Bensheim. Typisch Herbst. Eben noch verheißen rabenschwarze Wolken Ungemach, in den nächsten zehn Minuten verspricht die Sonne einen goldenen Oktobersonntag, ehe ein kurzer, aber kräftiger Regenguss dazwischen grätscht. Und sich nur kurz darauf die Sonne wieder als die Stärkere erweist.
Das Herbstwetter sorgte auch bei den Ausstellern im Vorfeld und zum Start des Zeller Dorfmarkts für einiges Kopfzerbrechen. Wie sich schnell herausstellen sollte, waren die Befürchtungen umsonst. Es blieb überwiegend trocken, und im Laufe des Tages strömten immer mehr Besucher, auch aus den umliegenden Gemeinden und darunter wiederum viele Familien, auf den Manlay-Platz. Der Andrang war tatsächlich so groß, dass bereits am Nachmittag das gesamte Kuchenbuffet geplündert war und die Lammbratwürste ausverkauft waren.
Für weiteren kulinarischen Genuss sorgten die „Puppets“ mit Federweißem und selbst gebackenem Zwiebelkuchen und der evangelische Kindergarten, der mit dem Verkauf von butterweichen, frisch gebackenen Waffeln, knackigen Brezeln, spritzigen Cocktails und Kinder-Getränken seine Kasse aufbesserte.
Bis zum späten Nachmittag präsentierte eine Vielzahl von Ausstellern unter freiem Himmel und im Dorfgemeinschaftshaus ausschließlich regionale Produkte aus dem heimischen Garten und der Küche, aus benachbarten Streuobstwiesen und dem Meerbachtal. Hobby-Imker Volker Rettig überraschte mit einer Honig-Walnuss-Kreation, die man löffelweise unters Müsli rühren oder pur verkosten kann. Wie erfolgreich die verschiedenen Bienenvölker des Zellers bei ihrer Nektar-Suche waren, zeigten die Honig-Sorten der Frühlingsblüte mit Akazie, Raps, Streuobstwiese, die Sommerblüte Brombeere und Waldtracht. Rettig: „In den verschiedenen Honigsorten spiegelt sich die Blütenvielfalt von Zell und Gronaus im Jahresverlauf wider.“
Brigitte Schneiders Feigen gingen buchstäblich weg wie warme Semmeln. Darüber hinaus hatte sie Gelees und Marmeladen aus Brombeeren, Pflaumen, Kiwis und Pfirsichen eingekocht und Liköre aus den eigenen Obstsorten in Fläschchen gefüllt. Marianne Waldmann-Henkel hatte ganze Paletten mit zertifizierte Bio-Obst aus Ober-Hambach (Erzeugnisse aus ökologischem Landbau) mit nach Zell gebracht: pralle, goldgelbe Quitten, alte und neue Apfelsorten wie Gravensteiner, Glockenapfel oder Gold-Parmäne, zusätzlich Birnenmus und Säfte.
Seit vielen Jahren beim Dorfmarkt präsent ist der als „Eier Klaus“ bekannte Zeller Landwirt Klaus Schwinn, der gemeinsam mit Partnerin Elvira Hohberger Bauernbrot aus dem Holzbackofen, frische Hühnereier sowie Kartoffeln und Nudeln im Angebot hatte. Ganz nebenbei gab das Paar den Termin für seinen Martinsmarkt am 15. November auf dem eigenen Hof bekannt, zu dem es schon jetzt einlädt.
Am Stand von Steffen Mößinger kam ebenfalls kaum ein Besucher vorbei und sowohl die kleinen als auch die großen Marktbummler staunten über die dargebotene Vielfalt an schmackhaften Produkten. Mehr als 20 alte, aber auch neue heimische Apfelsorten waren im Angebot, viele von ihnen sucht man heute vergebens in den Auslagen von Supermärkten. Auch Birnen, Quitten und Kürbisse hatte Mößinger gesammelt und gepflückt. „Die Apfelernte war in diesem Jahr sehr gut“, verriet er den Fragestellern.
Ein weiteres Highlight des Dorfmarkts war zweifelsfrei Mößingers beeindruckende Obstausstellung mit Erzeugnissen unter anderem vom Vereinsgelände des Obst- und Gartenbauvereins. Auch dort gab es 30 und mehr Sorten von Äpfeln, kleine, große, rötliche, grüne, verschrumpelte und glänzende, zu bestaunen. Auf Infotafeln stand Wissenswertes über Herkunft, Aussehen und Geschmack unter anderem von Retina, Oldenburg, Schafnase, Alkmene, Uta, Alexander Lucas und Graf von Breitenbach.
Beim Dorfmarkt mit dabei waren neben der kompletten Familie Herpel – von der Schwägerin bis zur Oma – mit Herbsterzeugnissen und Drechselarbeiten, der Verein Genial Regional mit gesundem Superfood in Dosen, Kastanien- und Honigbier, die Nabu-Ortsgruppe Meerbachtal mit Samen von Wildblumen-Mischungen für jeweils passenden Bodenbeschaffenheiten und dem neuen Jahreskalender 2026 sowie der Schafhof Meerbachtal. Letzterer hatte neben kuscheligen Fellen, Bettdecken und Kissen drei Schafe mitgebracht, die sich - völlig unbeeindruckt von den umstehenden Bewunderern- nicht aus der Ruhe bringen ließen.
Währenddessen ließ Walter Bitsch aus Heppenheim an seiner Drechselbank unentwegt die Späne fliegen. In einer kleinen Ausstellung zeigte er selbstgemachte Produkte aus heimischem Holz wie dekorative Schalen und Dosen, Küchenutensilien, Kreisel und Kugelschreiber. Beate Klein aus Rodau, die sich selbst als Sammlerin und Jägerin bezeichnet, hatte in den Wochen vor dem Dorfmarkt auf Wiesen, Feld und im Garten fleißig Ausschau gehalten und aus natürlichen Materialien eine ganze Reihe bunter Herbstgestecke und Kränze geflochten und gefertigt. „Ich habe einen festen Kundenstamm, der mich begleitet“, freute sich die Naturliebhaberin, die selbst Lampen, Töpfe und Espressotässchen in ihre Kreationen integriert.
Im Obergeschoss des Dorfgemeinschaftshauses lud traditionell nicht nur ein gemütliches Café zur Kaffeepause ein, dort stellten auch Kunsthandwerkerinnen und -handwerker ihre Unikate aus, darunter Gestricktes, Gehäkeltes, Floristik, Grußkarten, Schmuck und ein Häkel-Zoo mit über 50 Kuscheltieren. Seit acht Jahren, so verriet Maria Sylvia Meyer aus Lampertheim lachend, vertreibe sie sich die Zeit vor dem Fernseher mit Häkeln.
Veranstaltet wird der Zeller Dorfmarkt, der vor mehr als 20 Jahren vom Ortsbeirat ins Leben gerufen wurde und sich zu einem Erfolgsmodell mit eigenem Charakter entwickelt hat, inzwischen von der SKG Bensheim-Zell.
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