Bensheim. Vor gut einem Jahr war Gunter Lutzi in drei Wochen über 800 Kilometer durch ganz Hessen getourt, um 25 stationäre Hospize zu besuchen und dem Thema Sterbebegleitung eine breite Öffentlichkeit zu geben. Das hat der 65-jährige Bibliser auf jeden Fall geschafft – das mediale Interesse war enorm. Jetzt hat der ehrenamtliche Hospizhelfer gemeinsam mit seinem Kollegen Robert Pauli, der sich ebenfalls für den Hospiz-Verein Bergstraße engagiert, eine neue Version auf die Beine gestellt.
Mit über 220 Anmeldungen war die Fortsetzung von „Hospiz bewegt“ erneut recht erfolgreich. Auch, wenn am Samstag aufgrund des wechselhaften Wetters nicht alle gebuchten Teilnehmer erschienen waren, wollte sich der Initiator seine Motivation nicht nehmen lassen. Gegen 8.30 Uhr machte sich die Jogginggruppe von Martin Dommes (Koordinator der Krisenintervention „Curateam“ im Hospiz Bergstraße) mit insgesamt rund 40 Läufern auf den Weg: Der zehn Kilometer lange Rundkurs führte von der Kalkgasse über den Kirchberg in die nahe Umgebung: über Fürstenlager, Schönberger Kreuz und Blaues Türmchen ging es durch den Stadtpark zurück zum Ausgangspunkt.
Danach standen noch Wanderungen über 13 und 20 Kilometer auf dem Programm. Manche wurden spontan gekürzt. Neben den geführten Touren wurden den gesamten Tag offene Wanderungen über fünf Kilometer angeboten. Die Strecke war ausgeschildert.
Buntes Rahmenprogramm
Jeder Wanderer und jede Läuferin unterstützt mit dem Startgeld die stationäre Einrichtung und nahm gleichzeitig an einer Tombola mit attraktiven Preisen teil, die von regionalen Unternehmen, Veranstaltern und Vereinen kostenfrei zur Verfügung gestellt wurden. Ein buntes Rahmenprogramm mit Musik und Leckereien flankierte den Aktionstag, der nach einem Start mit leichtem Nieselregen dann doch noch vom befürchteten Guss verschont wurde. Neben Lutzi waren auch Elisabeth Russ, Robert Pauli und Elke Mayer als Wanderführer dabei.
„Viele Menschen füllen dieses Haus mit Leben. Ihnen allen gilt großer Dank“, so Gunter Lutzi kurz bevor er mit einer Wandergruppe aufgebrochen ist. Aktuell sind 98 Ehrenamtler ein Teil des Ganzen. Sein Ansatz war der gleiche wie 2021: Es gehe darum, für ein noch immer allzu häufig tabubelegtes Thema zu sensibilisieren und Barrieren in den Köpfen abzubauen. Unterwegs war und ist er nicht nur für das Hospiz Bergstraße, sondern für eine Idee, eine Bewegung, die sich seit Ende der 1960er Jahre von England aus verbreitet hat und in vielen Orten institutionalisiert hat.
In den 80er Jahren wird darüber auch an der Bergstraße geredet, 1994 gründet sich der Hospiz-Verein. Seit 2010 finden Menschen, die an einer weit fortgeschrittenen Erkrankung leiden und nicht mehr im heimischen Umfeld versorgt werden können oder wollen, im Gebäude an der Kalkgasse ein Zuhause für ihren letzten Lebensabschnitt. Nicht als „Patienten“, sondern als Gäste.
Weil stationäre Hospize fünf Prozent des von den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen anerkannten Tagessatzes selbst aufbringen müssen und über das von den Kassen definierte Minimum in Bensheim zusätzliche Vollzeit-Pflegestellen installiert wurden, um mehr Zeit und Zuwendung anbieten zu können, gehören Patenschaften und Spenden von Anfang an zum Konzept. „Finanzen sind ein Dauerthema“, so Hospizleiterin Sandra Scheffler.
Im kommenden Jahr stehen größere Investitionen in das an. Aktuell geht man von rund 2,5 Millionen Euro aus, wobei sich der Finanzaufwand in diesen wackligen Zeiten und der dynamischen Kostenentwicklung in der Baubranche schnell ändern kann.
Die Umbauarbeiten sollen Anfang 2023 starten. Damit reagiert der Gastgeber auf neue Mindeststandards für solche Einrichtungen, denen der Bestandsbau nicht mehr durchgängig entspricht. Unter anderem geht es um ein modernes Alarm- und Räumungskonzept, das den gestiegenen Anforderungen des Brandschutzes folgt. Außerdem will der Verein notwendige Instandsetzungen erledigen, die in den kommenden Jahren ohnehin fällig gewesen wären.
Eine bauliche Ausdehnung an der Westseite des Komplexes soll Räume für Angehörige sowie für Pflegepersonal und somit mehr Freiraum für Gäste, Mitarbeiter und Besucher schaffen. „Wir können hier mit einem relativ kleinen Anbau einen sehr hohen Effekt erzielen“, so Sandra Scheffler, die betont, dass die Hausgäste für die Dauer der Bauarbeiten umziehen werden.
Bislang war für die Dauer der Sanierung das Pflegeheim der Maria-Ward-Schwestern in der nahen Umgebung vorgesehen. Viel länger als 18 Monate sollen die Arbeiten nicht dauern, hofft die Hospizleiterin. Aber auch das ist im Voraus schwer zu prognostizieren. Das Geld für den Umbau jedenfalls muss ebenfalls durch Spenden eingeworben werden – der Aktionstag am Samstag war eine weitere Etappe auf dem Weg dorthin.
Gunter Lutzi weiß: Die Hospiz-Bewegung muss konstant in der Öffentlichkeit präsent sein, damit das Thema nicht in den Hintergrund gerät. Und er reagiert darauf mit seinen Aktionen. Wahrscheinlich war der Samstag noch lange nicht das Ende. Das würde auch die Bergsträßer Landtagsabgeordnete Birgit Heitland freuen, die stellvertretend für Hessens Ministerpräsident Boris Rhein gekommen war und Grüße aus Wiesbaden mitgebracht hatte.
Bereits beim Hospizlauf im vergangenen Jahr hatte Rheins Vorgänger Volker Bouffier die Schirmherrschaft übernommen.
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