Bensheim. Dr. Harry Keaton heißt im bürgerlichen Leben Harald Helmut Kurz. Er studierte an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt Germanistik sowie Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft – soweit, so unspektakulär. Ganz anders dagegen seine Show „The Brain“, mit der er am Sonntag im Parktheater zu Gast war. In Keatons akademischer Biografie würde man deshalb eher einen natur- als einen geisteswissenschaftlichen Doktortitel vermuten. In „The Brain“ präsentierte er seinem Publikum auf unterhaltsame Weise Erkenntnisse aus der Hirnforschung – und kombinierte diese im Rahmen der gut zweistündigen Veranstaltung mit Magie.
Gleich zu Beginn ließ er, scheinbar nebenbei, eine Bowlingkugel aus einem Zeichenblock fallen. Er riss ferner eine Tageszeitung in Fetzen, um sie sekundenschnell wieder zusammenzufügen. Einfach genial. Ein Zuschauer sollte sich eine Zahl zwischen eins und 100 merken, natürlich ohne dass Keaton sie sehen konnte. Es war die 78. Keaton notierte nun 16 Ziffern in eine Tabelle, die in jeder Richtung addiert diese 78 ergab. Verblüffend auch, wie schnell und präzise er ein spontan genanntes Datum zuordnen konnte, welches ihm die Gäste vorgaben. Zum Beispiel den 3. Oktober 1962, an dem es blutige Unruhen in Tibet gab, oder den 23. Juli 1975, an dem Steward Adams, der Hauptentwickler von Ibuprofen, in Moskau geehrt wurde. Das Publikum hatte für Keaton noch mehr Termine, für die er ad hoc die richtigen Ereignisse und sogar die Wochentage parat hatte. Wie schafft er das nur? Diese Frage stellten sich sicher viele im Saal.
Circa 5,8 Millionen Kilometer lang sind alle Nervenbahnen eines erwachsenen Gehirns. Das entspricht 145 Erdumrundungen. Insgesamt 15 Prozent des Blutvolumens beansprucht unser Gehirn, durch das täglich rund 1080 Liter Blut fließen. Auch das erfuhren die Gäste im Parktheater nebenbei.
Absolut bemerkenswert war auch ein Experiment zu Telepathie, bei dem sich ein Mann und eine Frau aus dem Publikum auf der Bühne gegenüber saßen, die sich schon sehr lange kannten. Das funktionierte scheinbar wirklich, auch wenn die Psychologie und Neurowissenschaft bisher die Grenzen des menschlichen Gehirns intensiv untersucht haben und noch keine Beweise für Telepathie finden konnten.
„The Brain“ entführte die Gäste in ein besonderes Abenteuer
Trotzdem hat das Experiment im Parktheater auf Anhieb geklappt. Das Publikum im gut besuchten Theater war verblüfft und begeistert zugleich. Einige Parapsychologen seien jedoch davon überzeugt, dass jeder Mensch dazu in der Lage sein könne, Telepathie zu erlernen, schrieb einmal „Chip“ zu diesem spannenden Thema. Doch dafür brauche es bestimmte Grundvoraussetzungen, so der Bericht im April 2020.
Keaton brachte ebenso die 30 von Zuschauern zugerufenen Wörter blitzschnell in die exakte Reihenfolge – ähnlich dem Spiel „Ich packe meinen Koffer“. „The Brain“ entführte die Gäste in ein für sie sicher ganz besonderes Abenteuer. Keaton präsentierte Erstaunliches rund um unser Gehirn, dessen Leistungsfähigkeit und auch bisher noch wissenschaftlich Ungeklärtes. So manches hatte bei der Vorstellung auch einen Hauch von Science-Fiction, wenn es um die Umrahmung des eigentlichen Programms ging. „Entdecke selbst die Macht deiner Gedanken“, so die unausgesprochene Aufforderung an das begeisterte Publikum. Dieses erlebte ganz sicher neue Dimensionen wie auch Kurioses. Die Show vereinte Fakten, Fiktion, Staunen und auch Humorvolles als Rahmen.
Mit Mentalmagie und einem sensationellen Gedächtnis überschritt Keaton für viele die Grenzen des Vorstellbaren. Er zeigte, zu welch atemberaubenden Leistungen das menschliche Gehirn fähig ist. Für die Gäste war es ein großartiger Abend voller Wissenschaft, Magie und natürlich auch Zauber. Keaton bewies gleichzeitig, wie lebendig und vielseitig die Welt der Neurowissenschaften sein kann. Am Ende bekam er von den Gästen tosenden Applaus und viele erhoben sich dazu von ihren Sitzen. Kein Zweifel, der Mann beherrscht sein Fach und die Show war einfach einzigartig.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-harry-keaton-parktheater-_arid,2309656.html
