Bensheim. Von Dirk Rosenberger
Bensheim. Es ist eine Premiere für Bensheim. Und dessen sind sich die Akteure auch bewusst. Zum ersten Mal wird in Bensheim die Kommunalpolitik maßgeblich von einer Deutschland-Koalition bestimmt werden. CDU, SPD und FDP unterzeichneten am Donnerstag erwartungsgemäß die zuvor ausgehandelte Vereinbarung für eine Zusammenarbeit.
„Wir sind uns als Partner nach intensiven Verhandlungen unserer Unterschiedlichkeit bewusst. Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass wir trotz verschiedener Schwerpunkte gemeinsam viel Gutes für Bensheim, für unsere Stadtgesellschaft bewirken können“, steht im Vorwort der 16 Seiten langen Zusammenschrift zu lesen.
Es sind Sätze, an denen sich das Bündnis bis zur Kommunalwahl 2026 messen lassen muss - was den Protagonisten durchaus klar ist. „Für die Stadtentwicklung ist es wichtig, dass man sich auf mehrere Jahre gemeinsame Ziele setzt und die dann auch von einer Mehrheit getragen werden“, bemerkte Tobias Heinz. Deshalb sei man zufrieden, dass man sich mit der SPD und der FDP auf eine Zusammenarbeit verständigen konnte.
Die Christdemokraten hätten damit gezeigt, dass man bereit sei, auf Neues und geänderte Verhältnisse einzugehen. Man müsse sich immer auf die aktuellen Herausforderungen einstellen, das habe man in der Vergangenheit getan und nun auch wieder. Die neue Koalition stehe nicht für ein „Weiter so“, sondern für einen Neuanfang mit zwei Partnern, die zum ersten Mal in einem Bündnis sind. „Das wird frischen Wind reinbringen“, so Heinz.
Wichtig sei, dass man sich nicht als feste Gruppe verstehe, die sich von allen anderen abschotte. Man werde den Kontakt zu den anderen Fraktionen suchen und auf sie zugehen, „um gegebenenfalls bei wichtigen Themen noch breitere Mehrheiten zu finden“. Heinz hofft, dass die anderen Fraktionen, die jetzt nicht in das Bündnis eingebunden sind, das „klassische Regierungs-Oppositions-Schema zu verlassen“. Besonder den Sozialdemokraten und Liberalen, die seit Jahrzehnten auf der Oppositionsbank Platz genommen haben, dürfte wenig daran gelegen sein, verhärtete Fronten aufzubauen.
Jascha Hausmann verdeutlichte im Gespräch mit dieser Zeitung, dass man nach dem Angebot der CDU vor der Entscheidung stand, entweder als wichtige Opposition „weiter wie in den vergangenen Jahrzehnten als Stachel diejenigen zu nerven, die gerade das Sagen haben. Oder ob man in einer Koalition das ein oder andere durchzusetzen oder zu verhindern versucht“. Am Ende des Tages gehe es der FDP darum, wie wirtschaftlich nachhaltig eine Stadt aufgestellt werde - damit auch in Zukunft irgendetwas von Substanz für die nächste Generation da sei.
Der SPD ging es nach Auskunft von Fraktionschefin Eva Middleton vor allem um die Verlässlichkeit der Partner und eine Vertrauensbasis. „Da sind wir zuversichtlich, die Gespräche sind gut gelaufen, wir gehen mit einem guten Gefühl rein.“ Für sie sei diese Dreier-Zusammensetzung die realistischste Konstellation gewesen. Bei den Verhandlungen habe man die Kompromissbereitschaft der Partner gespürt und das Bemühen um gute Lösungen.
Doch wie sehen diese Kompromisse und „guten Lösungen“ im Detail aus? Ein erster kurzer Überblick zu einigen Punkten:
Innenstadt: Für Tobias Heinz „ein Zeichen“, dass dies der erste inhaltliche Punkt der Vereinbarung ist. Als Koalition wolle man sehen, dass die Entwicklung vorangeht - Stichwort Marktplatz. „Dort muss sich baldmöglichst etwas bewegen.“ Festgelegt hat man, dass die Umgestaltung auf Grundlage des Ideenwettbewerbs erfolgen soll, einschließlich Gesamtkonzept. Durch Gastronomie und weitere Angebote auf dem Wochenmarkt soll eine Belebung erreicht werden.
Parkgebühren: Als „Signal an die Innenstadt“ wertet Jascha Hausmann, dass - wie berichtet - die Parkscheinautomaten am Rinnentor, in der Grieselstraße, der Neckarstraße, der Platanenallee und der Rodensteinstraße stillgelegt werden und dort künftig 30 Minuten kostenlos mit Parkscheibe geparkt werden kann. „Das rettet die Innenstadt nicht, ist aber ein wichtiger Punkt“, meinte der FDP-Vorsitzende.
Verkehr: Die Straßen und Radwege sollen weiter saniert werden, auch wenn die Straßenbeiträge abgeschafft wurden. Den Verkehrsentwicklungsplan will man zügig aufstellen „als umfassendes Konzept für Mobilität“. Für den Bereich des Euler-Geländes und die Friedhofstraße soll ein Verkehrskonzept erstellt werden. Mit der Anbindung des Neuwiesenfelds an die Westtangente möchte das Bündnis eine alte SPD-Forderung umsetzen. Geprüft wird zudem, wie die Wormser Straße entlastet werden könnte. Als Möglichkeiten werden eine Erweiterung der Bahnunterführung bei Sirona oder womöglich eine Verlängerung des Berliner Rings ins Spiel gebracht.
Sozialer Wohnungsbau: In Neubaugebieten sollen künftig 30 Prozent für sozialen und bezahlbaren Wohnraum reserviert werden - das gilt bereits für die Planungen auf dem Firmengelände von Sanner nach dem Umzug des Unternehmens. Wegfallende Belegungsrechte will man kompensieren, neue zusätzlich von der Stadt erworben werden. Besonders der SPD lag dieser Punkt am Herzen, wie Eva Middleton noch einmal bekräftigte.
Weiterer Bericht folgt
Kein Gegenwind aus den Parteien Bevor der Koalitionsvertrag ...
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