Auerbach. Als beim Wirt am Auerbacher Schloss der Braten noch 70, das Beefsteak 75 und der Kuchen 20 Pfennig kostete: Die Auerbacher Stadtteildokumentation blättert vergangene Zeiten auf. Ihre Recherchen fördern Spannendes zutage, das die Gruppe um Sprecherin Hannelore Volk immer wieder gern der Öffentlichkeit im Rahmen von Ausstellungen präsentiert.
Rund um den Schlossberg
In der diesjährigen achten Auflage zeigt sie in über 400 Bildern und Dokumenten das Auerbacher Leben "Rund um den Schlossberg". Man rückt nicht nur das Schloss, das die Hessen als ihr beliebtestes Ausflugsziel aussuchten, und den Melibokus ins Zentrum. Gleichzeitig wirft man auch ein Schlaglicht auf die Metzendorf-Villen im Kurviertel zwischen Mierendorff- und Grafenstraße.
Als das Team der Stadtteildokumentation in der Vergangenheit des Villen-Quartiers stöberte, stießen ihre Nachforschungen auf eine Vielzahl berühmter Persönlichkeiten. Der Theaterkritiker Wilhelm Ringelband zog 1944 an die Jahnstraße. Er stand unter anderem mit der Schauspielerin Gertrud Eysoldt in engem Briefkontakt.
Kary Barnet, die vor allem in den 40er und 50er Jahren in der deutschen Musikszene Zeichen setzte, wohnte an der Burgstraße 6a. Die 1923 in Prag geborene Sängerin übte mit ihrer einnehmenden Stimme und mit ihren melodischen Stücken eine bezaubernde Wirkung hat.
Sie sang mit swingenden Orchestern wie mit konventionelleren Klangkörpern. Ende 1943/Anfang 1944 war sie beim Soldatensender Belgrad engagiert, bei dem die Lili-Marleen-Legende entstand.
Die Sirene von Belgrad
Man nannte sie "Die Sirene von Belgrad". An der Mierendorffstraße wohnte einst der Admiral Carl Rosendahl, der im Rahmen des Boxeraufstandes auf sich aufmerksam machte. Der Opernsänger Hans-Heinrich Braun oder die Künstlerin Kleehammer sind weitere illustre Persönlichkeiten, die im Kurviertel beheimatet waren.
"Wir durchkämmten alle Straßenzüge und recherchierten in Archiven, um der Geschichte der Villen auf den Grund zu gehen", erklärte Günther Volk. Bei der Suche sei man plötzlich auf weltbekannte Namen aus dem öffentlichen Leben gestoßen.
Auf dem Weg hoch zum Schloss und dem Melibokus liegt eine ebenso spannende Geschichte begraben, die die Stadtteildokumentation zutage förderte und nun zeigen wird. Die Ausstellung nimmt den Obstgroßhandel Kuch an der Ernst-Ludwig-Promenade, den Kirchwald und die Not-Gottes-Kapelle in den Fokus. Die Gruppe arbeitete die Anfänge des ehemaligen Kinderheims "Villa Elise" auf, in dem in den Nachkriegswirren bis zu 80 Waisenkinder einen Unterschlupf fanden.
Die historische Spurensuche erwies sich als durchaus schwierig und aufwendig. Umso mehr freuen sich die Mitwirkenden in der Stadtteildokumentation, dass sich die Unterstützung aus der Bevölkerung fast zu einem Selbstläufer entwickelt habe. "Man stellt uns häufig ganze Familienalben zur Verfügung", so Volk. "Rund um den Schlossberg": Die Stadtteildokumentation eröffnet am Donnerstag, 19. April, um 19 Uhr, ihre achte Ausstellung im Bürgerhaus Kronepark. Sie kann zudem am 20. April zwischen 14 und 19 Uhr, am 21. zwischen 10 und 19 Uhr und am 22. zwischen 10 und 18 Uhr studiert werden. moni
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