Kultur

Die Auerbacher Schlossfestspiele sind Geschichte

Die Hanauer Theaterproduktion Hoffmann-Wacker verkündet nach 18 Jahren das endgültige Aus für die beliebte Veranstaltungsreihe. Das finanzielle Risiko sei zu groß geworden.

Von 
Gerlinde Scharf
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18 Jahre lang gastierten die Schlossfestspiele auf der Auerbacher Burgruine – jetzt gaben die Veranstalter aus Hanau das Aus bekannt. © Sascha Lotz

Auerbach. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, erinnert sich Ingrid Hoffmann an ihren Besuch im Jahr 2003 auf dem Auerbacher Schloss. Ein Jahr später schon haben Ingrid Hoffmann und ihr Ehemann Franz Wacker von der gleichnamigen Theaterproduktion die Auerbacher Schlossfestspiele ins Leben gerufen.

Die Liebe der beiden Schauspieler und Theatermacher aus Hanau zum Schloss ist geblieben, die Freiluft-Festspiele aber wird es nicht mehr geben. Nach 18 Jahren - gespielt wurde unter erschwerten Bedingungen und mit einem ausgeklügelten Hygienekonzept auch während der Corona-Pandemie - ist endgültig Schluss.

2023 finden im Schlosshof keine Aufführungen mehr statt. „Es tut uns sehr leid. Wir sind unendlich traurig, aber die Vernunft lässt keine andere Entscheidung zu. Wir hätten gern noch weiter gemacht, aber es war finanziell nicht zu stemmen“, bedauern Hoffmann und Wacker ihren Rückzug.

Es wäre „ein zu großes Risiko gewesen, einfach so weiter zu machen wie bisher“, blickt das Ehepaar den Tatsachen ins Gesicht. Obwohl mit Sascha Stegner, einem jungen Schauspielkollegen, der in Auerbach in unterschiedlichen Rollen seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellen konnte und brilliert hat, ein Nachfolger für die Festspielleitung bereitstand, habe man sich einvernehmlich darauf geeinigt, das Kapitel Schlossfestspiele endgültig zu beenden. „Wir haben schließlich eine Verantwortung für den Kollegen. Deshalb haben wir abgeraten.“

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Somit verliert Bensheim eine Stück Kultur, das zwar über die Region hinaus gestrahlt hat, an der Bergstraße aber immer um Anerkennung buhlen musste und - unverdienterweise - ein wenig im Abseits stand.

Die Gründe für das endgültige Aus sind vielfältig. Es habe - unter anderem - an einer angemessenen Unterstützung durch die Stadt Bensheim gefehlt, sagt Ingrid Hoffmann, die sich mit Kritik nach wie vor schwertut und sich vorsichtig äußert („Es ist nicht optimal gelaufen, die Stadt war sehr zurückhaltend“) und vor allem ihre Dankbarkeit ausdrücken möchte.

Etwa gegenüber dem früheren Bürgermeister Rolf Richter, der eigene Ideen eingebracht hat, dann aber durch Corona und seine Abwahl ausgebremst wurde, ihrem ersten Ansprechpartner, Ex-Landrat Matthias Wilkes und Veranstaltungstechniker Egon Klüss gegenüber, der sogar bei Gastspielen ausgeholfen habe. Der städtische Bauhof schließlich habe die Kulissen zum Schloss transportiert und wieder dort abgeholt. „Aufgebaut haben wir Kulissen und Bühne allein.“

Nicht überall kam das Konzept gut an

Dass Bensheims Bürgermeisterin Christine Klein wie ihr Vorgänger die Schirmherrschaft über die Festspiele übernommen habe, stehe auf der Positiv-Seite, ebenso die ideelle und materielle Hilfe durch den Kultursommer Südhessen.

In der Nachbetrachtung sprechen Ingrid Hoffmann und ihr Ehemann von vielen „schönen und beglückenden Momenten“ und der „schmerzhaften Erkenntnis“, dass das Interesse von Sponsoren und Stadt nicht so groß war, dass ein „weiter so“ Sinn gemacht hätte. Zudem habe es an finanziellen Mitteln gefehlt, eine große Werbekampagne zu starten.

Bedanken möchte sich das Paar ausdrücklich bei Horst Knop von der TSV Auerbach, ohne den die Festspiele nicht möglich gewesen wären, dem Bergsträßer Anzeiger für die ausführliche Berichterstattung, dem Kur- und Verkehrsverein Auerbach und seinem früheren Vorsitzenden Wilfried Hamel sowie dem Rotary-Club.

„Leider ist es uns nicht gelungen, ein dichtes Netzwerk aufzubauen“, bedauern die Theaterprofis. Dass sie immer ihrem Konzept treu geblieben sind und den professionellen Schauspielnachwuchs gefördert haben, anstatt Stars zu engagieren, sei möglicherweise nicht bei allen gut angekommen. Die Rückmeldungen von den Zuschauern seien allerdings immer positiv gewesen.

Während Ingrid Hoffmann in vielen Stücken mitgespielt und oftmals die Hauptrolle übernommen hatte, war Franz Wacker als Regisseur meist hinter den Kulissen tätig. Die Aufführungen in den vergangenen 18 Jahren wie beispielsweise „Leonce und Lena“, „Amphitryon“, „Das Schwert Excalibur“, „Schinderhannes“, „Tartuffe“, „Endstation Sehnsucht“, „Glorious - oder die schlechteste Sängerin der Welt“ und zuletzt die „Kaktusblüte“ bleiben unvergessen.

Gespielt wurde jeweils - in Absprache mit der Pächterfamilie des Schlosses - an sieben bis acht Abenden im Juli und August. Bei schlechtem Wetter - die Ausnahme - zog man in die Theaterscheune um, und selbst während Restaurierungsarbeiten und Schloss-Baustellen wurden weiter gespielt. Flexibilität war gefragt.

In den ersten Jahren ab 2007 fanden am Sonntagnachmittag sogar Vorstellungen für Kinder - und unter Mitwirkung hiesiger Grundschüler - statt, etwa die „Zauberflöte“, „Rotkäppchen“ und „Das Dschungelbuch“.

Freie Autorin Seit vielen Jahren "im Geschäft", zunächst als Redakteurin beim "Darmstädter Echo", dann als freie Mitarbeiterin beim Bergsträßer Anzeiger und Südhessen Morgen. Spezialgebiet: Gerichtsreportagen; ansonsten alles was in einer Lokalredaktion anfällt: Vereine, kulturelle Veranstaltungen, Porträts. Mich interessieren Menschen und wie sie "ticken", woher sie kommen, was sie erreiche haben - oder auch nicht-, wohin sie wollen, ihre Vorlieben, Erfolge, Misserfolge, Wünschte etc.

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