Bensheim. Roswitha von Hagke ist Juristin in der Abteilung Spenderbetreuung und Legatemarketing bei der Christoffel-Blindenmission. Im Mehrgenerationenhaus der Caritas hält sie in diesem Sommer drei Gastvorträge zu Themen des Nachlasses und der Vorsorgeverfügung. Am Dienstagabend ging es zunächst um den digitalen Nachlass. Neben dem Vortrag bestand die Möglichkeit, individuelle Fragen zu klären, und sich mit ausgelegtem Infomaterial über die Thematik zu informieren.
„Das Internet vergisst nichts, auch über den Tod hinaus“, eröffnete die Referentin ihre Präsentation und rief die Zuhörer dazu auf, zu Lebzeiten festzulegen, was mit den Daten und in sozialen Netzwerken angelegten Profilen geschehen und wie mit im Internet geschlossenen Verträgen und Rechtspositionen umgegangen werden solle.
Jahrelang ungeklärt
Nachdem der Punkt in der Rechtsprechung jahrelang ungeklärt war, gilt seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2018, dass der digitale Nachlass wie der materielle Nachlass behandelt wird. Im Sinn einer Universalsukzession gehe im Erbfall nach § 1922 Absatz 1 des BGB das Vermögen des Erblassers als Ganzes auf seine Erben über, erklärte die Referentin – und damit seien nicht nur alle Rechte, sondern auch alle Pflichten des Erblassers gemeint. Das umfasse auch etwaige Verbindlichkeiten des Erblassers.
Deshalb gelte es, es seinen Erben so leicht wie möglich zu machen, seine Aktivitäten im Internet zu verfolgen – um zum Beispiel bestehende Verträge auffinden und kündigen zu können. Eine aktuell gehaltene Liste mit Zugangsdaten und Passwörtern sei sehr hilfreich.
Dazu gebe es Dienstleistungen wie digitale Schließfächer oder IT-Spezialisten, meist kostenpflichtig und auch mit der Gefahr des Missbrauchs verbunden. Google etwa biete Konto-Inaktivitätsmanager an, bei dem an einen festgelegten Empfängerkreis Nachrichten geschickt werden, wenn das Konto länger ungenutzt bleibt. Dabei kann auch bestimmt werden, wer von diesen Personen Zugriff auf das Konto erhalten soll. Allerdings geht keine Inaktivitätswarnung heraus, bevor nicht der Kontoinhaber selbst noch einmal per SMS oder E-Mail informiert wurde.
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Eine gute Datenhygiene umfasse neben der Liste mit Accounts und Nutzernamen auch Regelungen im Rahmen eines etwaigen Testaments mit einer solchen Liste als Anhang und mit der genauen Angabe, welche Daten gelöscht oder in den Gedenkstatus versetzt werden sollten, welche Verträge gekündigt werden sollten – und vor allem auch, wer diese Aufgabe übernehmen solle. Denn die beauftragte Person müsse der Sache auch gewachsen sein, so dass es besser sein könne, zum Beispiel anstelle eines Ehemanns, der den sonstigen Nachlass antrete, speziell für diese Frage die mit dem Internet gut vertraute Tochter einzusetzen.
Ans Herz legte die Referentin den Zuhörern das Erstellen einer digitalen Vorsorgevollmacht. Dabei sei darauf zu achten, dass eine solche ausdrücklich als trans- und postmortale Vollmacht ausgestellt werden müsse, da sie sonst automatisch mit dem Tod erlösche. Auf alle Fälle sei es nicht ausreichend, die Daten auf der Festplatte zu löschen oder diese mechanisch zu zerstören. Denn das digitale Erbe ist umfangreich und betrifft nicht nur Programme und Spiele auf dem eigenen Computer.
Zu denken ist auch an sämtliche Hardware wie Tablets und Smartphones sowie alle Speichermedien wie USB-Sticks oder externe Festplatten und natürlich externe Server. Am aufwendigsten dürfte sich die Sorge um Daten im Internet gestalten. Darunter fallen Daten bei Facebook, Whatsapp, Twitter und E-Mail-Anbietern, aber auch Kundenkonten bei Online-Banken und -Bezahldiensten, bei Online-Shops oder Streaming-Portalen.
Caritas-Mitarbeiterin Stefanie Burdow dankte der Referentin für ihren Vortrag und wies auf die kommenden Veranstaltungen hin, darunter der Vortrag von Roswitha von Hagke am 9. August um 18.30 Uhr, bei dem es um die Frage der Vorsorgevollmacht geht.
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