Musiktheater Rex

Eine Reise in selige Rockzeiten im Bensheimer Rex

Von 
Thomas Wilken
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Die Band Purpendicular mit Deep-Purple-Schlagzeuger Ian Paice trat am Donnerstag im Musiktheater Rex auf. © Thomas Zelinger

Bensheim. Deep-Purple-Coverbands gibt es wie Sand am Meer. Nur wenige können von sich behaupten, eigene CDs eingespielt zu haben. Noch weniger, nämlich genau eine, hat ein „livehaftiges“ Mitglied des Originals in ihren Reihen: nämlich Purpendicular. Die Gruppe war jetzt im sehr gut besetzten Musiktheater Rex zu Gast. Am Schlagzeug: Ian Paice.

Der 75-Jährige ist die einzige Konstante bei der immer noch aktiven britischen Hardrock-Legende. Gitarristen, Bassisten und Sänger kamen und gingen, einer ist seit Beginn im Jahr 1968 dabei: Paice. In der Coverband ist er genauso aktiv, wie man ihm vom Original kennt: Stoisch spielt er seinen Part runter, gibt den Takt vor, hält die Stücke zusammen. Ohne großen Firlefanz.

Deep Purple zieht immer

Der irische Sänger Robby Thomas Walsh ist Kopf der 2007 gegründeten Truppe. Durch seinen Kontakt zum Schlagzeuger stieg der als festes Bandmitglied ein und tourt nun mit den Epigonen, wenn seine standardmäßige Band gerade mal Pause hat. Die war vor nicht allzu langer Zeit auch in Deutschland unterwegs.

Die alten Deep-Purple-Klassiker ziehen immer, wie man an der Zahl der Gäste sieht. Andere Coverbands ohne Paice können sich nicht über so viele Zuschauer freuen. Die wiederum kriegen nicht nur Altbewährtes zu hören (oder im Falle von „Child in Time“ sogar nicht), sondern auch Whitesnake-Songs. Denn bei der Nachfolgeband um David Coverdale schwang Ian Paice von 1979 bis 1982 ebenfalls die Schlagstöcke.

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Der Einstieg ist ganz klassisch mit „Highway Star“. Das folgende „Walking in the Shadow of the Blues“ von Whitesnake als druckvoller Stampfer findet sich nicht unbedingt bei einer Deep-Purple-Coverband. Auch das danach gespielte „Hush“ aus den Anfangsjahren mit der Mark I-Besetzung wird eher selten angestimmt. Bei allen zeigt Walsh, dass er es stimmlich draufhat und auch in Höhen kommt, die Originalsänger Ian Gillan längst nicht mehr schafft.

Die beiden eigenen Stücke von Purpendicular, „Human Mechanic“ und „No one’s getting out alive“, klingen nach den späteren Deep Purple, schaffen es aber nicht ganz, deren Intensität zu erreichen. Sie fügen sich trotzdem gut in die Setliste ein.

Deshalb: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Sprich: Gut gecovert ist manchmal besser als unbedingt was Eigenes schreiben zu wollen.

Natürlich auch "Smoke on the water"

„Lazy“ und auch „Black Night“ gehören auf jeden Fall zum Repertoire einer Coverband, die was auf sich hält. Die Gruppe trifft auf ein dankbares Publikum, das jeden Refrain aus voller Kehle mitsingt und sich gern zu Mitgröl-Aktionen animieren lässt. Das ist auch gut so, denn außer dem immer aktiven Walsh gibt es zu viel Statik auf der Bühne.

Natürlich haben es die Musiker drauf, allen voran Gitarrist Herbert Bucher. Doch das Keyboard-Gitarren-Battle, wie man es von Jon Lord und Ritchie Blackmore kennt, fehlt – ebenso wie der stimmliche Wettstreit von Ian Gillan mit der Gitarre. Der Funke springt nicht wirklich über – aber ist den Fans auch egal. Die schwelgen in seligen Erinnerungen an vergangene Jahrzehnte – am besten noch an die glorreiche Zeit Anfang/Mitte der 70er Jahre.

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Das Instrumentalstück „Pictured Within“ ist Original-Keyboarder Jon Lord gewidmet, der leider schon 2012 mit 71 Jahren starb. Das hört man sonst nie und ist eine wirkliche Bereicherung. Mit „Perfect Strangers“, schon bei den ersten Orgeltönen mit Jubel begrüßt, blickt die Band auf den Titelsong nach der Wiedervereinigung der Mark II-Besetzung 1984.

Nicht gespielt wird das Lied, das der Band seinen Namen gab: „Purpendicular“, der Titelsong des 1996er-Albums. Das über 50 Jahre alte „Space Truckin‘“ knallt richtig rein, ehe dann „die“ Deep-Purple-Hymne schlechthin als letzter Song des regulären Sets ansteht: „Smoke on the Water“, mit dem sich die Band 1972 unsterblich machte. Das wird natürlich beim Refrain exzessiv mitgesungen.

Logisch, dass danach nicht Schluss sein kann, wenn die Stimmung am Überschwappen ist. „Stormbringer“, der einzige Song an dem Abend von der Mark III-Besetzung mit David Coverdale am Mikro, fängt alle wieder ein und begeistert mit dem kraftvollen Ausdruck trotz sparsamer Instrumentierung. Ein schöner Abschluss.

Freier Autor Freier Journalist für Tageszeitungen im südlichen Kreis Bergstraße und Odenwaldkreis

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