Freundeskreis Riva - Mario Parisi hielt kurzweiligen Vortrag über die Körpersprache seiner Landsleute / Neapel gilt als Hauptstadt der nonverbalen Kommunikation

Das bedeuten die Gesten der Italiener

Von 
Gerlinde Scharf
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Temperamentvoll: Fußballtrainer Antonio Conte (Inter Mailand) gilt als Heißsporn an der Seitenlinie und ist ein gutes Beispiel für die Körpersprache der Italiener. © dpa

Bensheim. Wer schon einmal in Italien Urlaub gemacht oder italienische Freunde hat, der weiß nicht nur einiges über Land und Leute und schätzt die vorzügliche Küche, der weiß auch, dass eine Unterhaltung nicht ausschließlich verbal funktioniert, sondern immer und besonders gerne „mit Händen und Füßen“. Oder besser gesagt unter Einsatz des ganzen Körpers. Der Italiener ist bekannt, berühmt und wird geliebt – manches Mal auch ein bisschen belächelt – für seine Körpersprache und sein Temperament.

„Kein Volk der Welt hat so viele Gesten wie die Italiener“, weiß Mario Parisi nur zu gut. Schließlich hat der in der Region Latium gebürtige Buchautor, Mitbegründer italienischer Sprachenschulen und Dozent für italienische Sprache, der seit Anfang der 70er Jahre in Deutschland lebt, ein Buch darüber geschrieben (ein erster Band mit Ursprung und Demonstration von 132 Gesten).

Die Anregung dazu kam – darauf legt er Wert – von deutschen Freunden und Schülern: „Ein Italiener käme niemals auf die Idee, dass das etwas Besonderes ist.“ Sein Credo lautet: „Italienisch lernen ohne Körpersprache, das geht nicht.“ Ein zweites Buch und eine DVD zum Thema sind gerade in Arbeit.

450 unterschiedliche Gesten

Auf Einladung des deutsch-italienischen Freundeskreises Bensheim-Riva sprach Parisi im AKG derart lebendig, humorvoll, kurzweilig, unterhaltsam und bestens aufgelegt über „Die Körpersprache der Italiener“, dass er selbst nach zweistündigem Vortrag frank und frei bekannte: „Jetzt werde ich erst richtig warm.“ Das Publikum war entzückt.

Sage und schreibe 450 unterschiedliche Gesten – vom Begrüßungsritual bis zur vulgärsten Beschimpfung – sind im Land jenseits der Alpen, insbesondere im Süden, registriert, verbreitet und gang und gäbe. „300 davon versteht jeder Italiener. Die restlichen werden eher regional benutzt.“ Neunzig Prozent funktionieren geräuschlos. „Sie ersetzen Sprache komplett oder ergänzen sie.“

Ein freudiges oder ärgerliches Grunzen ist die Ausnahme. Umso wichtiger ist es, auf Mimik, Blick und Körperhaltung zu achten und bestimmte Nuancen im Auge zu behalten, denn einige Gesten haben verschiedene Bedeutungen und könnten ansonsten vom Gegenüber missverstanden werden. Was zu nicht unerheblichem Ärger führen kann. Viele der Handbewegungen sind bis zu 3000 Jahre alt und griechischen Ursprungs. Einige haben erst 200 bis 300 Jahre auf dem Buckel: „Man kann sagen, sie sind neu“, schmunzelte Mario Parisi. Ihren Siegeszug haben sie vom Süden des Landes Richtung Mittel- und Norditalien angetreten, wohin die Menschen auf der Suche nach Arbeit gezogen sind: „Neapel ist die Hauptstadt der Körpersprache.“

Obwohl insbesondere die Süditaliener nicht gerade dafür bekannt sind, mundfaul zu sein, lieben und praktizieren sie die wortlose Kommunikation vornehmlich mit Zeigefinger, Daumen und Handgelenk. Natürlich berichtete Parisi den amüsierten Zuhörern nicht nur über Ursprung und Bedeutung der kreativen Handsprache seiner Landsleute und zeigte dazu passende Beispiele. Er stellte auch unter Beweis, dass er die Gesten, die Freude, Ärger, Verachtung, Lob, Langeweile und Desinteresse, Zustimmung, Schadenfreude, Wut und Enttäuschung, Verehrung und Bewunderung, Hunger und Durst ausdrücken, in Perfektion beherrscht.

Ein kleiner Stups mit dem Zeigefinger auf die Wange, ein nachgebildetes, kreisendes O mit Daumen und Zeigefinger, zwei Finger zu Hörnern senkrecht in die Luft gestreckt, und jeder Italiener weiß, was gemeint ist. Das Ding mit den Hörnern erklärte Parisi mit einem breiten Grinsen. Es sei eine sehr alte Geste, sage er, und bedeute für den Ehemann, dass seine Frau Ehebruch begangen haben (Gehörnter): „Es ist für einen süditalienischen Mann die schwerste Beleidigung überhaupt.“

Die Freundeskreisvorsitzende Pina Kittel bedankte sich bei dem in Augsburg lebenden Referenten, der bislang Bensheim nur von der Autobahn her kannte, für seine interessanten und munteren Ausführungen. Ihre Aufforderung an Mario Parisi, doch im nächsten Jahr mit einem neuen Vortrag wieder zu kommen, quittierte das Publikum mit anhaltendem Beifall.

Freie Autorin Seit vielen Jahren "im Geschäft", zunächst als Redakteurin beim "Darmstädter Echo", dann als freie Mitarbeiterin beim Bergsträßer Anzeiger und Südhessen Morgen. Spezialgebiet: Gerichtsreportagen; ansonsten alles was in einer Lokalredaktion anfällt: Vereine, kulturelle Veranstaltungen, Porträts. Mich interessieren Menschen und wie sie "ticken", woher sie kommen, was sie erreiche haben - oder auch nicht-, wohin sie wollen, ihre Vorlieben, Erfolge, Misserfolge, Wünschte etc.

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