Wirtschafts-Vereinigung Bensheim - Businesstreff im frisch sanierten Auerbach Bahnhof / Fokus auf Tourismus

Chinesen die Region schmackhaft machen

Von 
Thomas Tritsch
Lesedauer: 
Der erste Businesstreff der Wirtschafts-Vereinigung Bensheim im neuen Jahr fand im Auerbacher Bahnhof statt. © Neu

Bensheim. China trinkt Wein. Und chinesische Investoren stürmen den europäischen Weinmarkt. Nicht nur in Frankreich, auch in Deutschland werden im großen Stil Güter gekauft. Erst vor kurzem eines an der Mosel. „Wein made for China“ lautet die Devise.

Susanne Wang ist davon überzeugt, dass der deutsche Wein auch Touristen anlocken kann. „Das Potenzial ist groß. Auch an der Bergstraße“, so die Chefin eines Wiesbadener Verlagshauses, das sich bevorzugt mit dem chinesisch-deutschen Fremdenverkehr beschäftigt.

Beim jüngsten Businesstreff der Wirtschafts-Vereinigung Bensheim (WVB) machte sie deutlich, dass die touristischen Ressourcen in der Region oftmals stark unterschätzt würden. „Chinesen wollen einen individuellen Aktivurlaub mit Sport, Kultur und Kulinarik“, so Susanne Wang, die in Shanghai geboren ist und in Mainz studiert hat.

Sie will dabei helfen, chinesische Gäste über die Sehenswürdigkeiten der Bergstraße zu informieren. In Zusammenarbeit mit dem Tourismus-Service „Die Bergstraße“ ist eine Broschüre in chinesischer Sprache geplant, die rechtzeitig zur Internationalen Tourismusbörse in Berlin (ITB) im März erscheinen soll. Nur das Jahr ist noch unklar. Vorgesehen ist ein Sonderheft, das in ihrem Verlag erscheinen und für das Klaus Schlappner in China die Werbetrommel rühren soll. Der Kurpfälzer ist „Botschafter der Bergstraße“ und ehemaliger chinesischer Nationaltrainer.

Die Publikation ist für alle Tourismusakteure zwischen Frankfurt und Heidelberg sowie im angrenzenden Umland interessant, die sich der wachsenden Nachfrage chinesischer Gäste stellen möchte, sagte Susanne Wang in Auerbach. Auch Firmen aus der Region, die in China aktiv sind, können mit ihrer Heimat werben. Inhaltlich soll das Heft unter anderem die Themen Geschichte und Wein, Geografie und Freizeit umfassen.

Neben Blütenweg, Burgensteig und Weinerlebnispfad sind redaktionell auch Seiten für den Unesco-Geopark und die Weltkulturerbestätten reserviert.

Wang, die neben eigenen Publikationen auch für Tourismusbüros und Destinationen tätig ist, betont das wachsende Interesse ihrer Landsleute am Zielort Deutschland – und zwar abseits der üblichen massentouristischen Trampelpfade: „Gruppen- und Städterundreisen sind out.“ Die Touristen wollen kleinstädtische Fachwerkromantik und regionaltypische Spezialitäten, sagt sie. Städte wie Bensheim seien daher überaus attraktiv.

Konsumfreudig und kaufkräftig

Ein Blick auf die Statistik scheint das Interesse der Chinesen an „Germany“ zu bestätigen. Laut Deutscher Zentrale für Tourismus in Frankfurt verzeichnete man 1994 noch circa 300 000 Übernachtungen. 2003 hatte sich dieser Wert bereits verdoppelt. Die Prognose für das Jahr 2020 geht von rund fünf Millionen aus. Ein Riesenmarkt, denn chinesische Touristen gelten als besonders konsumfreudig und kaufkräftig.

„Wir wollen ihnen zeigen, dass Deutschland nicht nur Dirndl und Lederhose ist“, so Susanne Wang. Jenseits von Klischees sollen auch die weniger bekannten Winkel und touristischen Nischen lauter betrommelt werden. Wichtig seien den Chinesen neben Essen und Trinken, Shopping und Unterkunft vor allem Sightseeing und Erlebnistouren.

Auch der hohe Anspruch an digitale Kommunikation müsse so gut es geht erfüllt werden. Ob Alipay oder WeChat: Viele Besucher zahlen per Smartphone. Das populäre Payment-System aus China ist seit letztem Jahr auch in Deutschland auf dem Markt. In China hat das System monatlich über 600 Millionen aktive Nutzer. Bei WeChat Pay bezahlt man bargeldlos mit einem QR-Code, der im Laden eingescannt wird. Zum Beispiel von einem Weinhändler.

Mit Rotem Riesling punkten

Als Weinanbaugebiet seien die Hessische wie auch die angrenzende Badische Bergstraße attraktive, länderübergreifende Destinationen, so Maria Zimmermann. Die Vorsitzende des Tourismus-Service „Die Bergstraße“ sieht in der Rebsorte Roter Riesling, von der hier bislang noch die größte zusammenhängende Rebfläche existiert, ein aromatisches Alleinstellungsmerkmal.

Die Sorte – weißer Wein aus roten Trauben – wird demnächst auch in der Pfalz zugelassen. Im Rheingau wird diese Riesling-Variante schon länger gekeltert. Für das größere hessische Anbaugebiet hat Susanne Wang bereits eine Wein-Broschüre veröffentlicht. Die Bergstraße soll bald folgen.

Weinverkostung im Auerbacher Bahnhof

WVB-Vorsitzender Andreas Jäger begrüßte rund 60 Teilnehmer im sanierten Auerbacher Bahnhof. Käufer Thierry Chevrier hat das ehemals marode Gebäude seit 2015 komplett renoviert und teilweise umgebaut.

Im Obergeschoss sind möblierte Bürozimmer eingerichtet, die auch kurzfristig, zum Beispiel an Freiberufler oder kleine Firmen, vermietet werden. Parterre war bereits im Sommer ein Begegnungstreff der Adventgemeinde eingezogen.

Im Mittelteil des denkmalgeschützten Gebäudes gibt es auf circa hundert Quadratmetern eine Event- oder Party-Location samt kleiner Küchenzeile. Der Raum wird an private Nutzer oder an Firmen vermietet.

„Wir wollen einen Beitrag zur guten Lebensqualität im Ort leisten“, so Thierry Chevrier. Im südlichen Gebäudeteil, der früheren Wartehalle, soll bald ein Bistro oder Café einziehen. Auch eine Terrasse und eine Empore stehen zur Verfügung. Die Gespräche mit einem potenziellen Betreiber laufen.

Das Bahnhofsgebäude wurde 1850 nach den Plänen des Darmstädter Architekten Georg Moller gebaut. Der Vorbau trägt die Handschrift von Heinrich Metzendorf.

Brigitte Zimmermann-Petrullat vom Bensheimer Event-Dienstleister „Wine-e-motions“ servierte Snacks und eine kleine Weinprobe. tr

Freier Autor

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

  • Winzerfest Bensheim