Stadtparlament - Mehrheit lehnt einen Antrag der FDP ab, eine Umrüstung von fünf Fußgängerampeln zu prüfen

Keine Fraa vun Bensem auf der Ampel

Von 
Dirk Rosenberger
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Live und in Farbe: Doris Walter als Fraa vun Bensem. Das stilisierte Konterfei der Symbolfigur wird allerdings nicht auf Fußgängerampeln zu sehen sein. © Funck

Bensheim. Was wäre Bensheim ohne die Fraa vun Bensem? Vermutlich immer noch eine Stadt mit mehr als 40 000 Einwohnern, Kirchberghäuschen, gesundem Selbstbewusstsein und Marktplatzdiskussion. Aber ohne Sagengestalt und identitätsstiftende Symbolfigur, ohne Botschafterin und sympathische Dialektkönigin, die weiß, wie ihre Heimat tickt.

Sprich: Bensheim ohne die Fraa vun Bensem wäre wie Ying ohne Yang, Homer ohne Marge oder Mainz ohne die Mainzelmännchen. Es würde schlicht was fehlen. Die Gefahr besteht bekanntlich nicht, aber es ist sicher auch kein Fehler, zu würdigen, was man hat. Die FDP hatte vor diesem Hintergrund in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung einen Prüfantrag eingebracht, „um Bensheim im zweiten Schritt ein klein wenig charmanter zu machen und aufzuwerten“, erklärte Fraktionschef Holger Steinert.

100 Städte als Vorbild

Fünf Fußgängerampeln in der Innenstadt könnten nach Vorstellung der Liberalen vom Standardmännchen auf die Fraa vun Bensem als Motiv umgerüstet werden – unter anderem am Ritterplatz, an der Kreuzung Promenadenstraße/Fehlheimer Straße/B 3 und an der Ecke Platanenallee/Nibelungenstraße. 100 Städte seien diesen Weg schon gegangen, darunter Darmstadt mit dem Heiner und dem Heinermädel oder Hanau mit der Brüder-Grimm-Ampel, listete Steinert auf. In Pirmasens hätte die Aktion 1200 Euro gekostet, die Stadt dort konnte Sponsoren dafür gewinnen. „Es müssen Regeln beachtet werden, es liegt aber im Ermessen der Verwaltung. Anderen ist es auch gelungen. Wir haben Spaß an der Idee und finden, dass sie es wert ist zu prüfen“, warb Holger Steinert für den Vorschlag seiner Fraktion.

Gebremst wurde der Vorstoß aber gleich vom Verkehrsdezernenten Andreas Born (BfB). Weil Bundesstraßen betroffen sind, ist „Hessen Mobil“ zuständig, die Stadt sei nicht entscheidungsfähig. Und die Landesbehörde ist vom lokalpatriotischen Umrüsten offenbar nicht wirklich angetan, wie aus einer Stellungnahme hervorgehen soll, die nicht öffentlich gemacht wurde, wohl aber an die Stadtverordneten ging.

Markus Woißyk sprach für die CDU dennoch von einem „charmanten Antrag“, die Straßenverkehrsordnung würde das leider etwas nüchterner sehen. Sie kenne nur Ampelmännchen, entsprechend sei die Anfrage von „Hessen Mobil“ beantwortet worden. Für den Fraktionschef wäre aber (augenzwinkernd) die weitaus spannendere Frage, wie man die Fraa vun Bensem auf der Ampel stehend und rennend mit geschürztem Rock hätte darstellen wollen. Weil es aber an den prominenten Kreuzungen nicht umsetzbar sei, blieben nur Gemeindestraßen. Dort hat das Rathaus das Sagen. Weil die aber nicht nahe genug am Zentrum liegen, sei der Effekt nicht gegeben.

Mehr Lust auf Rebellion an dieser Stelle verspürte die SPD. „Der Patriotismus sollte sich dem Gehorsam nicht unterordnen“, meinte Michael Sydow. Er finde die Idee so schön, dass seine Fraktion die Prüfung unterstütze. „Hessen Mobil“ sollte erneut prüfen, ob es nicht doch möglich sei.

Mit deutlich weniger Enthusiasmus betrachtete Hanns-Christian Wüstner (GLB) den Tagesordnungspunkt. Jeder Kommune sei ihre Identität wichtig. „Leider verstoßen die Ampeln gegen geltendes Recht. Haben wir keine anderen Probleme, als für solch eine Lappalie Geld auszugeben?“, fragte Wüstner rein rhetorisch und im Wissen um die Antwort, die er und seine Fraktion (noch dazu in Wahlkampfzeiten) geben würde.

Kurz und knapp äußerte sich auch Franz Apfel (BfB). Der Dezernent habe alles prüfen lassen, „wir lehnen ab“. Als „gut gemeint, aber von der Wirklichkeit weit entfernt“ klassifizierte Rolf Kahnt (AfD) den Antrag. Bensheim habe noch andere Identitätsmerkmale.

Dezernent sieht Haftungsrisiko

Holger Steinert und sein Fraktionskollege Jascha Hausmann vermissten den echten Willen zur Prüfung. „Wenn man es machen will, dann findet man einen Weg“, so Steinert. Andreas Born wies jedoch darauf hin, dass sich die Stadt bei einer Umsetzung einem Haftungsrisiko aussetze, weil man sich außerhalb der Straßenverkehrsordnung bewege. Und Bürgermeister Richter (CDU) versicherte, dass man es wohlwollend und positiv geprüft habe.

Aus Sicht des Magistrats kämen drei Ampelanlagen auf Gemeindestraßen im Umfeld der Bensheimer Innenstadt infrage: An der Ecke Fehlheimer Straße/Kirchbergstraße, am Berliner Ring/Robert-Bosch-Straße und die Bedarfsampel an der Heidelberger Straße (Hemsbergschule). „Wir halten die Kosten für eine solche Aktion weit weg von der Innenstadt für nicht sinnvoll“, so der Rathauschef.

Am Ende stimmte neben der FDP nur die SPD für eine Prüfung, die restlichen Fraktionen lehnten ab. Vielleicht hätte man aber auch mal in Emden nachfragen sollen. Dort ziert die Silhouette von Otto Waalkes vier Fußgängerampeln – allerdings nur während der Grünphasen. Bei Rot hört der Spaß dann auf.

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