Winzerfest

Gebietsweinprobe in Bensheim begeistert mehr als 500 Gäste

Im ausverkauften Bürgerhaus wurden am Freitagabend zwölf Bergsträßer Weine verkostet. Drei Weinexpertinnen übernahmen die Moderation

Von 
Eva Bambach
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Ausgelassene Stimmung bei der Bergsträßer Gebietsweinprobe am Freitag im Bürgerhaus. © Thomas Zelinger

Bensheim. Mehr als 500 Menschen im ausverkauften Bürgerhaus und rund zweieinhalb Stunden beste Unterhaltung rund um den Wein – die traditionelle Bergsträßer Gebietsweinprobe 2025 im Bürgerhaus Bensheim zeigte sich auf der Höhe ihres Erfolgs in der Zeit vor der Pandemie.

Moderiert wurde die Veranstaltung von drei souverän präsentierenden und fachlich fundierten jungen Frauen und zugleich amtierenden oder ehemaligen Weinhoheiten: Charlotte Freiberger-Rabold war Gebietsweinkönigin der Hessischen Bergstraße 2016/17 und Deutsche Weinprinzessin 2017/18 und ist seit fast zehn Jahren für die Auswahl und Bestellung der Probenweine zuständig. Katja Simon war Gebietsweinkönigin Hessische Bergstraße 2024/25 und wird vielleicht sogar die kommende Deutsche Weinkönigin. Mit Chiara Fischer war auch die frisch gekrönte Bergsträßer Weinkönigin 2025/26 auf der Bühne. Im Hintergrund, dennoch von nicht zu unterschätzender Wirkung agierte Alleinunterhalter Thomas Röth und temperierte die Stimmung mit einer oft rein instrumentalen, aber auch immer wieder gesanglich unterstützten Mischung von Evergreens.

Der Gewürztraminer ist eine echte Diva

Unter dem Motto „Unser Bergsträßer Wein – so vielfältig und fein!“ war die Probe keine akademisch-konzentrierte Veranstaltung, sondern vor allem auch eine stimmungsvolle Vorbereitung auf den Besuch im Winzerdorf. Es galt geschmacklich einige neue Wein-Erfahrungen zu machen und zwischen den selbst mitgebrachten, oft zudem überaus dekorativen Leckereien auch manches Wissenshäppchen zum Thema Wein mitzunehmen.

Der Gewürztraminer ist eine Diva, was das Wetter betrifft, war zum Beispiel zu erfahren. Regnet es während der Blüte, gibt es schlimmstenfalls überhaupt keine Ernte. „Aus wirtschaftlicher Sicht dürfte man den Gewürztraminer eigentlich gar nicht anbauen“, sagte Charlotte Freiberger-Rabold. Das Weingut ihrer Familie habe 2024 nur 300 Liter von dieser Rebsorte ernten können – auf einer Fläche, die im Jahr 2023 noch 1500 Liter geliefert habe.

Ein Thema, das in den letzten Jahren eigentlich bei keiner Weinprobe fehlt: Die neu gezüchteten, pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (PIWI) und die mit Sorten wie Souvignier Gris, Cabernet Blanc Solaris oder Calardis verbundenen Hoffnungen. Doch gab es auch ein Plädoyer für die traditionellen Sorten wie den Riesling, der dieses Jahr seinen 590. Geburtstag gefeiert hat: Die erste schriftliche Erwähnung der Rebsorte stammt vom 13. März 1435.

Die Sprache kam auch auf die Besonderheit des Roten Rieslings als vermutlicher Mutation des weißen Rieslings mit seiner erhöhten Widerstandskraft gegen zu viel Sonne und Fäulnis. Ebenfalls eine Mutation: Der Graue Burgunder, bei dem der aufmerksame Besucher eines Weinbergs die genetische Veränderung mitunter sogar an den Beeren einer einzigen Traube sehen kann – mit weißen, „grauen“ und dunkelroten Schalen.

„Was mache ich mit so einem Wein?“, frage man sich oft, wenn man es mit einem markanten, nach Rosen duftenden Gewürztraminer zu tun habe, für den Charlotte Freiberger-Rabold eine Lanze brach, insbesondere, wenn er trocken ausgebaut ist – „dann wird man nicht so schnell satt davon“. Er passe nicht nur ans Ende einer Weinfolge, sondern eigne sich auch sehr gut als Essensbegleiter zu würzigen Gerichten, regte sie an.

300 Familien liefern ihre Trauben bei der Winzer eG ab

Die Informationen kreisten aber nicht nur um Weinwissen, sondern auch um die örtliche Winzerszene. Nur der große Wunsch von Christina Koob, eine Straußwirtschaft zu eröffnen, führte letztlich zur Gründung des gleichnamigen Weinguts in Heppenheim vor einigen Jahren, war unter anderem zu hören. Denn um eigenen Wein ausschenken zu können, muss man ihn auch anbauen und erzeugen. Bilder von der ersten Zeit des Ausschanks in einer hergerichteten Garage zeugten von den ersten Schritten des inzwischen etablierten Weinbau-Unternehmens. Ebenfalls in Heppenheim ansässig ist der größte Weinproduzent an der Bergstraße: Bei der Gebietswinzergenossenschaft liefern 300 Familie ihre Trauben ab – um die 230 Hektar werden bewirtschaftet. Dagegen nehmen sich die 18 Hektar, die von Michael und Sebastian Jäger für das Weingut Jäger und das Weingut der Stadt Bensheim bescheiden aus – und sind doch eine für hiesige Weingüter überaus beeindruckende Größe.

„Was ist Wein für euch?“, fragte Charlotte Freiberger-Rabold, indem sie durch die Tischreihen ging. Das Publikum war um Antworten nicht verlegen: „Genuss“, „Lebensfreude“, „Poesie in Gläsern“, „Kulturlandschaft“ – „und immaterielles Weltkulturerbe der Unesco“ ergänzte die Fachfrau. Sie machte sich für einen moderaten Weingenuss und regionale Weine stark und drückte ihre Sorge wegen der zunehmenden Stigmatisierung aus, die Wein auf seinen Alkoholgehalt reduziert betrachte. Sie beklagte die restriktive Alkoholpolitik auf Bundes- und EU-Ebene und warb für die von Verbänden der europäischen Weinwirtschaft getragene Bewegung „Vitaevino“ für die Bewahrung der Weinkultur.

„Wein verbindet halt“, sagte Chiara Fischer bei ihrem Dank an das Publikum am Ende der Veranstaltung augenzwinkernd in Bezug auf die manchmal etwas lauteren Gespräche im Saal. Bürgermeisterin Christine Klein hatte unter den vielen Gästen unter anderem die Hessische Staatsministerin Diana Stolz, die Landtagsabgeordnete Birgit Heitland, Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert und natürlich die Fraa vun Bensem sowie Thomas Herborn für den Vorstand des Verkehrsvereins begrüßt. Es sei schön, dass es so viele junge Winzerinnen und Winzerinnen gebe – und darunter so viele Frauen, wie zum Beispiel die allesamt mit Leidenschaft und großem Können im Weinbau tätigen drei Moderatorinnen des Abends. Die Bürgermeisterin dankte den vielen Mitwirkenden, darunter den 34 ehrenamtlich Ausschenkenden von der Trachtengruppe der SKG Zell und dem Odenwaldklub Auerbach sowie dem Team vom Parktheater, das für den reibungslosen Ablauf und die Technik gesorgt hatte.

Von Auxerrois bis Weißherbst



Folgende Weine wurden bei der Weinprobe paarweise verkostet:

  • Secco Verde (Weingut J. Faber) – 2023 Crémant Gabriele Brut (Weingut Amthor)
  • 2024 Rosé Gutswein trocken (Weinhaus Mohr) – 2024 Auerbacher Fürstenlager Cabernet Sauvignon Weißherbst QbA trocken (Weingut Hanno Rothweiler)
  • 2022 Bensheimer Kirchberg Spätburgunder QbA trocken (Weingut der Stadt Bensheim) – 2023 Centurio QbA trocken (Bergsträßer Winzer eG)
  • 2023 Heppenheimer Centgericht Grauburgunder QbA trocken (Hessische Staatsweingüter Domaine Bergstraße) – 2024 Alsbacher Schöntal Auxerrois QbA trocken (Weingut Simon-Bürkle)
  • 2024 Calardis Blanc QbA trocken (Weingut Dingeldey) – Heppenheimer Gewürztraminer Spätlese trocken Weingut H. Freiberger)
  • 2024 Heppenheimer Roter Riesling Kabinett feinherb (Weinbau Koob) – Bensheimer Streichling Riesling Spätlese (Weingut Schloss Schönberg)

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