Bensheim. Mehrgenerationenhaus, Familienzentrum, Geburtshaus, Krabbelgruppen oder Eltern-Kind-Treffs: Bensheim ist exzellent aufgestellt, wenn es um Angebote für (junge) Eltern, Frauen, Alleinerziehende und natürlich Kleinkinder geht. Wer Hilfe benötigt, bekommt sie in aller Regel auch. Er oder sie muss nur wissen, an wen man sich wenden kann. Und die verschiedenen Einrichtungen, Vereine und Institutionen müssen, was „die anderen“ so machen.
Bürgermeisterin Christine Klein sieht genau an dieser Schnittstelle Verbesserungsbedarf. „Alle, die sich mit dem Thema Frauen und Familien befassen, müssen vernetzt werden. So kann man erkennen, wo Synergieeffekte bestehen und welche Fragen es gibt.“ Aus diesem Grund hat die Rathauschefin gemeinsam mit Frauenbeauftragter Marion Vatter einen regelmäßigen Austausch alle in diesem Bereich Beteiligter initiiert, um das Netzwerk zu stärken, so Klein. Ein wichtiges Anliegen für sie sei es, die Frauenpolitik in Bensheim weiter voranzutreiben. Deshalb habe sie auch das Frauenbüro in ihr Dezernat geholt.
„Keiner wusste, wer was anbietet“
Am Dienstag kam es im Rathaus zum ersten Präsenztreffen mit Vertreterinnen der verschiedenen Organisationen. „Die letzten Jahre ist viel aneinander vorbeigelaufen. Keiner wusste, wer was anbietet“, verdeutlichte Marion Vatter die aus ihrer Sicht große Bedeutung einer Vernetzungsrunde. Da Bensheim stetig wachse und viele junge Familien an die Bergstraße zögen, benötige man diese Art der Koordination.
Zustimmung gab es unter anderem von Cornelia Tigges-Schwering, der Koordinatorin des Mehrgenerationenhauses in der Klostergasse. Sie habe sich schon immer eine solche Runde gewünscht, bei der alle wichtigen Akteurinnen an einem Tisch sitzen. In ihrem Haus als Ort der Begegnung für alle Generationen laufen viele Fäden zusammen, besteht ein umfassendes Angebot.
Seit 2017 ist das Mehrgenerationenhaus auch als Familienzentrum anerkannt, was Tigges-Schwering aber keinesfalls als Konkurrenz zum Verein Familienzentrum sieht – und was in der Öffentlichkeit auch nicht so gesehen wird. „Wir haben unseren Schwerpunkt auf den Migrationsbereich gelegt“, erläuterte die Koordinatorin. So können Mütter vormittags lernen, während ihre kleineren Kinder betreut werden, nannte sie eines von vielen Beispielen. Ein weiteres ist der Internationale Familiennachmittag donnerstags im Café Klostergarten.
Im Aufbau befindet sich zurzeit eine Teeniegruppe für Mädchen und Jungen im Alter von acht bis zwölf Jahren. „Ihnen soll einmal wöchentlich ein Programm mit basteln, kochen, spielen und Ausflügen geboten werden“, so Sozialarbeiterin Stefanie Burdow. Vor allem durch die Corona-Pandemie konnte die Kinder ihre sozialen Kompetenzen nur wenig weiterentwickeln. Dem will man mit der Gruppe entgegenwirken.
Das Angebot ist für die Teilnehmerinnen kostenlos. Finanziert wird es durch das Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus, das im Zuge von Corona aufgelegt wurde. „Wir wollen die Kinder und Jugendlichen bei der Aufarbeitung von Entwicklungsrückständen unterstützen“, erklärte Burdow. Darüber hinaus stünden ein generationsübergreifendes Miteinander, die Förderung von freiwilligem Engagement und die Gestaltung des demografischen Wandels im Mittelpunkt der Arbeit.
Gegen den demografischen Wandel stemmt sich naturgemäß das Geburtshaus Bergstraße in der Fehlheimer Straße. Im April kam dort das erste Baby auf die Welt, mittlerweile gab es 24 Geburten. „Wir suchen immer Kooperationspartner“, bemerkte Birgit Heidkamp. Sie koordiniert die sieben Hebammen im Haus. Bedauerlich sei, dass aufgrund der Pandemie die Betreuung zurzeit nach der Rückbildung aufhöre.
Davor komme man allerdings durch Vorbereitungskurse und Anfragen mit jungen Familien in Kontakt. So erfährt man frühzeitig, was die werdenden Eltern umtreibt und was sie brauchen. „Vernetzung ist für uns auch deshalb ein großes und wichtiges Thema“, so Heidkamp. Sarah Wolff ist Hebamme und im Vorstand des Trägervereins. Sie erinnerte daran, dass Hebammen schon vor einer Schwangerschaft mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Auf einen reichen Erfahrungsschatz kann auch die freiberufliche Hebamme Angelika Schuhmann bauen. Gemeinsam mit Marion Vatter initiierte sie vor 30 Jahren den städtischen Eltern-Kind-Treff, mittlerweile ist sie mit der Bensheimer Institution zum Familienzentrum mitgewandert (wir haben berichtet). Dort steht sie freitags im Café Storch als Ansprechpartnerin und „Sprachrohr zu den Frauen“ zur Verfügung.
Sie hob den Wert niederschwelliger Angebot hervor, nicht zuletzt um Schwangeren Ängste zu nehmen und Hemmschwellen abzubauen. Als Familienhebamme erfährt sie aus erster Hand, was junge Familien in Notsituationen benötige und wie wichtige solche Programm mit einer Betreuung über einen längeren Zeitraum hinweg sind. „Das Angebot muss viel stärker in das öffentliche Bewusstsein getragen werden. Wenn man die Hilfe vom Kreis annimmt, ist das nichts, wofür man sich schämen muss“, verdeutlichte Schuhmann, die ab September außerdem zweimal im Monat eine Säuglingssprechstunde in Lautertal anbietet.
Bürgermeisterin Klein sprach sich darüber hinaus für Frauengesundheitszentren aus. „Da bin ich ein Fan von. In anderen Städten hat man damit gute Erfahrungen gemacht, leider fehlt dies in Bensheim.“ Sie hielt es aber für notwendig, in diesem Sinne die Arbeit in der Stadt weiterzuentwickeln. Cornelia Tigges-Schwering pflichtete der Rathauschefin bei. Es herrsche viel Unkenntnis bei diesem Thema, nicht nur, aber auch bei Frauen im Migrationsbereich. „Für sie ist es wichtig, in einem geschützten Raum Fragen stellen zu können.“
Fazit nach 45 Minuten konstruktivem Austausch im Rathaus: Einmal im Quartal will die Runde ab sofort tagen, organisiert von Marion Vatter. Sie lud am Dienstag Vereine, Einrichtungen und Institutionen, die im Kleinkindbereich engagiert sind, auf, sich bei Interesse zu beteiligen. Als Kontaktperson steht die städtische Frauenbeauftragte bereit.
Aktive Senioren gesucht Seit den Anfängen 2009 ist es ein ...
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