Bensheim. Laute Trommelschläge, Anfeuerungsrufe und dazu die Ahs und Ohs der Zuschauer, wenn der Ball ins Tor oder knapp daran vorbeifliegt: So lässt sich die Atmosphäre in der Weststadthalle beschreiben, wenn die Flames mal wieder ein Handball-Bundesligaspiel haben. Die Bindung zwischen der HSG Bensheim/Auerbach und ihren Fans resultiert nicht zuletzt aus der Nahbarkeit der Spielerinnen, wie am Samstagvormittag auf dem Marktplatz zu sehen war. Die Flames um Marketing-Chefin Lisa Mößinger hatten zur traditionellen Mannschaftsvorstellung geladen, bei der auch die Neuzugänge präsentiert wurden.
Konstanz gepaart mit punktueller Verstärkung: So lässt sich der Kader der Flames beschreiben. Im Tor spielen weiterhin Vanessa Fehr und Helen van Beurden. Ergänzt wird das Bensheimer Duo von der 17 Jahre alten Marlene Wagner, die bereits in der vergangenen Saison zum Kader zählte und von den beiden etablierten Torfrauen weiter lernen soll.
Eine starke Entwicklung hat auch Luisa Gürtelschmied hingelegt. Die 24 Jahre alte Bensheimerin ist im April ins Training eingestiegen, um den Ausfall von Linksaußen Ndidi Agwunedu (Kreuzbandriss) zu kompensieren. Überhaupt setzen die Flames in dieser Saison auf junge Spielerinnen. So war Neuzugang Neele Orth schon in den Juniorenmannschaften für Bensheim/Auerbach aktiv gewesen, ehe sie zum Kooperationspartner Mainz 05 wechselte. Jetzt hat sich die 22 Jahre alte Rückraumspielerin wieder den Flames angeschlossen. Nicht zuletzt deswegen, weil die Stimmung im Verein „sehr familiär“ ist, wie Orth sagte. Für Norma Goldmann war der Weg nach Bensheim hingegen weiter. Die 21 Jahre alte Schweizer Nationalspielerin war bis Ende des vergangenen Jahres für den schwedischen Club Kristianstad HK aktiv und spielt seit Januar für die Flames.
Erfahrung aus dem hohen Norden bringt auch Nyala Baijens mit. Die 23 Jahre alte Niederländerin hat bereits in Dänemark und Frankreich gespielt, wurde in den vergangenen Jahren aber immer von Verletzungen zurückgeworfen. Nun will die studierte Ernährungsberaterin bei den Flames durchstarten. Sympathiepunkte hat die junge Niederländerin schon jetzt gesammelt, indem sie sich vor den vielen Zuschauern auf Deutsch am Mikrofon vorstellte, obwohl sie sich in der Sprache noch nicht sicher fühle.
Bei den Flames dürfte Baijens schnell eine neue Heimat finden. Jedenfalls zeigt der Blick auf den Kader, dass viele Neuzugänge früher bereits für Bensheim/Auerbach aktiv waren und nun wieder zurückgekehrt sind. Die neue Trainerin Ilka Fickinger zum Beispiel hatte mehr als vier Jahre mit Heike Ahlgrimm an der Seitenlinie gestanden, ehe sie zu Mainz 05 wechselte. Es sei schon immer ihr Traum gewesen, einmal eine Bundesliga-Mannschaft zu coachen, sagte Fickinger über ihre neue Aufgabe als Cheftrainerin. Wegen der guten Stimmung in der Weststadthalle und den positiven Erinnerungen an die Bensheimer Zeit sei ihr die Rückkehr leichtgefallen.
Trotzdem dürfte es Fickinger in diesen Wochen alles andere als leicht haben. Zwar habe die Sportliche Leitung um Romina Heßler und Michael Geil den „größten Kader seit Jahren“ zusammengestellt, sagte Moderatorin Mößinger, allerdings sind viele Spielerinnen derzeit verletzt oder angeschlagen. Nationalspielerin Nina Engel, die in der vergangenen Saison zweitbeste Werferin der Bundesliga-Hauptrunde war (168 Tore), hat sich vor wenigen Wochen auf einem Lehrgang des Deutschen Handball-Bundes (DHB) einen Bruch des Mittelfingers zugezogen. Zudem kuriert die 23 Jahre alte Nele Wenzel, Neuzugang vom Zweitliga-Absteiger Bad Wildungen, derzeit einen Bruch des Kahnbeins (Hand) aus. Auch Kreisläuferin Isabell Hurst ist noch nicht fit und kämpft mit Rückenproblemen. Die Kreisläuferposition sei eine, auf der man „viel einstecken“ müsse und wo „geschlagen und gerissen“ werde, erläuterte Mößinger. Ein Ziel wollte Trainerin Fickinger wegen der vielen Ausfälle nicht ausrufen, zumal sich die Verteilung der Favoritenrollen nach dem Insolvenzantrag von Seriensieger HB Ludwigsburg noch ändern könnte. Der Kader ist jedenfalls auch nach dem Abgang von Sarah Dekker im Winter zum dänischen Champions-League-Teilnehmer Esbjerg gut besetzt.
Ein hochkarätiger Neuzugang ist Meike Schmelzer. Die 32 Jahre alte Nationalspielerin (117 Länderspiele) kommt vom rumänischen Club Dunărea Brăila und hat insgesamt vier Jahre in der rumänischen Liga gespielt. Zuvor war die Kreisläuferin sieben Jahre für den Thüringer HC unterwegs gewesen, wo sie dreimal die Deutsche Meisterschaft gewonnen hatte.
Der Anspruch der Flames an sich selbst ist nicht nur wegen dieses Transfercoups hoch. Die vergangene Saison haben sie auf Platz fünf in der Bundesliga abgeschlossen, dem zweitbesten Platz in der Vereinsgeschichte. Dazu waren sie im Viertelfinale der Europa League und haben die Bronzemedaille beim Final Four des DHB-Pokals gewonnen. Viel erfolgreicher hätte das Jahr also kaum laufen können.
Trotzdem gibt es Rückschläge. Lisa Friedberger, Kapitänin der Flames, hat sich im letzten Saisonspiel gegen den VfL Oldenburg einen Kreuzbandriss zugezogen. Die 28 Jahre alte Identifikationsfigur, die in ihre zwölfte Saison geht, sprach mit brüchiger Stimme, als sie erzählte, dass sie nicht wisse, wann sie zurückkehren werde. Sicher ist ihr hingegen die Unterstützung aus der Flames-Familie, die sie auf diesem Weg begleiten wird. Friedberger wäre jedenfalls nicht die erste Spielerin, die nach einer schweren Verletzung schneller zurückkehrt als gedacht. Mitspielerin Amelie Berger hatte sich im Februar 2024 das Kreuzband gerissen und es im Juli mit der Nationalmannschaft trotzdem zu den Olympischen Spielen in Paris geschafft. Es überraschte daher nicht, dass Friedberger abschließend sagte: „Ich komme zurück.“
So geht‘s weiter
Am 23. August (Samstag, 18 Uhr in der Weststadthalle) empfangen die Flames zur offiziellen Saisoneröffnung den LK Zug aus der Schweiz.
Das erste Spiel der Saison findet am 29. August (Freitag, 19.30 Uhr) bei der Sport-Union Neckarsulm statt.
Das erste Heimspiel startet dann am 6. September (Samstag, 18 Uhr) gegen Frisch Auf Göppingen.
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