werner Bauer, in der Mitteilung der Fraktion. In der Ausschusssitzung im Frühjahr 2022, als es noch um die Freigabe der 588 000 Euro ging, betonte Bauer, dass „wir davon überzeugt sind, dass diese Maßnahme keinen Aufschub duldet. Einsparmöglichkeiten sind nicht möglich, Alternativen drängen sich nicht auf“.
Zu jenem Zeitpunkt stand auch noch im Raum, die Erneuerung im späten Frühjahr 2023 anzugehen. In der Regel dauern solche Arbeiten rund vier Monate, bis zum Spätsommer hätten Laufbahn und Rasenplatz (der während der Arbeiten nicht genutzt werden kann) wieder zur Verfügung stehen können.
Beschädigte Stellen ausgetauscht
Ob nun mit einer Umsetzung im Frühjahr 2024 zu rechnen ist und welchen Einfluss die Asphaltarbeiten auf den Zeitplan haben, ist aktuell nicht bekannt.
Die 400-Meter-Strecke rund um den Hauptrasen hat mehr als 40 Jahre auf dem Buckel. 1980 wurde die ehemals mit roter Asche belegte Leichtathletikanlage umgebaut und mit Kunststoff beschichtet. Zuletzt wurde 2006 die Oberfläche neu beschichtet. Beschädigte Stellen tauschte man punktuell aus.
198 000 Euro kostete das Vorhaben vor 17 Jahren, rund 100 000 Euro kamen vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport aus dem Investitionsprogramm „Sportland Hessen“. Der damalige Innenminister und spätere Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) überreichte seiner Zeit den obligatorischen Bewilligungsbescheid.
Das anstehende Aufgabenpaket ist deutlich umfangreicher. Abgesehen von der Asphaltschicht und der Lauffläche, bei der die innere Bahn komplett erneuert werden muss, steht der Abbruch samt kompletten Neueinbau der Entwässerungsrinne an. Diese läuft im Inneren rund um den Hauptrasen und ist nicht mehr reparabel. Ersatzteile sind dafür nicht mehr erhältlich.
Die Weitsprunggruben sollten darüber hinaus mit Sandfangrinnen ausgestattet werden. Normalerweise gehört das zum Standard, in Bensheim fehlen die Rinnen, ohne die sich der Sand links und rechts auf den Kunststoffbahnen verteilen kann.
Doch bis die Arbeiten beginnen können, müssen vermutlich einige Verantwortliche, ähnliche wie SPD-Chef Kaltwasser am Wochenende, den Kostenschock verdauen. Was das für eine mögliche kommunalpolitische Debatte bedeutet, wird sich zeigen.
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