Sicherheit

Zunehmende Gewalt: Deeskalations-Training für Einsatzkräfte

Stadt Bensheim lädt Feuerwehren und Rettungsdienste zu Schulung ein. Warnzeichen von Konflikten rechtzeitig erkennen und Situationen realistisch einschätzen.

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Gewalt gegen Einsatzkräfte ist häufig, besonders betroffen sind Polizei, Feuerwehren und Rettungsdienste. Die Stadt Bensheim lädt Anfang November zu einer Flächenschulung im Parktheater ein. © picture alliance/dpa

Bensheim. Gewalt gegen Einsatz- und Rettungskräfte nimmt bundesweit zu. Laut dem Bundeslagebild des Bundeskriminalamts erreichte die Zahl der Übergriffe im Jahr 2023 einen neuen Höchststand. Besonders betroffen sind Polizei, Feuerwehren und Rettungsdienste. Diese Entwicklung zeigt, wie wichtig es ist, Einsatzkräfte im Umgang mit Extremsituationen zu stärken – mental, kommunikativ und praktisch.

Vor diesem Hintergrund lädt die Stadt Bensheim zu einer Flächenschulung für Einsatz- und Rettungskräfte ein: am 4. und 5. November, jeweils um 19 Uhr, im Parktheater Bensheim. Die circa zweistündige Schulung richtet sich an die Feuerwehren Bensheims, das Technische Hilfswerk, die Stadtpolizei, das Deutsche Rote Kreuz und weitere Hilfsorganisationen. Interessierte, die direkt im Einsatzgeschehen tätig sind, können sich über die Führung ihrer jeweiligen Hilfsorganisationen anmelden.

Ehemaliger Kreisbrandmeister bringt über 40 Jahre Erfahrung mit

Im Mittelpunkt der beiden Abende steht jeweils das Thema „Mental fit bleiben in Extremsituationen – Deeskalationstraining für den Einsatzalltag“. Dabei werden praxisnahe und sofort anwendbare Inhalte vermittelt: Die Teilnehmenden lernen, Frühwarnzeichen von Konflikten rechtzeitig zu erkennen und Situationen realistisch einzuschätzen, um im Ernstfall richtig reagieren zu können. Darüber hinaus werden konkrete Deeskalationstechniken vermittelt, die den Männern und Frauen helfen, in angespannten und gefährlichen Momenten sicher zu handeln und damit Eskalationen zu vermeiden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der mentalen Stärke: Wie bleibt man auch nach belastenden Einsätzen langfristig leistungsfähig, motiviert und psychisch stabil? Ziel ist es, den Helferinnen und Helfern Werkzeuge an die Hand zu geben, die sie im Einsatzalltag wie auch im persönlichen Umgang mit Stress und Belastung nachhaltig unterstützen.

Geleitet werden die Schulungen von Hermann Zengeler, Geschäftsführer von Brand Punkt. Er bringt über 40 Jahre Einsatzerfahrung mit: als langjähriger Stadtbrandinspektor in Bad Soden, Kreisbrandmeister im Main-Taunus-Kreis sowie Pressesprecher. Mit mehr als 10.000 Einsätzen im Rücken hat er sich zusätzlich psychologisch weitergebildet und arbeitet heute als selbständiger Coach.

Interner Workshop für Führungskräfte der Feuerwehren und Hilfsorganisationen

Wie aktuell und nah das Thema Gewalt gegen Einsatzkräfte ist, zeigt ein Vorfall während des diesjährigen Winzerfestes: Ein Mitarbeiter der Stadtpolizei wurde nach dem Winzerfestumzug von einer ungeduldigen Autofahrerin angefahren, die nicht vor einer Sperre an der Ecke Friedhofstraße/Grieselstraße warten wollte und trotz mehrmaliger Ansprache einfach weiterfuhr. Der Mitarbeiter zog sich dabei eine Fußverletzung zu und musste ins Krankenhaus gebracht werden.

„Für unsere Einsatzkräfte gehören Fachausbildungen und technische Schulungen längst zum Alltag“, betont Stadtbrandinspektor Jens-Peter Karn und ergänzt: „Doch obwohl Gewalt gegen Einsatzkräfte leider immer häufiger zunimmt, sind Deeskalationstrainings noch immer die Ausnahme. Deshalb ist es so wichtig, dass die Stadt Bensheim hier ein klares Signal setzt und unsere Kameradinnen und Kameraden auf Situationen mit Eskalationspotential vorbereitet.“

Der Flächenschulung geht ein spezieller interner Workshop voraus, der sich gezielt an Führungskräfte der Feuerwehren und Hilfsorganisationen richtet. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Einsatzleitungen ihre Teams auch in extrem belastenden Situationen wirksam schützen und unterstützen können. Dabei werden die Teilnehmenden zunächst für die mentale Belastung im Einsatzalltag sensibilisiert – sie erhalten dabei Werkzeuge, um eskalierende Lagen frühzeitig einzuschätzen und angemessen zu begegnen. Ergänzend werden Deeskalations- und Abwehrtechniken vorgestellt, die einen wichtigen Beitrag zur Prävention leisten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Kommunikation und Führung unter Extrembedingungen: Wie gelingt es, Einheiten in bedrohlichen Situationen klar und souverän zu leiten? Darüber hinaus werden Methoden vermittelt, um Resilienz, Eigenschutz und mentale Stabilität langfristig zu stärken – sowohl im Hinblick auf die eigene Rolle als Führungskraft als auch zum Schutz der Einsatzkräfte im Team.

„Mit der Flächenschulung und dem Workshop setzt die Stadt Bensheim ein deutliches Zeichen für die Unterstützung und den Schutz ihrer Einsatzkräfte“, erklärt Bürgermeisterin und Feuerwehrdezernentin Christine Klein. „Denn Prävention und mentale Stärke sind ebenso entscheidend wie technische Ausbildung, wenn es darum geht, Helfende in Extremsituationen zu schützen und ihre Einsatzfähigkeit langfristig zu sichern“. ps

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