Rathaus

Die Bi-Flagge weht vor dem Bensheimer Rathaus

Von 
Dirk Rosenberger
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Am Freitag wurde in Bensheim die Bi-Pride-Fahne gehisst. Unser Bild zeigt (v.l.) Bürgermeisterin Christine Klein, Markus van den Boom, Leiter der Jugendförderung, Anna Dähn, Janik Hartnagel aus dem Team Soziales und Integration, Liane Molt und Frauenbeauftragte Marion Vatter. © Thomas Neu

Bensheim. Besser kann man eine Fahnenhissung wohl kaum orchestrieren. Kurz bevor am Freitag die Bi-Pride-Flagge in die Höhe gezogen wurde, kämpfte sich die Sonne durch die Wolken – um am Rathaus eine Aktion zu beleuchten, die unter einem besondern Licht steht.

Der 23. September wird seit 1999 international als Tag der Bisexualität gefeiert. In Bensheim hat sich Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Marion Vatter vor drei Jahren mit Unterstützung von Bürgermeisterin Christine Klein darum gekümmert, dass in der größten Stadt des Kreises „ein wichtiges Zeichen gesetzt wird. Wir stehen allen Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung offen gegenüber und bieten ihnen Hilfe und Unterstützung an“, betonte Vatter.

„Leider ein Tabuthema“

Bisher finde der „Tag der Bisexualität“ nur eine kleine mediale Bühne. Dabei seien Bisexuelle keine unerhebliche Minderheit, sondern 21 Prozent der deutschen Erwachsenen ordneten sich selbst diesem Spektrum zu, bei den 18- bis 24-Jährigen seien es sogar 39 Prozent.

„Es ist leider in der Gesellschaft nach wie vor noch ein Tabuthema, das aber dringend in die Öffentlichkeit gehört. Daher ist es gut, heute hier die Fahne zu hissen und damit einen Standpunkt zu vertreten“, bemerkte Bürgermeisterin Klein. Der Treffpunkt Queer sei „ein kleines Pflänzchen, das stetig wächst“. Sie dankte der Frauenbeauftragten für ihren unermüdlichen Einsatz.

Der vor einem Jahr gegründete Treffpunkt Queer hat seitdem eine gute Resonanz erfahren und über die Stadtgrenzen hinaus Beachtung gefunden. Es habe viele Nachfragen und Anfragen gegeben, andere Städte seien nachgezogen, so Marion Vatter. Im Kreis Bergstraße war Bensheim die erste Stadt mit einer Anlaufstelle für queere Menschen.

„Wir führen dort wundervolle Gespräche und haben einen kontinuierlichen Zulauf“, bestätigte die Frauenbeauftragte. Der Treffpunkt ist ein gemeinsames Projekt des Frauenbüros und Adinet Südhessen. Als eines von insgesamt vier Antidiskriminierungsnetzwerken in Hessen wird es von der Stabsstelle Antidiskriminierung des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration gefördert. Träger von Adinet Südhessen ist der Verein Fabian Salars Erbe.

„Wir sind keine Rand- oder Splittergruppe, sondern Teil der Gesellschaft, des bunten Blumenstraußes“, erläuterte Liane Molt, eine der regelmäßigen Teilnehmerinnen. Gottes Leben sei sehr vielfältig. Und das Leben werde sich auch immer durchsetzen. „Je größer der Widerstand, desto stärker wollen wir leben.“

Mit Unterstützung des Frauenbüros ist vor einigen Monaten auch ein Treff für Jugendliche ins Leben gerufen worden, der durch die Hessische Landesfachstelle „Queere Jugendarbeit“ des Hessischen Jugendrings für zunächst ein Jahr gefördert wird. Markus van den Boom, Leiter der Bensheimer Jugendförderung, und Paula Hille, zuständig für die inhaltliche Ausrichtung, freuen sich über die städtische Unterstützung.

„Hier entwickelt sich was“, berichtete van den Boom mit Blick auf die sechs bis acht jungen Menschen, die regelmäßig vorbeikommen. Auf deren Wunsch werden die Zusammenkunft nun vom Frauenbüro, der zu Beginn als Schutzraum notwendig und willkommen war, ins Jugendzentrum verlegt – und damit mehr in die Öffentlichkeit.

Neben dem offenen Treff laufen nun auch Beratungsgespräche an, weil sich mehr Jugendliche hilfesuchend an die Verantwortlichen wenden.

Jugendliche, die Interesse haben, können eine Mail an queerejugendbensheim@gmx.de schreiben oder sich per Direktnachricht über den Instagram-Account @queere.jugend_bensheim an das Organisationsteam wenden. Den Wert einer guten Jugendarbeit hob auch Anna Dähn hervor, die ebenfalls den Treffpunkt Queer besucht. „Wir wollen der Gesellschaft nichts überstülpen, aber zeigen, dass wir da sind.“

Marion Vatter appellierte zur Fahnenhissung an die Gesellschaft, toleranter und offener zu sein. „Wir sind alle gut, so wie wir sind.“ Sie bedankte sich zugleich bei Bürgermeisterin Klein für die Unterstützung und den Mitarbeitern im Rathaus, die für ihre Anliegen immer ein offenes Ohr haben.

Das verdeutlichte auch Janik Hartnagel aus dem Team Soziales und Integration. „Das Hissen der Flagge ist ein wichtiges Zeichen. Es signalisiert, dass queere Menschen Rückhalt in der Stadt finden.“

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