Ehemaliges Mercure-Hotel - Junge Flüchtlinge müssen bis Ende November ausziehen / Vertrag zwischen Kreis und Eigentümer wird nicht verlängert

Das Notquartier ist bald Geschichte

Von 
Dirk Rosenberger
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Im ehemaligen Mercure-Hotel in Bensheim sind noch bis Ende November minderjährige Flüchtlinge untergebracht.

© Funck

Bensheim. Die Tage als Notquartier sind gezählt: Am 30. November läuft der Mietvertrag zwischen den Eigentümern des ehemaligen Mercure-Hotels und dem Kreis Bergstraße aus. "Er wird auch nicht verlängert", hieß es dazu auf Nachfrage aus dem Landratsamt in Heppenheim.

Seit Dezember 2015 leben in dem Gebäude an der Wormser Straße unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Aktuell sind dort 128 Jugendliche untergebracht. Von Anfang an war klar, dass die Unterkunft keine Dauerlösung sein soll. Allerdings waren Prognosen wie immer schwierig.

Schwierige Startphase

Als schwierig erwies sich zunächst auch das Zusammenleben vor Ort. Immer wieder kam es zu Reibereien, die Polizei- und Rettungsdiensteinsätze erforderlich machten. Die Feuerwehr musste anfangs ebenfalls in den Abend- und Nachtstunden öfter vorbeischauen, weil Fehlalarme ausgelöst wurden. Zu ernsthaften Zwischenfällen kam es nach bisherigen Erkenntnissen jedoch nicht.

Unterm Strich ist es ohnehin wenig verwunderlich, dass es ab und an kracht, wenn traumatisierte junge Menschen, die ihre Heimat und ihre Familie hinter sich lassen mussten, in einer Wohngemeinschaft aufeinandertreffen.

Ab dem 30. November gehört diese Form des Zusammenlebens der Vergangenheit an. Die Verantwortlichen beim Kreis hatten bereits im Winter deutlich gemacht, dass ihnen eine dezentrale Unterbringung - am besten in Pflegefamilien - lieber gewesen wäre. Weil die Zahl der Minderjährigen aber so hoch und die Plätze in Familien rar waren, musste man auf die Hotel-Lösung zurückgreifen. Die Kosten bekommt der Kreis vom Land erstattet.

Wie es mit dem Gebäude weitergeht, ist aktuell nicht bekannt. Bensheimer Investoren hatten es im vergangenen Jahr von einem Geschäftsmann aus Israel gekauft. Der betrieb das Hotel bis 31. Juli 2015 als Franchisenehmer der Mercure-Gruppe. "Wir haben damals die Zusammenarbeit vorzeitig beendet", teilte ein Unternehmenssprecher dieser Zeitung mit.

Allerdings sind nach wie vor Gutscheine für Übernachtungen im Umlauf. Bei den Besitzern dieser Coupons stößt es verständlicherweise nicht auf Begeisterung, wenn sie erfahren, dass es das Hotel nicht mehr gibt. Einer der Betroffenen ist Klaus Irmisch, der über ein Reiseportal Gutscheine gekauft hatte - gültig bis Oktober 2017. Als er im Herbst 2016 eine Zimmerreservierung in Bensheim vornehmen wollte, wurde ihm mitgeteilt, dass der Betrieb eingestellt wurde.

"Wir wollten in dieser schönen Region Urlaub machen und hatten uns die Bergstraße als Standort für Ausflüge in die Umgebung ausgesucht", so Irmisch. Daraus wurde nun nichts. 89 Euro hatte er gezahlt. Sein Geld wird er aller Voraussicht nach nicht wiedersehen. "Uns ist über unseren Kundenservice bekannt, dass es scheinbar einige Inhaber von auf das Hotel ausgestellten Gutscheinen gibt. Diese Angebote von Gutscheinportalen sind keine globale Vereinbarung mit Accor Hotels oder Mercure. Die Gutscheine waren eine Einzelvereinbarung zwischen dem Hotelbetreiber des Mercure Hotels Bensheim und dem jeweiligen Portal. Wir empfehlen den Gutscheininhabern, sich deshalb direkt mit dem Gutscheinanbieter als Vertragspartner in Verbindung zu setzen", sagte ein Sprecher von Accor Hotels auf Anfrage. Die Reiseportale wiederum verwiesen nach Auskunft von Klaus Irmisch auf das Hotel vor Ort.

Für die potenziellen Geschädigten keine zufriedenstellenden Antworten. Klaus Irmisch und seine Frau haben sich damit abgefunden, auf ihren Forderungen sitzenzubleiben. Ihren Urlaub in Südhessen haben sie sich dennoch nicht vermiesen lassen. In diesen Tagen treten sie die Reise vom Erzgebirge nach Südhessen an. Eine Unterkunft haben sie letztlich in Lampertheim gefunden.

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