Kommunalpolitik

Keine Marktplatz-Sitzung in Bensheim mit Klaus P. Becker

In der Bensheimer Stadtverordnetenversammlung stand ein Antrag von BfB und VuA zur Abstimmung. Die Fraktionen wollten den Kulturunternehmer Klaus P. Becker in eine Sitzung aller Ausschüsse einladen. Thema: Marktplatz-Belebung.

Von 
Thomas Tritsch
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Die Fraktionen von BfB und VuA wollten den Kulturunternehmer Klaus P. Becker in eine gemeinsame Sitzung aller Ausschüsse einladen. Dort hätte er seine Überlegungen zum oberen Marktplatz vorstellen sollen. Für diesen Antrag gab es im Stadtparlament aber keine Mehrheit. © Thomas Neu

Gronau. Erstmals nach Ausbruch der Pandemie hat die Bensheimer Stadtverordnetenversammlung wieder in Gronau getagt. Am Donnerstag trafen sich die Parlamentarier im Dorfgemeinschaftshaus. Der Ortsbeirat sorgte für die Schnittchen, die Fraktionen für das Futter. Darunter Fades, Aufgewärmtes und Abgehangenes. Teilweise bemüht erhitzt oder in pikanter Absicht zu neuer Schärfe gewürzt. Bereits nach zwei Stunden war die Tagesordnung verputzt.

Vor dem finalen Verdauungsgetränk wartete im DGH ein Antrag der BfB-Fraktion (Bürger für Bensheim) bezüglich der Erstellung einer Klimaanalyse-Karte. Zwar existiert bereits ein Werk mit dem Titel „Schutzgut Klima – Klimaökologische Ausgleichs- und Luftgenerationsfunktion“, doch stammt die Bewertung aus dem Jahr 2011.

Das Gremium war sich einig darüber, dass es an der Zeit für eine Aktualisierung sei. Laut BfB hätte dies bereits verwaltungsintern ab 2019 erfolgen sollen, doch aufgrund von Sparzwängen habe man darauf verzichtet. Die Fraktion plädiert dafür, im Haushaltsplan 2024 entsprechende Mittel einzustellen.

Kontakt mit Nachbarkommunen

Darüber hinaus soll der Magistrat mit Nachbarkommunen Kontakt aufnehmen, um abzuklären, ob es ein gemeinsames Interesse an einer Erstellung eines solchen Papiers für das Mittelzentrum Bergstraße oder für die einzelnen Kommunen gibt. Geprüft werden müsste dann auch, ob Fördermittel abzurufen sind. Denn laut Ulrike Vogt-Saggau (BfB) koste eine solche Karte die Stadt rund 60 000 Euro. Die Zahlen stammen ihren Angaben zufolge vom Team Klima, Umwelt und Energie. „Gut investiertes Geld“, so die Stadtverordnete.

Das Gremium hat der interkommunalen Absicht mehrheitlich (28 Ja-, neun Neinstimmen) seinen Segen erteilt. Ein klares Nein gab es für die Einstellung der Haushaltsmittel. Außer den Antragstellern erkannte niemand die Notwendigkeit, dafür erneut Geld zu reservieren, da Mittel ja ohnehin eingeplant seien. Vor allem, um das Thema Klimaanpassung fachübergreifend und vollumfänglich in den Fokus zu rücken, heißt es von Seiten der Stadt.

Den Bedarf, dem Ansinnen durch einen separaten Antrag Nachdruck zu verleihen, sah daher niemand. Maximilian Gärtner (CDU) sprach von einem Schaufensterantrag. Michael Sydow (SPD) wollte das so scharf nicht formulieren, sah in dieser Forderung aber ebenfalls keine Dringlichkeit. FDP und Freie Wähler sahen das genauso. Nur Rolf Kahnt von der Stadtfraktion „Vernunft und Augenmaß“ (VuA) sieht darin einen richtigen Vorstoß „zur richtigen Zeit“.

Aber auch mit ihrem zweiten Antrag blieb die BfB allein im großen Dorfgemeinschaftshaus: Gemeinsam mit Kahnts VuA will man den Kulturunternehmer Klaus P. Becker (Internationale Sommerfestspiele Auerbach) in eine gemeinsame Sitzung der drei Ausschüsse des Stadtparlaments einladen, um seine Vorstellungen für eine kulturelle Nutzung des oberen Marktplatzes (ohne den Neubau eines Gebäudes) anzuhören.

„Die Notizen enthalten viele neue Gedanken und Aspekte, in der bisherigen öffentlichen Diskussion noch nicht thematisiert worden sind“, begründen die beiden Fraktionen. Unabhängig vom bisherigen Verfahren sei eine Interims-Nutzung des Platzes sinnvoll, so die Argumentation. Becker sei ein Profi, und seine Ideen es wert, in der Öffentlichkeit Gehör zu finden, so Franz Apfel für die BfB.

„Beckers Expertise kann nicht schaden“, so auch Rolf Kahnt, der – zur Erheiterung der anwesenden Magistratsmitglieder und der Bürgermeisterin – anmerkte, dass der ehemalige Rathauschef Rolf Richter nur deshalb abgewählt worden sei, weil er über eine mangelhafte Kommunikation des Marktplatz-Themas im Kontext der Bürgerbeteiligung gestolpert sei.

Christine Klein betonte, dass Beckers sogenanntes „Kultur-Mobil-Konzept“ in der Auslobung zum Ideenwettbewerb „Marktplatz der Zukunft“ enthalten gewesen sei. Seine Argumente seien also jedem bekannt, der sie lesen wollte, so die Bürgermeisterin. Rudolf Volprecht (CDU) sah dies genauso, der Antrag sei überflüssig.

Zumal das ablehnende Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt zum Antrag der Bürgerinitiative „Bensheimer Marktplatz besser beleben“ auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Auslobung für den Ideenwettbewerb den Weg nun wieder freigemacht habe, wie Jürgen Kaltwasser von der SPD ergänzte. Die Notizen von Becker liegen der Verwaltung und den Fraktionen vor, betonte auch Rolf Tiemann (FWG). Es sei kein Antrag erforderlich, damit er seine Vorstellungen in den Ausschüssen darlegen kann. Falls daran Interesse besteht, können dies auch auf Einladung der entsprechenden Gremien geschehen.

Keine Zwischenlösung

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bedauerte Kira Knapp, dass es offenbar keine Zwischenlösung für den Marktplatz geben soll: „Die Argumente vom Stadtmarketing müssen wir zur Kenntnis nehmen.“ Eine Einladung Beckers im Bauausschuss sei daher nicht zielführend. Allerdings würden die Argumente gegen eine zwischenzeitliche Nutzung des Stadtzentrums auch gegen eine langfristige Belebung sprechen, meint Knapp. „Herr Becker wird doch von niemandem daran gehindert, am Marktplatz kulturell aktiv zu werden“, so Tobias Fischer von der FDP-Fraktion, die den Antrag ebenfalls ablehnte.

Für Franz Apfel bedeutet der Neustart eines Ideenwettbewerbs nicht das zwangsläufige Aus für eine Zwischenlösung. Bis der Prozess erste Früchte trage, werde es wohl noch zwei Jahre dauern. „Wenn wir warten, bis konkrete Dinge realisiert werden, dann bleibt eine zentrale Stelle der Stadt zu lange ungenutzt.“ Damit vergebe man eine wertvolle Chance, den Platz im Sinne der Bürger kulturell zu bespielen, so Apfel, der sich in diesem Zusammenhang für ein grundsätzlich ergebnisoffenes Verfahren aussprach.

Es sei in jedem Fall interessant, von einem Experten zu hören, was dort möglich wäre, sagte er: „Wir sollten unseren Horizont erweitern. Entschieden ist dadurch noch lange nichts.“

Nachdem der Antrag abgelehnt wurde, will die Wählergemeinschaft nun auf eigene Faust versuchen, eine Veranstaltung mit Klaus P. Becker zu organisieren.

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