Am Wegesrand

Der Bismarckstein: Ein Koloss im Hochstädter Wald

Der Bismarckstein am Weg unterhalb der Ludwigshöhewurde wurde durch die eingravierte Inschrift zum Denkmal und ist meist von einer sattgrünen Moosschicht bedeckt.

Von 
Eva Bambach
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Im Sommer 2025 präsentiert sich der Bismarckstein leicht beschädigt, aber doch wieder ungefähr so, wie er wohl schon lang da stand, bevor ein Weg an ihm vorbeiführte. © Eva Bambach

Bensheim. Wer zu Fuß geht, der kann viel erleben und nicht nur nette Mitmenschen zum Plausch treffen, sondern an allen Ecken auch (meist) steinerne Zeugen vergangener Zeiten. Genau besehen, ist das gesamte Stadtgebiet ein Freiluftmuseum!

Er liegt nicht nur am Wegesrand, sondern auch in anderer Hinsicht außerhalb des Sichtbaren – obwohl er eine imposante Größe hat: Der Bismarckstein am Weg, der unterhalb der Ludwigshöhe nach Hochstädten führt. Er sieht aus wie einer der vielen Granodiorit-Kolosse, die sich in unserer Gegend finden und ist meistens von einer sattgrünen Moosschicht bedeckt.

So ist auch die Inschrift normalerweise nicht zu lesen, die den Stein zum Denkmal machte, als irgendwann jemand auf die Idee kam, ihn Otto von Bismarck zu widmen – nachdem er, entstanden vor Millionen von Jahren, wohl schon seit Jahrtausenden ungefähr am heutigen Standort lag.

Die Reinigungsarbeiten der Stadtteildokumentation Hochstädten machten die Inschrift im Jahr 2008 vorübergehend wieder sichtbar. © Stadtteildokumentation Hochstädt

Ein paar eingemeißelte Buchstaben machten ihn kurzerhand zum „Bismarckstein“! Als solcher ist er auch auf einer Wanderkarte aus dem Jahr 1926, am „Bismarckweg“ liegend, verzeichnet. Eine ältere, um 1900 von C. Scriba gezeichnete Karte der Bergstraße von Seeheim bis Bensheim nennt weder Weg noch Denkmal. Irgendwann zwischen diesen beiden Daten muss der Monolith somit zum Denkmal geworden sein.

Solche Gedenksteine aus nicht oder nur grob behauenem Sandstein oder Granit entstanden vor allem nach dem Tod der verehrten Gründerfigur des Deutschen Kaiserreichs Otto von Bismarck im Jahr 1898 in großer Zahl. Zwischen 1898 und 1914 entstanden Hunderte von Gedenkobjekten, darunter nicht nur viele Bismarcksteine, sondern auch Standbilder, Säulen und an die 250 Türme, von denen einer auch in Bensheim auf dem Hemsberg zu finden ist.

Die Natur hat sich wieder durchgesetzt

Am Auerbacher Schloss gibt es außerdem eine Gedenktafel, die anlässlich des 80. Geburtstags des ersten Kanzlers des deutschen Kaiserreichs im Jahr 1895 angebracht worden war.

Die Monumente wurden oft von patriotischen Bürgern und Vereinen oder auch Studentenverbindungen errichtet. Wer für den Hochstädter Stein verantwortlich zeichnete, ist nicht überliefert.

Die Bensheimer Stadtarchivarin Claudia Sosniak vermutet, es könnte der für seine Bismarckbegeisterung bekannte Dr. Wilhelm Hoffmann gewesen sein, der den Findling gravieren ließ - Hoffmann besaß das Hochstädter Marmorbergwerk bis zum Jahr 1905. Die lapidare Inschrift „Bismarckstein“ entspricht der damaligen Praxis, solche Steine nur sehr nüchtern zu beschriften – meist war es wie hier nur der Name, mitunter ergänzt durch die Lebensdaten oder ein kleines Porträt.

Auch nach dem Ende des Kaiserreichs, während der Weimarer Republik, dauerte die Begeisterung für Bismarck mit weiteren Denkmälern an. Unter anderem die Vereinnahmung des Bismarck-Mythos durch Hitler setzte der Verherrlichung nach dem Zweiten Weltkrieg aber ein Ende.

Mit nachlassender Bismarckbegeisterung verlor auch das Hochstädter Denkmal an Bedeutung. Bei einer Verbreiterung des Weges wurde der Stein sogar beschädigt, erinnert sich der Hochstädter Heimatforscher Herbert Fuchs – die Abbruchkante ist immer noch gut zu erkennen.

Auch die Inschrift war wegen der Moosschicht schließlich nicht mehr zu lesen. Aber für ein paar Jahre kam der „Bismarckstein“ dann doch wieder zur Geltung, nachdem ihm im Jahr 2008 einige Mitglieder der Stadtteildokumentation Hochstädten dem Stein mit Drahtbürste und Wasser zu Leibe gerückt waren.

Inzwischen hat sich wieder die Natur durchgesetzt.

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