Bensheim. Die „himmlische Nacht der Tenöre“ versprach eine Reise ins Mutterland der großen Opernkomponisten. Doch das Interesse im Parktheater hielt sich am Donnerstagabend sehr in Grenzen. Der Saal war nur spärlich besetzt, und nach der Pause sackte die Zahl der Zuhörer noch einmal etwas ab.
Ob der frühe Abschied mancher Gäste an der bisweilen durchwachsenen Qualität und bemühten Intensität der Stimmen lag, bleibt offen. Doch etwas mehr Klasse, Leichtigkeit und Esprit hätten dem Konzert samt dreiköpfigem Streichorchester und Piano-Begleitung sicherlich nicht geschadet. Clowneske Einlagen und angedeutete Tanzeinlagen wirkten eher hilflos und deplatziert. Nicht minder der gestisch erbettelte Applaus beim Auftritt der jeweiligen Solisten.
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Eine Wohltat für die Ohren war indes das Instrumentalquartett mit Neli Hazan (Violoncello) sowie Evgenia Palazova und Milena Ivanova an den elegant geführten Violinen, wobei das klangtechnisch bescheidene E-Piano von Valentina Vassileva-Filadelfefs dem klassischen Repertoire eine etwas billige Note verlieh. Ein Flügel hätte hier Wunder gewirkt. Doch mit Bachs berühmtem „Air“ aus der Orchestersuite Nr. 3 servierte das Ensemble trotz allem einen feinen instrumentalen Auftakt im Parktheater, wo die bulgarische Tänzerin Zoya Balkandhieva erfrischend dezent durch den Abend führte.
Die Tenöre Georgios Filadelfefs, Dimitar Zashev und Aleksandar Krunev sind musikalische Vollprofis mit festen Engagements an bulgarischen Opernhäusern und Philharmonien. Seit vielen Jahren gehen sie in alternierender Besetzung mit verschiedenen Programmen auf Tournee.
Rigoletto-Arie als Versöhnung
Mit „Questa o quella“ aus Verdis „Rigoletto“ erklang in Bensheim ein stimmlich elaborierter Auftakt voller Klangkultur und Harmonie, die sich bei fast allen im Trio inszenierten Stücken einstellte. So auch beim feingliedrig innigen „Ave Maria“ von Bach/Gounod und bei den zumeist lyrisch angehauchten Canzoni im zweiten Teil des Konzerts, wo die drei Tenöre häufiger gemeinsam auf der Bühne standen: Vor allem bei „Santa Lucia“ von Theodoro Cottrau sprang der Funke zum Publikum über.
Und auch die Rigoletto-Arie „La donna è mobile“ versöhnte einige Zuhörer abschließend mit dem Bensheimer Gastspiel, das mit bemerkenswerten Instrumental-Stücken punkten konnte.
Etwa dem Adagio von Tomaso Giovanni Albinoni oder Auszügen aus der Oper „Thaïs“ von Jules Massenet, die auch Einflüsse der italienischen Oper vom Ende des 19. Jahrhunderts aufweist. Auch Vittorio Montis bekannter „Csardas“ erzeugte im Parktheater einen Hauch von Feuer und Würze, die man sich während der grundsätzlich gelungenen Dramaturgie etwas häufiger gewünscht hätte. Die „Barcarole“ aus der Oper „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach war ein flottes Intro nach der Pause.
Sehr gefühlvoll, doch mit kräftiger Stimme trug Aleksandar Krunev das 1934 von Ernesto De Curtis komponierte „Non ti scordar di me“ („Vergissmeinnicht“) vor. Georgis Filadelfefs Interpretation von „Mille cherubini in coro“ (Wiegenlied) aus der Feder Franz Schuberts geriet zwar sanft und einfühlsam, doch offenbarten sich bei dem griechischen Sänger immer wieder technische Mängel und unsaubere Passagen, die dem Publikum nicht verborgen blieben.
1904 komponierte Ruggiero Leoncavallo das „Mattinata“, das er Enrico Caruso widmete. Gekonnt wurde das Werk mit kräftiger Akzentuierung von Aleksandar Krunev intoniert, dessen baritonal gefärbte Stimme auch höhere Sphären souverän und kraftvoll bewältigen konnte. Auch in Verdis „Nabucco“ war Krunev im letzten Jahr in der königlichen Titelrolle zu sehen und zu hören.
Mit seinem breiten Repertoire und der sehr flexiblen Stimme ist er eine ideale Besetzung für Opern-Best-ofs wie dieses. Der lyrische Tenor Dimitar Zashev beeindruckte mit einer schönen Version von „Core ‘ngrato” („Catarì, Catarì) des italienisch-amerikanischen Komponisten Salvatore Cardillo, das Enrico Caruso häufig gesungen und berühmt gemacht hat. Zashev verzichtete überdies auf jegliche hölzern komischen Elemente, was ihm über seine künstlerische Qualität hinaus gewisse Sympathien eingebracht hat.
Dass sich die drei Tenöre am Repertoire der drei großen Kollegen Plácido Domingo, Luciano Pavarotti oder José Carreras orientieren, ihr Programm aber auch am gesanglichen Ausdruck früherer wie zeitgenössischer Stimmen ausrichten, machte das Bensheimer Gastspiel zu einem inhaltlich kurzweiligen Konzertabend. Eine „himmlische Nacht“ war am Donnerstagabend allerdings nur im Freien zu erleben.
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