Bensheim. Der Anlass für die Mitgliederversammlung der CDU Bensheim war eine reine Formalie, die allerdings nicht der Grund für den großen Zuspruch im Nebenraum des Speisehauses Büttner auf dem Griesel gewesen sein dürfte. Vielmehr dürfte der Besuch des Europaabgeordneten Michael Gahler dafür gesorgt haben, dass am Donnerstagabend der Raum voll besetzt war.
So konnte Stadtverbandsvorsitzender Carmelo Torre nicht nur die im Stadtparlament und im Magistrat aktiven und ehemals aktiven Christdemokraten begrüßen, sondern neben dem Ehrengast auch den ehemaligen Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof, Carl Otto Lenz, sowie die Landtagsabgeordnete Birgit Heitland, die zu ihrem Wahlerfolg am Sonntag nochmals mit kräftigem Applaus beglückwünscht wurde. Auch der stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende Torben Kruhmann aus Viernheim hatte den Weg nach Bensheim gefunden.
Hintergrund für die Zusammenkunft war die bevorstehende Europawahl am 9. Juni im kommenden Jahr. Damit die Wahlvorschläge bis 18. März bei der Bundeswahlleiterin vorliegen, sind die Parteien derzeit aufgefordert, die Voraussetzung zu schaffen. Den über die Kandidatenliste der hessischen CDU müssen die Delegierten aus den Kreis- und Ortsverbänden beim Landesparteitag entscheiden. Zunächst werden in den Stadt- und Ortsverbänden der Partei die Delegierten für die nächsthöhere Ebene, den Kreisparteitag, bestimmt. Dieser entscheidet dann über die Liste der Delegierten für den Landesparteitag.
Der Vorstand der Bensheimer CDU hatte am Donnerstagabend einen Wahlvorschlag mit insgesamt 51 Kandidatinnen und Kandidaten – angeführt von Michael Meister, Diana Stolz, Carmelo Torre, Tobias Heinz und Petra Jackstein –, die von der Versammlung auch so bestätigt und angenommen wurde. Wie viel Delegierte der Stadtverband dann letztlich zum Kreisparteitag entsenden kann, hängt von der aktuellen Zahl der Mitglieder ab. Beim Kreisparteitag 2022 waren es 24 Bensheimer Delegierte.
Das größere Interesse der Mitglieder galt am Donnerstag aber den Ausführungen des Europaabgeordneten Michael Gahler. Er geht dem EU-Parlament seit 1999 an, ist außenpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion und Ukraine-Berichterstatter für das Parlament. Angesichts der aktuellen Ereignisse in Israel sprach er von „Symptomen der Instabilität“ in der Welt.
Neben dem Krieg in der Ukraine und der schrecklichen neuen Entwicklung in Israel verwies er auf die Spannungen zwischen Serbien und Kosovo, zwischen Bosnien und Herzegowina, den aktuellen Konflikt um Bergkarabach, die Krise in der Sahelzone, und ganz aktuell habe der tunesische Präsident 60 Millionen Euro an EU-Hilfen zurückgeschickt und Brüssel damit brüskiert.
Für jeden vor Ort spürbar sei durch die Aufnahme von Geflüchteten der Krieg in der Ukraine, den Gahler als eine systemische Herausforderung bezeichnet. Putin wolle mit dem Angriff auf den Nachbarstaat die Grenzen der früheren Sowjetunion wiederherstellen. Aus diesem Grund ist der Europaabgeordnete auch fest davon überzeugt, dass Putin in der Ukraine nicht Halt machen werde, „wenn man ihn laufen lässt“.
Allerdings sei der russische Staatschef bisher drei großen Irrtümern unterlegen, nannte Gahler die Geschlossenheit von Europa, den Widerstand der Ukrainer und der Stärke des eigenen Militärs. Neben der systemischen Herausforderung verwies er auf weitere gute Gründe, warum es wichtig sei, dass Putin sein Ziel nicht erreicht. Aus den aktuell fünf Millionen Ukrainern, die ihr Land in Richtung Europa verlassen haben, könnten dann vermutlich 20 Millionen Menschen werden, die unter Putin nicht in ihrem Land leben wollen.
Sollten die russischen Soldaten nicht auf ihr eigenes Territorium zurückgedrängt werden können, hätte das sich daraus ergebende Signal aber noch eine weitaus größere Dimension für Europa. „Der Westen darf nicht auf seinem eigenen Kontinent verdrängt werden“, da Europa dann auch als verlässlicher Wirtschaftspartner für den Rest der Welt verloren wäre. „Da gehe ich lieber selber kämpfen, als die Ukraine den Russen zu überlassen“, so Gahler.
Bezüglich der Situation in Israel ließ der Europaabgeordnete keinen Zweifel daran, dass der Terrorangriff der Hamas ohne Vorbehalt verurteilt und Israel das Recht des Rückschlags eingeräumt werde. Auch habe erst kürzlich der israelische Botschafter in der EVP-Fraktion deutlich gemacht, dass Israel seinen Kampf gegen die Hamas und nicht gegen die Palästinenser führe.
Für ihn sei es bereits der vierte Gaza-Krieg, den er erlebe, so der Europaabgeordnete, doch dieser sei der heftigste, sah Gahler Parallelen zu den Kriegsverbrechen in Butscha. Wichtig war ihm auch der Hinweis, dass es nach dem Ende des Kriegs ein Versprechen der EU und der Amerikaner gibt, sich an einen Friedenskonferenztisch zu setzen, um gemeinsam endlich eine Lösung für das Gebiet zu finden.
Diese könne weder die Zerstörung Israels, noch die radikalisraelische Lösung sein, wonach die Palästinenser mit Hinweis auf Jordanien bereits einen Staat hätten.
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