BENSHEIM. Mit Susanne Rohn konnte Mitorganisator Gregor Knop beim Auftakt der 18. Bachtage im Kreis Bergstraße eine der namhaftesten deutschen Organistinnen in der Michaelskirche begrüßen. Die aus Waldshut stammende Endfünfzigerin wirkt bereits seit über einem Vierteljahrhundert höchst erfolgreich als Kantorin an der Bad Homburger Erlöserkirche. Daneben war sie von 2006 bis 2009 Professorin für Chorleitung an der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf; seit 2011 hat sie einen Lehrauftrag für Dirigieren an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität.
Monumentale Orgelfantasie, die nur selten zu erleben ist
Rohns Bensheimer Programm enthielt als besonderes Highlight Franz Liszts monumentale Orgelfantasie „Ad nos, ad salutarem undam“, die zu den romantischen Gipfelstücken des Genres gehört und wegen ihrer enormen Anforderungen nur äußerst selten zu erleben ist.
Am Anfang stand natürlich Johann Sebastian Bach, aus dessen einzigartig ergiebigem Orgelschaffen Susanne Rohn eine ebenso facettenreiche wie effektvolle Auswahl zusammengestellt hatte. Schon im klangprächtigen F-Dur-Werk BWV 540 mit seiner virtuosen Toccata und seinem süffigen Fugenfinale ließ ihr ungekünstelt klares und vitales Spiel keinerlei Wünsche offen.
Zu einer atmosphärisch dichten Suite formten sich die sechs beredt tönenden Orgelbüchlein-Choräle „Christ lag in Todesbanden“, „Jesus Christus, unser Heiland“, „Christ ist erstanden“, „Erstanden ist der heilig Christ“, „Erschienen ist der herrliche Tag“ und „Heut triumphieret Gottes Sohn“ (BWV 625 bis 630).
Als aparte Rarität erfreute zwischen der Toccata und den Chorälen das einsätzige kleine G-Dur-TrIo BWV 586, dessen Nähe zu den großen Triosonaten die Organistin überaus spritzig hörbar machte. G-Dur bedeutete hier wie fast immer bei Bach gute Laune pur.
Franz Liszts 1850 entstandene c-moll-Fantasie über den Choral „Ad nos, ad salutarem undam“ aus Giacomo Meyerbeers 1849 uraufgeführter Erfolgsoper „Le Prophète“ markierte nichts weniger als die eigentliche Geburtsstunde der sinfonischen Orgelmusik.
Ein Werk von solchen Dimensionen und mit derartigen technischen wie expressiven Ansprüchen hatte es für die „Königin der Instrumente“ noch nie gegeben. Kompromisslos übertrug der Komponist seine pianistische Virtuosität auf die Orgel und entfaltete daneben auch noch ein wahrhaft episches Ausdruckspanorama voll exquisitester Harmonien. Susanne Rohns begeisternd stilkundige, formbewusste und temperamentsstarke Interpretation lieferte 35 Minuten Liszt-Faszination par excellence. Souverän verdichtet bereits der sehr genau phrasierte wie artikulierte Eingangsteil, unsentimental verinnerlicht das wunderbar kontemplative Fis-Dur-Adagio, furios gesteigert die von einer mächtigen C-Dur-Apotheose gekrönte Schlussfuge: Liszt als Orgelmeister in packendster Vergegenwärtigung.
Dafür gab es von den rund 50 Besuchern in der Michaelskirche zu Recht lang anhaltende Ovationen.
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