Kunstfreunde Bensheim

Pures Dvorák-Glück zum Saisonstart im Parktheater Bensheim

Es war ein grandioser Saisonauftakt mit dem Signum-Quartett und Pianist Alexander Lonquich im Parktheater.

Von 
Klaus Ross
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Das Signum Quartett und Pianist Alexander Lonquich eröffneten die 77. Konzertsaison der Kunstfreunde Bensheim. © Zelinger

Bensheim. Als Stammgäste der Kunstfreunde sind das 1994 gegründete Signum-Quartett und der deutsche Pianist Alexander Lonquich dem hiesigen Publikum bestens vertraut. Beim Auftaktkonzert der 77. Saison präsentierten sie sich im zu knapp zwei Dritteln gefüllten Parktheater erstmals mit einem gemeinsamen Programm, das Werke für Streichquartett und für Klavierquintett kombinierte.

Die aktuelle Signum-Besetzung ist seit 2016 zusammen: Neben den Gründungsmitgliedern Annette Walther (2. Violine) und Thomas Schmitz (Violoncello) gehören dazu der aus Kapstadt stammende Bratscher Xandi van Dijk (seit 2007 dabei) und der zuletzt hinzugekommene Primarius Florian Donderer (Ex-Konzertmeister der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen).

Herausragende Erfolge feierte das Signum-Quartett in jüngster Zeit besonders mit seinen Schubert-Aufnahmen, denen 2019 und 2024 der Opus Klassik für die „Kammermusik-Einspielung des Jahres“ zugesprochen wurde. Eindrucksvolle Belege für den sehr individuellen und differenzierten Schubert-Ton der Gäste lieferte im Parktheater der eröffnende c-moll-Quartettsatz D 703 von 1820, dessen charakteristische Dramatik dank sorgfältigster Detailarbeit wunderbar unverschwitzt und ganz ohne Forciertheiten herauskam. Auch mit seiner dynamischen und melodischen Nuancierungskunst setzte das perfekt harmonierende Ensemble gestalterische Maßstäbe.

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Leos Janáceks einzigartiges tönendes Liebesbekenntnis namens „Intime Briefe“ (Streichquartett Nr. 2 aus dem Todesjahr 1928) profitierte ebenfalls enorm vom bei aller Emotionalität stets souverän durchdachten und daher nie platt effekthascherischen Zugriff der Signum-Crew. So konnte sich die ungemein kontrast- und farbenreiche Rhapsodik des genialen Klangrhetorikers aus Brünn mit einer Klarheit und Vielschichtigkeit entfalten, der man gerade bei diesem häufig gespielten und gerne hitzig zugespitzten Spätwerk nicht allzu oft begegnet. Mehr noch: Diese exzeptionell genaue und transparente Interpretation ließ Janáceks zeitlose Modernität so erhellend hervortreten, dass der Zuhörer seine Sinne für die kühnen Details der „Intimen Briefe“ neu schärfen konnte.

Zwischen Schubert und Janácek hielten Alexander Lonquich und das Signum-Quartett mit Anton Weberns einsätzigem Klavierquintett von 1907 eine echte Kunstfreunde-Erstaufführung parat. Der zwischen erregten Aufschwüngen und fragilen Träumereien pendelnde Viertelstünder verrät zwar formal durchaus noch Brahms-Einflüsse, ist aber vor allem in seiner avancierten Harmonik deutlich dem Lehrer Schönberg verpflichtet. Die fünf Klangzauberer zelebrierten den nervös schweifenden Jahrhundertwende-Sound des singulären Frühwerkes in schier sensationeller Feinabstimmung und machten so aus dieser Bensheimer Webern-Premiere ein kleines Repertoire-Ereignis.

An Spielfreude kaum zu überbieten

Pures Dvorák-Glück bescherte das unwiderstehlich inspirierte Fünfergespann nach der Pause mit seiner an Spielfreude und Ausdrucksemphase kaum überbietbaren Wiedergabe des im Jahre 1887 entstandenen zweiten Klavierquintetts A-Dur opus 81. Wer noch kein restlos begeisterter Fan von Komponist und Stück war, sollte es hier endgültig geworden sein. Mehr lyrische und tänzerische Verzückung als bei Alexander Lonquich und dem Signum-Quartett ging nun wirklich nicht.

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ts/red
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Jeder der vier Sätze ein Füllhorn liebevoll vertiefter Einzelheiten, getragen von wahrhaft sinfonischem Atem, gekrönt durch organisch integrierte Soli des Pianisten wie der Streicher: Für die entsprechende Euphorie ihres Bensheimer Publikums dankten die Musiker mit einer Wiederholung des zu den mitreißendsten Dvorák-Hits zählenden Scherzo-Ohrwurmes. Dieser grandiose Saisonauftakt hätte ein ausverkauftes Parktheater verdient gehabt.

Freier Autor Besprechung klassischer Konzertveranstaltungen seit über drei Jahrzehnten (darunter als Schwerpunkte das umfangreiche regionale Kirchenmusikangebot sowie die renommierten Kammermusikreihen der Kunstfreunde Bensheim und von Forum Kultur Heppenheim)

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