Geschichtswerkstatt Jakob Kindinger

Konzert in der alten Auerbacher Synagoge

An diesem Konzert-Abend ertönen Widerstandslieder von den „Moorsoldaten“ und „Dona Dona“ bis zu „Sag’ Nein“ von Konstantin Wecker.

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red
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Die Musiker Joachim Romeis (l.) und Bernd Köhler sind am 31. März zu Gast in der ehemaligen Synagoge in Auerbach. Der Konzert-Abend mit Widerstandsliedern steht unter dem Titel „S’brent“. © Sven Ehlers

Bensheim. Am Freitag, 31. März, veranstaltet die Geschichtswerkstatt Jakob Kindinger ein Konzert in der ehemaligen Synagoge in Auerbach, Bachgasse 28, Beginn ist um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.

Der Titel „S’brent“ erinnert an Mordechai Gebirtig. Mordechai Gebirtig wurde 1942 im Krakauer Ghetto von den deutschen Besatzern ermordet. Sein Lied „S’brent“ war die offizielle Hymne jüdischer Widerstandskämpfer in der NS-Zeit. Sie wird heute in Israel zu jedem Holocaust-Gedenktag gesungen.

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An diesem Konzert-Abend in der alten Synagoge werden Widerstandslieder von den „Moorsoldaten“ und „Dona Dona“ bis zu „Sag’ Nein“ von Konstantin Wecker zu Gehör gebracht. Die „Moorsoldaten“ wurde von zwei Häftlingen 1933 im Konzentrationslager Börgermoor bei Papenburg im Emsland geschrieben und entwickelte sich zum wohl bekanntesten Widerstandslied im besetzten Europa während des Zweiten Weltkriegs.

Musikgruppen im KZ

Überhaupt begegnet man im Schatten der mörderischen Konzentrationslager häufig kleinen Musikgruppen, in denen Gefangene von den SS-Bewachern gezwungen wurden, aufzuspielen. Einige dieser Musiker und Musikerinnen aus den Zwangs-Orchestern haben nach ihrer Befreiung mit ihrer Musik und mit ihren Erzählungen über das Leid der Opfer in den Lagern berichtet.

Die Motive der SS-Bewacher lassen sich nur vermuten: Sie hielten es für zweckmäßig, wenn die Arbeitskommandos in Reih’ und Glied zur Musik marschierten. Ein spielendes Gefangenenorchester konnte gut über die Funktion eines Konzentrationslagers bei besuchen des Roten Kreuzes täuschen. Was die SS-Leute vermutlich nicht sahen: Lieder und Musik stärkten die Moral, den Zusammenhalt und den Überlebenswillen der Opfer. Dabei spielten Lieder des Widerstands, aber auch andere Musikstücke eine bedeutende Rolle.

Die Geschichtswerkstatt Jakob Kindinger greift dieses Thema mit der Veranstaltung auf und erinnert an die Kirchbergmorde vor 78 Jahren. Alljährlich gedenkt die Geschichtswerkstatt mit einer kulturellen Veranstaltung der Opfer. Das Wissen um die Verbrechen der NS-Zeit ist gleichfalls eine klare Positionierung gegen Antisemitismus und Rassismus, gegen den neuen Rechtsextremismus heute. Denn Zukunft brauche Erinnerung.

Am 23. März 1945 überschritt die US-Armee bei Gernsheim den Rhein. Zu dieser Zeit war die ausgebombte Gestapo-Abteilung aus Darmstadt noch mit zehn bis zwanzig Gestapobeamten in Bensheim vertreten – und zwar in der ehemaligen Taubstummen-Schule an der Ecke Kirchbergstraße und Darmstädterstraße. Am 24. März, das heißt nur einen Tag nach der Rheinüberquerung der amerikanischen Truppen, marschierte ein Gestapo-Sonderkommando, bewaffnet mit Maschinenpistolen, mit 14 Gefangenen in Dreierreihen in Richtung Kirchberg.

Bei einem Durcheinander während der Hinrichtung am Kirchberg konnten zwei Gefangene fliehen. Zwölf Menschen wurden ermordet – drei Tage, bevor die US-amerikanischen Truppen Bensheim erreichten. Zu Beginn des Konzertabends wird Peter E. Kalb vom Vorstand der Geschichtswerkstatt Jakob Kindinger diese Mordaktion schildern und an die Opfer erinnern.

Alle Angaben zu diesen schrecklichen Morden befinden sich in der von der Geschichtswerkstatt Jakob Kindinger e.V. herausgegebenen Broschüre „3 Tage fehlten zur Freiheit. Die Nazimorde am Kirchberg“ von Kilthau/Krämer. Die Broschüre ist erhältlich über die Homepage der Geschichtswerkstatt.

In Bensheim keine Unbekannten

Die beiden Künstler Bernd Köhler und Joachim Romeis sind in Bensheim keine Unbekannten. Zuletzt begleiteten sie musikalisch die Gedenkfeierfeier zu den Judenpogromen 1938. In den 70er Jahren wurde Bernd Köhler (Gitarre) durch Auftritte als politischer Liedermacher unter dem Namen „Schlauch“ bundesweit bekannt.

Er trat nicht nur auf den großen Liederfestivals dieser Zeit auf, sondern unterstützte mit seiner Kunst auch immer konkrete politische oder gewerkschaftliche Aktionen. Mit seinen aktuellen Programmen und der Gruppe „ewo2“ setzt er diese Tradition fort. Nach Bensheim kommt er mit Joachim Romeis (Geige), der neben den Auftritten mit Bernd Köhler auch als klassischer Orchestermusiker und in unterschiedlichen Jazz- und Klezmer-Ensembles tätig ist. red

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