Mitgliederversammlung

Frauenhaus Bergstraße braucht dringend mehr finanzielle Unterstützung

Von 
Jeanette Spielmann
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Das Vorstandsteam des Vereins Frauenhaus Bergstraße (vorn, v.l.): Renate Tietz (Schriftführerin), Vorsitzende Martina Evertz, Stellvertreterin Konstanze Hiemenz sowie hinten (v.l.) Edeltraud Lubda (Kasse) und Maria Heeß (Beisitzerin). © Thomas Neu

Bensheim. „Frauen und Männer, die von Gewalt betroffen sind, brauchen schnelle, unbürokratische Hilfe sowie qualifizierte Beratung und Unterstützung“ ist auf der Website des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu lesen. Im Weiteren werden die rund 400 Frauenhäuser, Schutz- und Zufluchtswohnungen sowie die rund 750 Fachberatungsstellen bei Gewalt gegen Frauen aufgelistet.

Das kling zunächst ganz positiv, doch die meisten dieser Einrichtungen würden durch das ehrenamtliche Engagement vieler Frauen überhaupt nicht funktionieren. Das ist auch im Kreis Bergstraße so, wo sich der Verein Frauenhaus Bergstraße seit über drei Jahrzehnten mit dem Thema Gewalt gegen Frauen auseinandersetzt. Im kommenden Jahr wird das 1988 in Bensheim in Betrieb genommene Frauenhaus seinen 35. Geburtstag feiern können.

In den vergangenen drei Jahrzehnten sind die Aufgaben des Vereins immer größer geworden, doch die finanzielle Unterstützung ist nicht mitgewachsen – und das macht dem Verein zunehmend Probleme, wie auch in der Mitgliederversammlung am Dienstagabend deutlich wurde.

Großes Lob für Christine Klein

Wie von Martina Evertz, die im Oktober des vergangenen Jahres den Vorsitz des Vereins von Christine Klein übernommen hat, zu hören war, laufen seit Anfang des Jahres Gespräche und Verhandlungen mit dem Landratsamt über die notwendigen Finanzierungsmittel – bisher ohne ein Ergebnis.

Ein großes Lob und Respekt hatte die Vorsitzende auch für ihre Amtsvorgängerin, die 19 Jahre lang die Arbeit des Vereins ehrenamtlich geführt hatte, denn die mit der hauptamtlichen Halbtagskraft Angelika Frank besetzte Geschäftsstelle gibt es erst seit zwei Jahren. „Es ist mir ein Rätsel, wie Christine Klein das in der Vergangenheit ohne Geschäftsstelle gemacht hat“, verdeutlichte Evertz das umfangreiche Aufgabengebiet.

Das reicht vom Erstellen von Wirtschaftsplänen, Abrechnungen, Berichten und Statistiken über die Akquise von Geldern, Personalführung, Erarbeitung von Konzepten und Besprechungen bis zu Vertragsverhandlungen mit dem Landratsamt, Neue Wege und alles, was das Gebäudemanagement abverlangt. Sie sei „gekommen, um zu bleiben“, berichtete Angelika Frank von ihrer vielfältigen Tätigkeit, die sie als eine zentrale Leitstelle bezeichnete, die verbinde und koordiniere.

Zwar hat der Kreis die Einrichtung und Besetzung der am Hospitalbrunnen gelegenen Geschäftsstelle mit einem jährlichen Zuschuss von jeweils 35 000 Euro ermöglicht, aber der war auf drei Jahre begrenzt und reicht eben nur für eine Halbtagsstelle. Ohne diese Befristung würde sich der Verein besser fühlen.

Denn schon jetzt ergibt sich für das kommende Jahr ein Finanzierungsdefizit in Höhe von 143 000 Euro, da die Fördermittel von Land und Kreis für den Betrieb des Frauenhauses und der Beratungsstelle nicht ausreichend sind und bei den zusätzlichen Einnahmen durch Bußgelder, Spenden und sonstigen Zuwendungen ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen ist.

Diese Erkenntnis erschreckte bei der Mitgliederversammlung auch die stellvertretende Vorsitzende Konstanze Hiemenz, die für die verhinderte Kassenwartin Brigitte Schmitt-Drawitsch die Zahlen für das vergangene Jahr mitteilte. So haben sich beispielsweise die Einnahmen aus Bußgeldern im Vergleich zum Vorjahr nahezu halbiert, ebenso sind die Zuschüsse und Spenden zurückgegangen und auch Erbschaften gab es nicht.

Deutlich zugenommen hat dagegen die Arbeit in der Beratungsstelle. So hat sich nicht nur die Anzahl der Klientinnen gegenüber dem Vorjahr von 101 auf 109 erhöht und wird angesichts der aktuellen Zahlen von bisher 105 Klientinnen in diesem Jahr nicht weniger werden. Auch die von der Polizei übermittelten Kontakte haben sich gegenüber 2020 mehr als verdoppelt. Für Hannah Esken-Pabst zeigt das zwar die positive Entwicklung bei der Zusammenarbeit mit der Polizei, verdeutliche aber auch einen erhöhten Arbeitsaufwand als Interventionsstelle. Denn diese pro-aktive Tätigkeit müsse priorisiert erfolgen, da bei Gericht ein Eilantrag auf Kontakt- und Annäherungsverbot oder Wohnungszuweisung nur in einem kurzen Zeitfenster von zwei Wochen möglich ist.

„Bewegtes, lebendiges Jahr“

Von einem „bewegten, lebendigen Jahr mit Umbrüchen, Abschieden und Neuanfängen“ berichtete Mitarbeiterin Andrea Schilling, denn die aktuelle Sanierung des Frauenhauses unter laufendem Betrieb sei eine große Herausforderung. Dennoch sei man bisher gut durchgekommen, da das Projekt auch von den Bewohnerinnen mitgetragen wurde. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 22 Frauen und 34 Kinder aufgenommen, wobei das Alter der Frauen zwischen 22 und 39 Jahren lag. Dank sagte sie am Dienstagabend auch den Deutschlehrerinnen, die seit über 15 Jahren mitarbeiten.

Über die Abschiede der beiden langjährigen Mitarbeiterinnen Edeltraud Lubda (Buchhaltung) und Sozialarbeiterin Iris Tremel (Frauenhaus) hatte Vorsitzende Evertz auch in ihrem Bericht hingewiesen. Ebenso erwähnt hatte sie den Neuanfang in dem neuen Pavillon auf dem Gelände, in dem seit Februar vier Büroräume sowie ein schöner Aufenthalts- und Besprechungsraum die Arbeit wesentlich erleichtern.

Der einstimmigen Entlastung des Vorstandes stand im Verlauf der Versammlung nichts im Wege und auch die erforderlichen Neuwahlen für Teile des Vorstandes waren schnell erledigt. Brigitte Schmitt-Drawitsch hat sich als Kassenwartin zurückgezogen, arbeitet aber künftig als Beisitzerin weiter im Vorstand mit. Für die Aufgaben der Kassenführung konnte zu großen Freude der Vorsitzenden die frühere Buchhalterin des Vereins, Edeltraud Lubda, gewonnen werden.

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