Bensheim. Neue Argumente? Gab es nicht wirklich. Weitreichende Änderungsvorschläge? Ebenfalls nicht. Über die neue Satzung samt Gebührenerhöhungen der Stadtbücherei hatten sich eben schon zwei Fachausschüsse eifrig ausgetauscht (wir haben berichtet).
In der Stadtverordnetenversammlung vertrat CDU-Fraktionschef Tobias Heinz daher im Namen der Koalition die Meinung, dass man über den Tagesordnungspunkt nicht mehr debattierten müsse und ohne Aussprache abstimmen könne. „Es ist alles gesagt worden, nur eben nicht von jedem“, assistierte Tobias Fischer (FDP) dem Bündnis-Partner.
In der Opposition bewertete man das Anliegen jedoch anders. „Es wäre nur fair, wenn wir die Reden, die vorbereitet worden sind, auch halten können“, argumentierte Norbert Koller (BfB). Für Peter Leisemann (FWG) war es wichtig, dass alle ihre Meinung kundtun können. Auch Doris Sterzelmaier (Grüne) äußerte sich entsprechend. Rolf Kahnt (Vernunft und Augenmaß) befand, dass man sich über die „brisanten Punkte“ austauschen solle, zumal die Gäste nicht alle Details kennen würden.
Kein Verständnis bei der FDP
Und so begab es sich im Bürgerhaus, dass eine dritte Runde eingeläutet wurde, am Endergebnis änderte das erwartungsgemäß nichts. Franz Apfel (BfB) erläuterte den Änderungsantrag seiner Fraktion, Inhaber der Bensheim-Karte (unter anderem Leistungsempfänger nach Sozialgesetzbuch oder Asylbewerber) von der Anhebung auszunehmen. Man wolle damit ein klares soziales Signal setzen. Eine Erhöhung der Jahreszahlung für Erwachsene, wie von der Koalition gefordert, lehnte die BfB ab.
Sibylle Becker (CDU) bekannte, dass die Diskussionen in den Ausschüssen die Koalition dazu veranlasst habe, den eigenen Änderungsantrag zu überarbeiten (wir haben berichtet). Für die SPD bedankte sich Adriana Filippone für den regen Austausch mit der Stadtbücherei. „Wir hoffen nun, dass eine Mehrheit mit dem Änderungsantrag zufrieden ist.“
Thorsten Eschborn (FDP) verwies auf die weiteren Satzungen der Stadt Bensheim mit ähnlichen Formulierungen wie im ursprünglichen Vorstoß des Bündnisses. Er persönlich können nicht nachvollziehen, warum jetzt Wörter gestrichen würden, die in anderen Fassungen stünden. „Wenn das aber Unbehagen in der Verwaltung oder in der Bücherei hervorrufen sollte, können wir meinetwegen darauf verzichten.“ Die Aufregung in den Sitzungen könne er nach wie vor nicht verstehen.
Für die FWG sprach Peter Leisemann von einem wertvollen Beitrag für das Bildungssystem, den die Stadtbibliothek leiste. Seine Wählergemeinschaft würde dieses Angebot gerne kostenlos zur Verfügung stellen, aber das gebe die Haushaltslage nicht her. Mit dem Änderungsantrag von CDU, SPD und FDP konnte er indes weniger anfangen, die zunächst vorgelegte Version lasse vermuten, dass man nicht unbedingt gewusst habe, was man beantrage. „Eine Nacht vorher drüber schlafen, bevor etwas veröffentlicht wird, hilft manchmal“, riet Leisemann.
Hanns-Christian Wüstner führte für die Grünen etwas weiter aus. Der allgemeine Bildungsauftrag verbiete es, Kosten für die Nutzer beliebig in die Höhe zu schrauben. Besonders die derzeitige Situation, die von Inflation und Steigerung der Energiekosten geprägt ist, belaste viele Familien schwer. Grundsätzlich müsste die Bibliothek noch mehr beworben und der Zugang einfacher gemacht werden.
Die Grünen lehnen auch aus diesem Grund jede Gebührensteigerung in der Stadtbücherei ab, so Wüstner, der abschließend sein Unverständnis über den Koalitionsantrag zum Ausdruck brachte.
Rolf Kahnt (Vernunft und Augenmaß) begrüßte den Vorschlag der Bürger für Bensheim. „Bildung sollte nach Möglichkeit kostenfrei sein.“ Die konkreten Gebührenerhöhungen könne er dennoch nachvollziehen, sei jedoch kein großer Freund davon. Dass Auswärtige in der Stadtbibliothek mehr zahlen sollten, sei nicht vermittelbar. Schließlich gehe es immer darum, die Innenstadt zu beleben. Die 23 Euro seien zu hoch.
Gleiches gelte für die Säumnisgebühren. Zumal ein Eintreiben wohl kaum möglich sei. Darauf hatte Jurist Thorsten Eschborn bereits hingewiesen. „Wenn sich jemand ein Buch ausleiht, müssen wir doch froh sein, wenn er darin liest, dass er sich weiterbildet“, meinte Kahnt weiter. Und das könne eben ein bisschen länger dauern. Darauf müsse die Bücherei flexibel reagieren und nur einen einzigen Säumnisbetrag erheben.
Am Ende der Debatte gingen die Abstimmungen ohne Überraschungen über die Bühne. Die Koalition setzte sich unter anderem mit der Erhöhung der Jahresgebühr für Erwachsene durch. Der Antrag der BfB, die Inhaber der Bensheim-Karte nicht mehr zu belasten, erzielte ein einstimmiges Votum. Die Grünen lehnten alle Anhebungen ab. Und alle Beteiligten dürften erleichtert sein, das Kapitel zum Abschluss gebracht zu haben – für die einen mit mehr, für die anderen mit weniger Happy End.
Die jährlichen Einnahmen erhöhen sich nach Auskunft des Eigenbetriebs Stadtkultur durch die Beschlüsse um rund 2300 Euro. Die Berechnung berücksichtige allerdings keine möglichen Abwanderungen durch die Gebührenerhöhungen, so die Verantwortlichen.
Aktuell verzeichnet die Stadtbibliothek 3093 aktive Lesekonten, sprich gültige Bibliotheksausweise. In dieser Zahl inbegriffen sind Konten, die Ausleihen und Rückgaben verzeichnen, aber auch solche, die ausschließlich für die „Onleihe“ verwendet werden.
Im vergangenen Jahr besuchten 33 267 Personen laut Eigenbetrieb die Stadtbücherei. Bedacht werden muss aber, dass 2021 die Einrichtung wegen der Pandemie zwölf Wochen geschlossen war. In diesem Jahr werden mehr als 50 000 Besucher erwartet.
Stadtbücherei: Diese Gebühren werden ab Januar erhöht
Die Jahresgebühr für Kinder und Jugendliche (sechs Euro) wird nicht erhöht.
Auf Antrag der Koalition aus CDU, SPD und FDP wurde aber eine Erhöhung der Gebühr für Erwachsene aus Bensheim (von 17 auf 18 Euro) und für Auswärtige (von 22 auf 23 Euro) beschlossen.
Für die Quartalskarte (drei Monate gültig), bisher als „Schnuppercard“ geführt, sollen ab dem 1. Januar sieben statt fünf Euro fällig werden.
Die Ausstellung eines Ersatzausweises bei Verlust des alten könnte auf sechs Euro angehoben werden. Bisher zahlen Erwachsene fünf Euro, Kinder und Jugendliche 2,50 Euro. Weil der Aufwand bei der Ausstellung eines neuen Ausweises aber gleich hoch ist, egal, ob es sich um die Erwachsenen- oder Kindervariante handelt, soll es nur noch eine Gebühr geben.
Wer sich ein Medium vormerken lassen will, wäre ab Januar mit 1,50 Euro (statt einem Euro) dabei. Die Druck- und Kopierkosten will die Bücherei ebenfalls erhöhen, von 10 auf 20 Cent bei A 4 und von 20 auf 40 Cent bei A 3.
Vorgeschlagen wurde darüber hinaus eine Verteuerung der Jahresgebühr für Inhaber der Bensheim-Karte. Das betrifft Asylbewerber, Freiwilligendienstleistende, Schwerbehinderte und Leistungsempfänger nach Sozialgesetzbuch.
Von 7,50 sollte es auf acht Euro gehen. Allerdings wurde dieser Punkt auf Antrag der BfB einstimmig gestrichen.
Die Jahresgebühr für Erwachsene in den weiteren Büchereien im Kreis zum Vergleich: Heppenheim und Lampertheim 15 Euro, Viernheim 16 Euro sowie Zwingenberg zwölf Euro.
Die Mahngebühren für das Überschreiten der Leihfrist wurden auf Antrag der Koalition zwar nicht erhöht, aber die Formulierung, ab wann wie viel zu zahlen ist, vereinfacht. Ab dem ersten Tag wird pro Medium ein Euro fällig, mit Beginn der zweiten Woche sind es drei Euro, ab Beginn der dritten Woche fünf, ab der vierten Woche zehn und ab der fünften Woche 15 Euro pro Medium. dr
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