Bensheim. Bauvorhaben gleichen in der heutigen Zeit einem langen Spießrutenlauf gegen vielfältige Widerstände. Neben der Versiegelung weiterer unbebauter Flächen, kommen seltene Eidechsen oder andere schützenswerte Tiere und der Verlust von wertvollem Baumbestand ins Spiel und schließlich sind es die befürchteten Beeinträchtigungen der Anwohner durch Baufahrzeuge, Lärm, Verkehrshindernisse. Bevor der erste Bagger seine Arbeit aufnimmt, muss Kommunalpolitik viele Hürden aus dem Weg räumen und eine möglichst breite Zustimmung in der Bevölkerung suchen.
Kein einfaches Unterfangen, wie die SPD vor ihrer wöchentlichen Fraktionssitzung im Rahmen eines Ortstermins am Dienstag einmal mehr erfahren konnte. Treffpunkt war auf dem Wendehammer am Mönchbachweg mit Anwohnern aus dem neuen Wohnquartier Eulergelände . Thema war die Bebauung des rund 15.000 Quadratmeter großen Anwesens rund um die Villa Eulennest . Aktuell sind dort, wo künftig sechs Stadtvillen entstehen können ein großer Park mit altem Baumbestand.
Bürger sorgen sich um Verkehr und alte Bäume
Der seit 18. März 2011 rechtskräftige Bebauungsplan für die weitere Bebauung war ein Kompromiss, der zwischen dem Eigentümer des Geländes und der Stadt geschlossen wurde. Damals war man froh, dass sich jemand der denkmalgeschützten Villa Eulennest angenommen hatte, die lange leer gestanden hatte und zunehmen vom Verfall bedroht war. Allerdings wurden die ursprünglichen Pläne des Eigentümers, hier selbst zu wohnen und die auf dem Grundstück vorhandene ebenfalls denkmalgeschützte Remise als Pferdestall zu nutzen so nicht genehmigt. Im Interesse des Erhalts des Kulturdenkmals, in dessen Sanierung der Eigentümer immerhin über zwei Millionen Euro investiert hatte, und ihn mit dieser Investition nicht im Regen stehen zu lassen, hatte die Stadtverordnetenversammlung im November 2009 der ersten Änderung des seit Oktober 2002 rechtskräftigen Bebaungsplans „Villa Eulennest“ zugestimmt. Diese geänderte Fassung ist seit 18. März 2011 rechtskräftig.
Neben dem zwangsläufigen Verlust von Bäumen auf dem weitläufigen Areal liegt das größere Problem für die Bewohner des Eulergeländes bei der geplanten Zufahrt für die Baufahrzeuge. Die soll angeblich über den Mönchbachweg erfolgen, was nicht nur als erhebliche Beeinträchtigung, sondern auch als Gefährdung der zahlreichen Nutzer dieses Weges. Nicht nur Kinder und Jugendliche seien hier auf ihrem Weg zu Schule unterwegs, auch durch Radfahrer und Senioren werde der Weg inzwischen stark frequentiert.
Zufahrt über Mönchbachweg sorgt für Kritik
Für die Anwohner ist es schwierig, dafür Verständnis aufzubringen, da eine Zufahrt auf das Baugelände von der Heidelberger Straße aus, von wo später auch die Erschließung der Stadtvillen erfolgen soll, deutlich einfacher und störungsfreier wäre.
Dem Bensheimer Architekten Sanjin Maracic fiel beim Betrachten der Planzeichnung auf, dass die dort festgelegten zu erhaltenden Bäume nicht zu den jeweiligen Baufenstern der Gebäude passen, da es zum Teil an erforderlichen Abständen mangle.
Geschichte der Villa Eulennest
- Die Villa Eulennest wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Wilhelm Euler für seinen Sohn erbaut.
- Sie entstand im frühen Landhausstil mit typischen Merkmalen von Metzendorf – einem gegliederten Baukörper, Erkern, Vorsprüngen, Türmchen und floralen Verzierungen.
- Nach langjährigem Leerstand ab 1984 war das Gebäude stark vom Verfall bedroht.
- Die Villa wurde bis zu ihrem Tod im Jahr 1989 von Beatrice Euler, der Ehefrau von Will Euler, bewohnt.
- Zwischen 2010 und 2012 ließ der neue Eigentümer die Villa umfassend sanieren und investierte dabei über zwei Millionen Euro.
- Bei der Sanierung wurden ein verlorener Giebel rekonstruiert und die ursprüngliche Parkanlage wiederhergestellt.
- Der seit 2011 rechtskräftige Bebauungsplan gilt als Kompromiss zwischen Stadt und Eigentümer. Auf dem rund 15.000 m² großen Gelände sollen künftig sechs Stadtvillen entstehen.
- Heute ist die Villa Eulennest ist wieder ein architektonisches Schmuckstück und Beispiel gelungener Denkmalpflege.
Auch wies er auf eine möglicherweise lange Bauzeit hin, denn es handelt sich bei den zu veräußernden Grundstücken um eine hochwertige Lage. Die Grundstücke fangen bei rund einer Million Euro an und dann kommen noch die Kosten der Immobilie dazu. Bis jetzt sei gerade mal ein Grundstück verkauft, rechnet Maracic mit einer Bauzeit von „mindestens zehn Jahren“.
Fraktionsvorsitzender Jürgen Kaltwasser dankte abschließend den Anwohnern für die vielen Anregungen und Hinweise, die man mitnehme und in der Fraktion sowie mit dem neuen Baudezernenten und den Koalitionspartner besprechen werde.
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