Bensheim. Für das dritte Konzert der 19. Bachtage im Kreis Bergstraße hatten die Blockflötistin Monika Hölzle-Wiesen und der an Cembalo wie Orgel aktive Propsteikantor Christian Mause ein reizvolles Vater-Sohn-Programm mit Werken von Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel Bach konzipiert. Diese spannende Kombination lockte am Muttertag trotz schönsten Frühsommerwetters immerhin gut 50 Besucher in die Auerbacher Bergkirche. Beide Komponisten waren mit Stücken für Altblockflöte und Cembalo vertreten, apart ergänzt durch unbekannte Orgelmusik des zweitältesten Bach-Sohnes (1714-1788). So ergab sich eine passende Gelegenheit, den Klang der frisch renovierten Bergkirchen-Orgel endlich wieder repräsentativ zu erleben.
Wie effektvoll das eigentlich für Traversflöte gedachte Duo-Repertoire beider Bachs auch und gerade auf der charakteristisch warm tönenden Altblockflöte herauskommen kann, machte Monika Hölzle-Wiesen bereits in Johann Sebastians eröffnender C-Dur-Sonate BWV 1032 (original A-Dur) gewinnend deutlich. Das Zusammenspiel mit ihrem ebenbürtig gewandten Cembalopartner wirkte mustergültig ausbalanciert – namentlich in den superb schwungvoll pulsierenden Ecksätzen. Den „Largo e dolce“ bezeichneten c-moll-Mittelsatz formten Hölzle-Wiesen und Mause zu einem veritablen lyrischen Juwel.
Ähnlich inspiriert gelang dem stilsicheren Duo die ans Ende des Programms gestellte g-moll-Sonate BWV 1020, die lange für ein Werk Carl Philipp Emanuels gehalten wurde. Schon der weiträumige polyphone Gestus des vital entfalteten Kopfsatzes allerdings ließ Johann Sebastians mutmaßliche Autorschaft plausibel genug erscheinen. Auch das von pastoralem Charme erfüllte Es-Dur-Adagio und der vor virtuoser Spielfreude schier überschäumende Finalsatz bezeugten höchstes kompositorisches und interpretatorisches Niveau.
Mit ihren Ausflügen zum einst als Pionier seiner Zunft gefeierten zweitältesten Bach-Sohn lieferten Monika Hölzle-Wiesen und Christian Mause den Beweis, dass dessen immer noch vernachlässigtes Oeuvre jede Menge Entdeckungen bereithält. Ebenso eloquenten wie eleganten Drive verlieh Mause der Prinzessin Anna Amalia von Preußen gewidmeten g-moll-Orgelsonate Wq 70/6 (1755), die trotz der vom Komponisten bewusst ausgesparten Pedalstimme packende klangliche Faszinationskraft entwickelte. An der exzellent überholten Bergkirchen-Orgel schien dieser gerade im Es-Dur-Adagio schon frühklassisch gefärbte Dreisätzer zudem ideal platziert.
Mit bestem Gespür für anmutiges Rokoko-Kolorit kosteten Hölzle-Wiesen und Mause die wohl um 1747 entstandene D-Dur-Sonate Wq 83 aus, die neben wunderbar leicht- und eingängigen Ecksätzen ein wahrhaft schwärmerisch ausgesungenes d-moll-Largo zu bieten hatte. Weitere Fundstücke aus der Feder des zu Lebzeiten mehr Ruhm als sein Vater genießenden Bach-Sohnes sind nach diesen konzertanten Delikatessen erst recht erwünscht. Als Zugabe erklatschte sich das Publikum in der Auerbacher Bergkirche noch ein echtes Schmankerl mit Sopranblockflöte: Monika Hölzle-Wiesens eigene feine Duo-Fassung des populären Adagio-Mittelsatzes aus Johann Sebastian Bachs reich verziertem Cembalo-Arrangement BWV 974, das wiederum auf dem d-moll-Oboenkonzert von Alessandro Marcello basiert.
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