Weinbau - Am Samstag eröffnet das erste Sekthaus an der Bergstraße / Tag der offenen Tür

"Griesel" perlt an historischer Adresse

Von 
Thomas Tritsch
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Das ehemalige Hessische Staatsweingut an der Grieselstraße wurde von Jürgen Streit in ein Sekthaus umgewandelt.

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Bensheim. Am Samstag eröffnet das erste Sekthaus an der Hessischen Bergstraße. Unter dem Namen "Griesel & Compagnie" produziert der Betrieb Sekt in klassischer Flaschengärung (Méthode champenoise). Das traditionelle Herstellungsverfahren findet in den Gebäuden der ehemaligen Hessischen Staatsweingüter an der Grieselstraße statt, wo Investor Jürgen Streit eine traditionsreiche Adresse übernimmt.

Der Keller der Manufaktur reicht tief in den Berg. Zwei Jahre nach dem Auszug der Domäne Bergstraße konnten die beiden jungen Kellermeister Niko Brandner und Sebastian Geissler 2013 mit der Arbeit im alten Kreuzgewölbe beginnen. Beide haben in Neustadt Weinbau studiert und in Bensheim jetzt die Chance, den Betrieb von Anfang an zu begleiten und mit ihrer Handschrift zu prägen.

Ein Bergsträßer Klassiker

Grieselstraße Nummer 34: Ein Bergsträßer Klassiker. Das Anwesen wurde um die Jahrhundertwende erbaut und ist seit Anbeginn für die Weinherstellung reserviert. Ein prominenter Standort, an dem Trauben auch in Zukunft eine Hauptrolle spielen werden. Der neue Besitzer wollte den Wein-affinen Charakter des Hauses unbedingt bewahren.

1904 wurde das Staatsweingut durch den Großherzog von Hessen-Darmstadt gegründet. Seit 1956 war die Domäne Bergstraße ein Betriebsteil der Hessischen Staatsweingüter Kloster Eberbach. Schon im Mittelalter besaß das damalige Zisterzienserkloster viele Rebflächen an der Bergstraße.

Neben Assmannshausen und dem Steinberg bei Eberbach war Bensheim der dritte Weinkeller des mit über 210 Hektar Rebfläche größten deutschen Weinguts. Musterbetrieb, VDP-Mitglied, Talentschmiede - ein Flaggschiff des kleinsten Anbaugebiets, das immer wieder Impulse gesetzt hat. In der Domäne wurden die erste Riesling Trockenbeerenauslese und der erste Eiswein an der Bergstraße auf die Flasche gebracht. Mit dem Jahrgang 2001 trat Volker Hörr die Nachfolge des langjährigen, erfolgreichen Gutsverwalters Heinrich Hillenbrand an.

Dann folgte die bauliche und organisatorische Umstrukturierung der Hessischen Staatsweingüter GmbH im Kontext des Neubaus der Kellerei am Steinberg. Mit Folgen für den Standort in der Bensheimer Innenstadt: Ab 2011 wurden die Weine bei Montana in Auerbach vinifiziert. Der Weinverkauf zog in eine neue Vinothek im Heppenheimer Rebmuttergarten.

Nach Einschätzung der Hessischen Staatsweingüter in Eltville hatte die Immobilie am Griesel nicht mehr den Anforderungen an einen funktionalen und rentablen Weinbaubetrieb entsprochen. Alle Bemühungen, auch politische, haben nichts geholfen: Der Standort machte dicht. Das renovierungsbedürftige Ensemble erwies sich für das Land zunächst als Ladenhüter. Nachdem die denkmalgeschützte Liegenschaft im März 2012 das erste Mal zum Verkauf angeboten wurde, meldeten sich sechs Interessenten. Doch die Gebote waren nicht hoch genug.

Keller zur Whisky-Lagerung

Jürgen Streit und seine Frau Petra Greißl-Streit haben den Komplex dann 2013 in der zweiten Vermarktungsrunde für 475 000 Euro gekauft. Hauptmotiv war damals allerdings die Möglichkeit, um dort den Whisky einlagern zu können, der im Halben Mond in Heppenheim destilliert wird - was auch passiert. Parallel dazu ist die Sekt-Idee gegoren. Die Trauben für die Grundweine bezieht Streit von Spitzenbetrieben aus ganz Deutschland. Die Versektung geschieht in Bensheim. Ein Hektar Bergsträßer Rebland ist bereits im Besitz des Hauses, wird aber noch nicht bewirtschaftet.

Die beiden ersten Sekte - ein Riesling und eine Burgundercuvée - lagen zwölf Monate auf der Hefe. Zum Ende des Jahres will Griesel die nächsthöhere Qualitätsstufe folgen lassen. 2016 sollen die ersten Spitzensekte den Keller in Bensheim verlassen.

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