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Booster-Programm für Photovoltaik in Bensheim

Von 
Dirk Rosenberger
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In Bensheim soll der Anteil an Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden, über Parkplätzen und versiegelten Flächen erhöht werden. Unser Bild zeigt das Multifunktionsgebäude im Weiherhausstadion, wo bereits beim Neubau Module auf dem Dach installiert wurden. © Neu

Bensheim. Mit dem Masterplan 100 Prozent Klimaschutz hat sich Bensheim vor mehr als neun Jahren Klimaschutz-Ziele gesteckt, die sie nach heutigem Stand nicht erfüllen wird. Konkret geht es dabei um die Verringerung des CO2-Ausstoßes bis 2050 um 95 Prozent gegenüber 1990 sowie der Reduzierung des Endenergieverbrauchs bis 2050 um 50 Prozent gegenüber 1990.

Allerdings wird man in 28 Jahren nur einen Anteil erneuerbarer Energien von 35 Prozent ausweisen können, sollte die Ausbaugeschwindigkeit und die fortlaufende Steigerung der Energieeffizienz gleichbleiben. Das geht aus Unterlagen des Rathauses hervor. Darin heißt es deutlich: „Auf Grundlage der derzeitigen Anstrengungen wären die Klimaschutzziele der Stadt Bensheim im Jahr 2050 klar verfehlt.“ Es müssten deshalb alle erneuerbaren Potenziale gehoben werden, um die Ziele zu erreichen.

Theoretisch schließt das auch das große Streitthema Windkraft auf Bensheimer Gemarkung mit ein, wofür es aber bekanntlich weder eine politische Mehrheit noch eine große Akzeptanz in der Bevölkerung gibt – von entsprechenden Flächen mal ganz abgesehen.

Kitas und Gerätehäuser

Als ersten Schritt will man es daher mit einem Photovoltaik-Boosterprogramm versuchen. Sprich: Die Nutzung von Solarstrom soll massiv ausgebaut werden. Im Mai dieses Jahres hatte die Stadtverordnetenversammlung – wie berichtet – ein Programm zur Errichtung von PV-Anlagen als Beitrag zum Klimaschutz“ beschlossen. Die Verwaltung sollte ein Konzept auf den Weg bringen und bis zu den Haushaltsberatungen vorlegen. Das ist nun geschehen.

Untersucht wurde unter anderem, auf welchen öffentlichen Gebäuden Module installiert oder bestehende Anlagen erweitert werden können. Kurzfristig würden sich laut einer Analyse vor allem die Kindertagesstätten eignen, aber auch die Feuerwehrgerätehäuser. Bis auf die Unterkünfte in Gronau und Zell sind die Immobilien durchweg „oben ohne“ unterwegs. Bei den Kitas sieht es besser aus, vor allem, weil bei Neubauten Photovoltaik mittlerweile sinnvollerweise Pflicht ist. Bei den Dorfgemeinschaftshäusern könnte man ebenfalls in den nächsten Jahren Potenziale heben, gleiches gilt in eingeschränktem Maße für die Aussegnungshallen auf den Friedhöfen sowie die ehemaligen Schulen und Rathäuser im gesamten Stadtgebiet. Die denkmalgeschützten Gebäude verfügen bisher nicht über Photovoltaik, Installationen wären aber nur mittelfristig in den nächsten fünf bis sechs Jahren denkbar.

Die Parkhäuser und Tiefgaragen finden sich ebenso in der städtischen Auflistung wie diverse Kultureinrichtungen und Sporthallen. Unter die Lupe genommen wurden gemäß der Beschlussvorlage darüber hinaus Parkplätze und Stellflächen. Das Ergebnis klingt nicht so schlecht, ob eine zügige Umsetzung möglich wäre, steht allerdings auf einem anderen Blatt, weil die Stadt nicht immer im Besitz der Flächen ist. Generell bestünde aber ein Potenzial von sieben Megawatt zusätzlicher Sonnenstrom-Leistung auf ohnehin versiegeltem Grund und Boden.

Gespräche mit Eigentümern, örtlichen Projektpartnern und dem Land Hessen, von dem Fördermittel fließen könnten, wurden schon geführt. Um die Photovoltaik-Offensive bekannt zu machen und auf die Möglichkeit von Förderungen und Genossenschaftsmodelle hinzuweisen, will man im Rathaus eine Information- und Werbekampagne starten. Ein weiterer Auftrag aus dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung sah die Prüfung einer Ladestation für E-Autos bei jeder PV-Anlage im öffentlichen Raum vor. Dies müsse aber je nach Standort auch mit den möglichen Partnern besprochen und im Detail geprüft werden, teilte die Verwaltung dazu mit.

Die Stadt will dies in die Gespräche einfließen lassen und die GGEW AG als Carsharing- und Ladetechnikpartner einbinden. Keine Auskunft gab es zum Zeitrahmen und den möglichen Kosten für das gesamte Programm. Darüber könne zum aktuellen Zeitpunkt keine Aussage getroffen werden. „Diese Daten müssen zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht werden“, heißt es im Konzept.

Aus dem Papier geht dennoch deutlich hervor, dass es einer gemeinsamen Anstrengung aller in Bensheim bedarf – dazu zählen Unternehmen ebenso wie die Öffentliche Hand und Privateigentümer –, um den Ausbau von Photovoltaik auf den hiesigen Dächern massiv voranzutreiben. Dass es im Zuge dessen zu Kollisionen mit den sanierungsbedürftigen Finanzen kommen wird, scheint unausweichlich. Politisch wird es spätestens dann zum Schwur kommen und letztlich zur Erkenntnis, zu welchen Preis Klimaschutz gewollt und für eine Kommune mit Millionenloch im Hauhalt leistbar ist.

Wie geht es nun konkret weiter? „Für die Umsetzung von gezielten Projekten werden demnächst Gespräche mit dem Hessischen Wirtschaftsministerium wegen möglicher Förderungen geführt. Für die geplante Kampagne findet noch in diesem Jahr mit den Kooperationspartnern ein weiteres Gespräch statt“, teilte das Rathaus auf Nachfrage mit.

Im Haushalt gibt es keinen Posten für den Photovoltaik-Ausbau durch das nun aufgelegte Programm. Es seien keine konkreten Mittel für die Kampagne geplant beziehungsweise gewünscht. Nach dem politischen Beschluss solle die Kampagne den städtischen Haushalt nicht belasten, heißt es seitens der Verwaltung.

Passend dazu: Den Etat nicht belasten werden darüber hinaus Planungsmittel für eine Machbarkeitsstudie zur Tiefengeothermie. Sie wurde mehrheitlich im Haupt- und Finanzausschuss gestrichen. Ursprünglich sollte untersucht werden, ob man mit der Nutzung von Erdwärme aus tieferen Schichten ebenfalls einen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten könne.

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