Infrastruktur

Viele offene Fragen bei der Flurbereinigung in Bensheim

Im Ausschuss wurde darüber diskutiert, ob das Verfahren für das Teilgebiet Hemsberg/Hahnberg fortgesetzt werden soll. Unwägbarkeiten bei der Finanzierung.

Von 
Jeanette Spielmann
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Mit der Flurbereinigung soll die maschinelle Bewirtschaftung der Weinberg-Flächen an der Bergstraße durch eine Verbesserung der Erschließung sowie der Erhalt der Trockenmauern erreicht werden. © Thomas Neu

Bensheim. Der Bergsträßer Reben- und Blütenhang ist eine Jahrhunderte alte Kulturlandschaft, an deren Erhaltung ein breites öffentliches Interesse besteht. Neben der Erhaltung des Weinbaus, geht es dabei auch um die Förderung des Fremdenverkehrs und den Erhalt der ökologischen Vielfalt. Diese hat sich in den vergangenen Jahrzehnten allerdings durch den Rückzug des Weinbaus aus den wirtschaftlich ungünstigen Steillagen und den weitgehenden Verzicht auf die obstbauliche Nutzung der Flächen verändert. Die ungenutzten Flächen verbuschen zunehmend und Brachflächen nehmen überhand.

Um dem entgegenzuwirken wurde 2012 das Flurbereinigungsverfahren mit den Teilgebieten Hemsberg und Hahnberg in Bensheim, Alte Burg in Zwingenberg und Maiberg in Heppenheim in Gang gesetzt. Heppenheim ist aus finanziellen Gründen schon frühzeitig ausgestiegen, in Zwingenberg ist das Verfahren inzwischen abgeschlossen und in Bensheim geht es aktuell um die Entscheidung, ob und wie es weitergeht oder ob das Verfahren eingestellt werden soll.

Darüber wurde Anfang der Woche zu Beginn der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusse gemeinsam mit den Mitgliedern des Bau-, Umwelt- und Planungsausschusse diskutiert. Mit dabei waren vom zuständigen Amt für Bodenmanagement in Heppenheim auch Abteilungsleiter Manfred Bräuer und Jörg Ritter.

Stadt müsste aktuell mit Kosten in Höhe von rund einer Million Euro rechnen

Das Teilgebiet Hemsberg mit dem an Heppenheim angrenzenden Anhang Hahnberg hat eine Größe von 59 Hektar mit einer sehr kleingliedrigen Aufteilung. Es beinhaltet etwa 530 Flurstücke von rund 300 Eigentümern und wird von circa 30 Winzern und Landwirten bewirtschaftet. Mit der Flurbereinigung soll vor allem die maschinelle Bewirtschaftung der Flächen durch eine Verbesserung der Erschließung sowie die Erhaltung der Trockenmauern erreicht werden. Mögliche Maßnahmen sind auch eine eventuelle Zusammenlegung von Flächen und die Sicherung und Entwicklung von Biotopen. Eine Bewässerung der Weinbergflächen ist nicht vorgesehen.

Wie von den Fachleuten des Amtes für Bodenmanagement ausgeführt, haben sich in den vergangenen Jahren die Kosten für die Maßnahmen steil nach oben entwickelt. War vor 13 Jahren noch von 1,5 Millionen Euro die Rede, lag man 2019 bereits bei 2,4 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr war man schon bei 3,5 Millionen Euro angekommen mit der Tendenz zu aktuell 4 Millionen Euro.

Da sich die Stadt Bensheim gleich zu Beginn des Verfahrens - wie auch Zwingenberg - dazu verpflichtet hat, den Eigenanteil der Kosten, der üblicherweise von den Grundstückseigentümern zu zahlen wäre, zu übernehmen, müsste die Stadt nach aktuellem Stand mit rund einer Million Euro Kosten rechnen. Bei einer Umlegung der Kosten auf die Eigentümer wäre mit rund 2500 Euro pro 1000 Quadratmeter zu rechnen.

Für Stadtrat Daum war die Aufteilung der Kosten wichtig

Da das Amt für Bodenmanagement in Heppenheim in den vergangenen Jahren vor allem mit Personalwechseln und Personalreduzierung zu kämpfen hatte, was einen erheblichen Verfahrensstau mit sich brachte, wäre mit einer Fortsetzung des Verfahrens frühestens Ende des kommenden Jahres zu rechnen. Eine weitere Unwägbarkeit, so Bräuer, wäre die Finanzierung, denn die Flurbereinigungsbehörde ist vom Geldgeber abhängig und wieviel Mittel die EU, der Bund und das Land tragen, die zusammen 75 Prozent der Verfahrenskosten übernehmen, ist noch offen. Dennoch sei ein Signal aus Bensheim, ob das Verfahren weiterbetrieben werden soll, wichtig.

Wie die Diskussion in der gemeinsamen Ausschusssitzung zeigte, ist für die Kommunalpolitik der Informationsstand noch zu dünn, um eine Entscheidung zu treffen. So wies Thomas Götz als Vorsitzender des Bauausschusses auf die Vielzahl der rund 60 Maßnahmen hin, deren jeweilige Einzelkosten für eine Entscheidung hilfreich wären. „Ungern stoppen“ würde CDU-Fraktionschef Bernhard Stenger das Projekt. Für ihn wäre interessant zu wissen, ob es angesichts der kleinteiligen Parzellen Interesse bei den Eigentümern gibt, Flächen zusammenzulegen.

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mg/ü
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Vor dem Hintergrund der Absatzschwierigkeiten im Weinbau war es für Birgit Rinke (Grüne) wichtig zu wissen, wie groß überhaupt das Interesse der Bewirtschafter und Eigentümer an der Maßnahme ist. Ihre Fraktionschefin Doris Sterzelmaier gab zu bedenken, dass bei einer Fortführung des Verfahrens mit der ersten größeren Rechnung in fünf Jahren zu rechnen sei und damit eine weitere Preissteigerung zu erwarten sei.

Auch für Ersten Stadtrat Frank Daum war die Aufteilung der Kosten auf die einzelnen Maßnahmen wichtig. Außerdem machte er darauf aufmerksam, dass außerdem die Sanierung und Sicherung der vorhandenen Trockenmauern notwendig werden, die dann allerdings ohne Fördermittel finanziert werden müssten. Angesichts der vielen offenen Fragen hielt auch Daum seitens des Amtes für Bodenmanagement noch Antworten erforderlich, um seitens der Verwaltung eine überarbeitete Beschlussvorlage zur Verfügung stellen zu können. Das sah auch Bernhard Stenger so: „Eine neue Vorlage ist besser als ein Schnellschuss“.

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