Bensheim. Ein Handwerksbetrieb inmitten der Innenstadt, ist das heute überhaupt noch möglich? Ist es – wenn auch nicht immer einfach! Ein Beispiel dafür ist der Installateur-, Heizungsbau- und Klempnereibetrieb Bodemann GmbH, der gleichzeitig ein Stück Bensheimer Lokalgeschichte geschrieben hat. Senior-Chefin Doris Bodemann hat dazu alte Aufzeichnungen, historische Dokumente und Fotografien aufbewahrt.
In der Weinwirtschaft übernachtet
Seit 150 Jahren hat das Familienunternehmen das Wambolterhof-Viertel nicht verlassen und die Standorttreue bis heute nicht bereut. Alles begann um das Jahr 1880 in der Schuhgasse 8, wo die Gebrüder Jacob und Konrad Hillenbrand (wohnhaft Wambolterhofstraße 15) eine Spenglerei und einen Laden mit Haushaltswaren betrieben und zudem Petroleum verkauften.
Eine Anzeige („Geschäfts-Empfehlung“) im Bergsträßer Anzeigenblatt, Amts- und Verkündigungsblatt für den Kreis Bensheim vom 25. Oktober 1873, informierte über die Eröffnung mit dem Zusatz, dass Reparaturen „aufs Pünktlichste“ erledigt würden.
Einige Jahre später nahm das Großherzogliche Amtsgericht Zwingenberg gegen eine Gebühr von 2 Mark und 17 Pfennige den Eintrag ins Firmenregister vor. Unterzeichner war ein G. Beger.
Und wie kamen nun die Bodemanns ins Spiel? Es war Georg Bodemann (geboren 1874 in Dalheim, Kreis Warburg), ein junger Handwerksbursche auf der Walz, der in Bensheim „hängen blieb“ und als Geselle in der Spenglerei Hillenbrand anheuerte. „Die ersten Nächte soll er in der Weinwirtschaft ,Zur Gemütlichkeit’ in der unteren Hauptstraße am Metzendorf-Brunnen überbrückt haben.“ Wenig später zog Georg Bodemann bei Glasermeister Emig in der Hasengasse 12 ein und ehelichte 1899 die ledige Schwester seiner Vermieterin.
Das Paar bekam zwei Söhne. Einer von ihnen, Georg, stieg später ebenfalls in das Geschäft ein. Schon 1904 machte Georg Bodemann, der Ältere seine Meisterprüfung.
Mit 17 Jahren plötzlich Chef
Nach dem Tod von Jacob Hillenbrand führte sein jüngerer Bruder Konrad die Spenglerei in der Wambolterhofstraße und einen weiteren Laden in der Schuhgasse gemeinsam mit Bodemann, einem zweiten Mitarbeiter und einem Gesellen weiter. Beide Häuser waren auf den Rückseiten durch einen sogenannten Trampelpfad verbunden.
Als auch Konrad Hillenbrand Ende der zwanziger Jahre verstarb und das Haus in der Schuhgasse an den Buchbinder Jean Fertig verkauft wurde, erwarb Georg Bodemann II. im Jahr 1930 das Gebäude in der Wambolterhofstraße, machte sich selbständig und bestand ebenfalls mit Erfolg seine Meisterprüfung. Die meisten Bensheimer werden sich an Horst Bodemann, der nach dem plötzlichen Tod seiner Mutter und dem Schlaganfall seines Vaters Georg, 1962 mit nur 17 Jahren die Spenglerei und den Installateurbetrieb übernahm, noch gut erinnern. Schon vier Jahre später schloss er in Darmstadt seine Ausbildung als Spengler- und Installateurmeister ab. Im April 1966 wurde geheiratet. Aus Doris Rieve aus Zell wurde Doris Bodemann.
„Mein Ehemann wollte immer, dass der Handwerksbetrieb in der Stadt bleibt. Das war ihm ganz wichtig. Das Geschäft war seine Leidenschaft, und er hat sich immer auf der Sonnenseite des Lebens gewähnt“, beschreibt Doris Bodemann ihren Ehemann, der in diesem Sommer im Alter von 79 Jahren verstorben ist.
Zuvor aber nahm das mittelständische Unternehmen einen regen Aufschwung. Nachdem die Häuser Schuhgasse 8 und Wambolterhofstraße in den siebziger Jahren der Innenstadt-Sanierung zum Opfer fielen, wurde das Elternhaus unter dem Firmennamen Georg Bodemann & Sohn, Spenglerei und Installation, 1977 von Horst und Doris Bodemann durch ein modernes, repräsentatives Wohn- und Geschäftshaus mit Werkstatt und Verkaufsladen fast an gleicher Stelle ersetzt. Während Sohn Jörg, ebenfalls gelernter Spengler, heute in der Nähe der polnischen Grenze lebt und sich ganz der Kunst widmet, trat der zweite Sohn Sven nach einer Ausbildung zum Verlagskaufmann und Zimmermann 1997 in die Firma ein, machte 2004 seinen Meister und übernahm 2009 das Familienunternehmen. Aktuell beschäftigt er drei Mitarbeiter, eine Angestellte im Laden und einen Auszubildenden. „Es war für Horst sehr schön, dass er einen Nachfolger hat“, bestätigt seine Ehefrau.
Zum 150-jährigen Firmenjubiläum gratulierten kürzlich Vertreter der Handwerkskammer und überreichten an Doris und Sven Bodemann eine weitere Urkunde.
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