Bensheim. Es dauerte nur wenige Minuten, und schon hatte Ran Chai Bar-zvi die Herzen des Publikums mit seiner herzlichen, authentischen und sympathischen Art erobert. Der charismatische Regisseur und Bühnenbildner wurde von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste im Zuge der Eysoldt-Preisverleihung am Samstagabend mit dem 5.000 Euro dotierten Kurt-Hübner-Regiepreis für junge Regisseurinnen und Regisseure ausgezeichnet. Die Freude darüber war dem in Israel geborenen Preisträger buchstäblich ins Gesicht geschrieben.
Alleinjurorin Almut Wagner hatte Ran Chai Bar-zvi für dessen Inszenierung von „Blutbuch“ am Staatstheater Hannover - nach dem Roman von Kim de l`Horizon - für den Kurt-Hübner-Regiepreis ausgewählt und als einen der Gründe seine „Leichtigkeit, mit der er selbst großen, existentiellen Stoffen vom Lebensanfang bis zum Tod begegnet und seinen unglaublichen Instinkt für Unterhaltung“ angeführt: „Es war ein beeindruckender Theaterabend, der mit einer Dragshow begann.“
Wagner, die wie Moderator Jo Schück eine enge Verbindung zu Bensheim hat und am Goethe-Gymnasium ihr Abitur gemacht hat, nannte den Jungregisseur einen „Multiprofessionalisten, „der sich mit feinem ästhetischem Gespür jedem seiner Projekte nähert. Keiner seiner Inszenierungen hat den gleichen Look.“ Er schaffe es, gutes, junges und lebendiges Theater über die dunklen Seiten des Lebens zu machen und dabei weder elitär noch anbiedernd zu agieren. Das Bensheimer Publikum hatte übrigens das Vergnügen, „Blutbuch“ in der Inszenierung von Ran Chai Bar-zvi im Rahmen der diesjährigen Woche junger Schauspieler zu sehen.
Die stellvertretende Intendantin und Chefdramaturgin am Residenztheater München und Mitglied im Vorstand des Internationalen Theaterinstituts, attestierte Ran Chai Bar-zvi Mut zu Gefühlen, Humor und Spontanität. Sein Ziel sei es immer, den direkten Kontakt zwischen Bühne und Zuschauerraum herzustellen. Ran Chai Bar-zvi bekräftigte in seiner emotionalen Dankesrede, dass er mit dem Stück „Blutbuch“ Menschen zusammenbringen und „die Hand reichen will“. Als er das Buch das erste Mal gelesen habe, sei ihm in den Sinn gekommen, „dass ein Fremder über mein Leben schreibt. Ich habe mich wiedererkannt“. Wie wichtig ihm das Verbindende, „das Inklusive, nicht das Exklusive“ ist, spiegelte sich auch in seinem Dank an alle Schauspieler und Mitarbeiter am Staatstheater Hannover wider. „Der Preis und der Erfolg gehören uns allen.“ Es folgte ein letztes Dankeschön an die Organisatoren „dieser umwerfenden Veranstaltung“.
Bürgermeisterin Christine Klein hatte den Preisträger zuvor als einen Regisseur bezeichnet, „der Brücken baut zwischen Kulturen, Sprache und Menschen“. Stets hinterfrage er, wie wohl seine Eltern auf seine Inszenierungen reagieren würden. Und seine Antwort. „Chill doch mal. Hört einander zu und trefft euch in der Mitte.“
Kurt Hübner, Namensgeber des Preises für junge Regisseure, gehörte zu den bedeutendsten Intendanten des deutschen Nachkriegstheaters. Als Theaterleiter schuf er Freiräume für große Theatertalente. Von 1992 bis 2006 war er Juror des später nach ihm benannten Preises.
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