Bensheim. Diskussionen „um des Kaisers Bart“ prägten die jüngste Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses. Dies empfand Erster Stadtrat Frank Daum vor allem beim Punkt zur Änderung der Marktsatzung. Gut eine halbe Stunde lang wurde über eine Anpassung der Gebühren und eine Unterscheidung zwischen den Wochentagen und dem Samstag diskutiert, obwohl das letztlich so gut wie keine Auswirkung auf den städtischen Haushalt hat.
Denn an der Regelung, dass die Marktgebühren nach wie vor von der Wirtschaftsförderung übernommen werden, wird sich nichts ändern. Insofern spiegelte sich die unnötige Diskussion auch in der Abstimmung der Verwaltungsvorlage und des Änderungsantrags der Koalition von CDU, SPD und FDP wider, die beide bei einer Enthaltung angenommen wurden.
Mit ihrem Änderungsantrag ging es der Koalition insbesondere darum, bei der Gebührenerhebung zwischen den Markttagen Mittwoch bis Freitag und dem besser frequentierten Samstag einen Unterschied zu machen.
Die Anpassung der Gebühren wird als moderat bezeichnet und als Anpassung an die Gebührenerhebungen in den umliegenden Kommunen gesehen. Die Berechnung erfolgt nach einem dreistufigen System, das eine Grundgebühr nach Art der Ware, die Verrechnung der Gebühr mit dem Faktor 1,5 bei mehr als einem Tag pro Woche und eine maximale Standgröße von 20 Quadratmeter berücksichtigt. Laut Vorschlag der Koalition soll künftig für den Samstag die Jahresgebühr doppelt so hoch sein wie die Grundgebühr. Bei Waren aus dem Bereich Obst, Gemüse oder Molkereiprodukte wären das beispielsweise 240 Euro für den Samstag und 120 Euro als Grundgebühr für die Markttage Mittwoch bis Freitag.
Heinz: Parkgebühren ein emotionales Thema
Dass politische und wirtschaftliche Betrachtungsweisen nicht unbedingt deckungsgleich sind, offenbarte die Diskussion bei der Übertragung der Parkhaus-Immobilien (im Bürokratendeutsch „Parkierungsimmobilien“) auf die Marketing- und Entwicklungsgesellschaft mbH (MEGB). Dazu hatte die Koalition einen Änderungsantrag eingereicht, dessen Begründung durch Tobias Heinz schon die unterschiedliche Sichtweise verdeutlichte. Mit dem Antrag ging es nicht nur um die Entlastung des städtischen Haushaltes. Es sei zwar sinnvoll, den Betrieb der Parkhäuser in einer Hand zu haben, aber es stelle sich auch die Frage, wer über die Höhe der Parkgebühren entscheide, die Heinz als emotionales Thema wertete. Aus diesem Grund sah der Änderungsantrag vor, dass eine Beschlussfassung über die Nutzungsentgelte der Gesellschafterversammlung unterliegt, was durch eine Änderung der Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag zu veranlassen wäre.
Das wurde nicht nur in Teilen des Ausschusses anders gesehen, sondern auch von MEGB-Geschäftsführerin Michaela Kemmeter. Sie war mit den beiden Sachverständigen Michael Sohni und Nicolai Schmidt, die eine Bewertung der Parkhäuser vorgenommen hatten, zur Ausschusssitzung gekommen. „Ich soll als Geschäftsführerin das Risiko tragen, aber andererseits in meinem wirtschaftlichen Handeln eingeschränkt werden“, wertete sie das Anliegen der Koalition als „Misstrauensvotum“.
Unterstützt wurde sie dabei von Rolf Kahnt (VuA), der den Änderungsantrag als „merkwürdig“ bezeichnete. Eine GmbH müsse betriebswirtschaftlich handeln und die Freiheit der Gestaltung haben. Er empfahl, den Änderungsantrag zurückzuziehen. Auch Hanns-Christian Wüstner (Grüne) verdeutlichte, dass Parkgebühren „kein emotionales, sondern ein wirtschaftliches Thema“ seien. Bürgermeisterin Christine Klein stellte ebenfalls fest, dass die Geschäftsführerin der MEGB die Aufgabe und Pflicht habe, wirtschaftlich zu arbeiten. Mit dem Änderungsantrag würde ihr diese Möglichkeit genommen. Auch sei sie davon überzeugt, dass bei dieser Thematik in der MEGB mit Fingerspitzengefühl gearbeitet werde.
Harald Boeddinghaus (FDP) konnte diese Diskussion nicht verstehen. Es gehe mit dem Antrag nur um Transparenz und habe nichts mit Misstrauen zu tun. Diese Haltung bestätigte auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Bernhard Stenger. Mit dem Antrag sollte die Möglichkeit der Transparenz gegeben werden. „Man kann es machen, muss es aber nicht.“
Für die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Doris Sterzelmaier, stellte sich die Frage, ob der Änderungsantrag Auswirkungen auf das Ergebnis der Immobilienbewertung habe, was von den Sachverständigen bestätigt wurde, da der ermittelte Verkehrswert im Wesentlichen auch vom Rohertrag und den Bewirtschaftungskosten abhängig sei.
Hingewiesen wurde von MEGB-Geschäftsführerin Michaela Kemmeter noch auf die Transparenz, die durch den Wirtschaftsplan der Gesellschaft gegeben sei, der vom Aufsichtsrat und der Gesellschafterversammlung diskutiert und beschlossen werde.
Parkhaus Platanenallee als „Spitzenobjekt“
Bei der Übertragung der Parkhaus-Immobilien geht es um die Objekte beziehungsweise Miteigentumsanteile der Parkhäuser Guntrum, Fehlheimer Straße, Süd, Platanenallee und Bahnhof. Das „Spitzenobjekt“ hinsichtlich Lage, wirtschaftlicher Konzeption und vergleichsweise geringen Bewirtschaftungskosten ist das Parkhaus Platanenallee. Da dieses Objekt – wie auch das Parkhaus Fehlheimer Straße – bereits im Eigentum der MEGB ist, verringert sich bei beiden der ermittelte Verkehrswert um den aktuellen Buchwert der baulichen Anlagen.
Insgesamt ergibt sich nach Einschätzung der Sachverständigen ein Gesamtwert von rund 3,6 Millionen Euro, mit dem der städtische Haushalt entlastet werden kann. Außerdem würden durch den Verkauf kostenintensive Unterhaltungs- und Instandhaltungsmaßnahmen entfallen. Geplant ist die Übertragung in zwei Tranchen. Im aktuellen Haushaltsjahr soll noch der Verkauf der Objekte Fehlheimer Straße, Guntrum und Südgarage erfolgen, die Parkhäuser Bahnhof und Platanenallee sind im Haushaltsplan 2026 vorgemerkt.
Änderungsantrag abgelehnt
Da die im Juni von der Stadtverordnetenversammlung beschlossene Zielmarke von 4 Millionen Euro durch die Übertragung nicht erreicht werden kann, soll der Differenzbetrag von knapp 350.000 Euro aus Rücklagen der MEGB an die Stadt als Gesellschafter ausgezahlt werden.
Bei der Abstimmung wurde der Änderungsantrag der Koalition mit den vier Gegenstimmen der Grünen, der Freien Wähler und der FDP abgelehnt. Ausschussvorsitzender Werner Bauer (SPD) und Barbara Ottofrickenstein-Ripper (BfB) hatten sich der Stimme enthalten. Die Verwaltungsvorlage wurde einstimmig angenommen.
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