Bensheim. Es bleibt dabei: Wenn es um die Zukunft des Marktplatzes geht, wollen zwar alle prinzipiell an einem Strang ziehen – zum Wohle der Stadt, versteht sich. Ohne Dispute und Reibereien, die mehr Kraft kosten, als dass sie Energie erzeugen, scheint es aber nach wie vor nicht zu gehen.
Am Donnerstagabend stimmte die Stadtverordnetenversammlung immerhin einstimmig dem Bensheimer Weg zu, jenem Konzept, das als Blaupause für künftige Bürgerbeteiligungen dienen könnte und nun erstmals beim Ideenwettbewerb für den Marktplatz angewandt wird (wir haben berichtet). Vorangegangen war allerdings eine Diskussion, die erneut zeigte, dass die Gräben trotz aller Bemühung (noch) zu tief sind für eine schnelle Heilung. Aber was nicht ist, kann ja (noch) werden, zum Wohle der Stadt, versteht sich.
BfB-Fraktionschef Franz Apfel forderte eine Entkopplung vom angedachten ergebnisoffenen städtebaulichen Wettbewerb von der Kampagne „365 Tage für die Zukunft der Innenstadt“. „Alle argumentieren doch, wir dürfen keine Zeit verlieren. Das spielt jetzt plötzlich keine Rolle mehr.“ Seine Fraktion unterstütze die Ziele des Bürgerbegehrens – und das wolle man sich auch nicht mit „sprachlichem Hokuspokus“ aufweichen lassen.
„Vorlage schon gescheitert“
Die Bürgerinitiative „Bensheimer Marktplatz besser beleben“ habe Angst, dass das Verfahren den Ideenwettbewerb aushöhlt. Die Befürchtung könne man in der Tat haben. Apfel empfand es als „unglücklich“, dass es Bürgermeisterin Christine Klein und Erster Stadträtin Nicole Rauber-Jung nicht gelungen sei, die BI im Prozess so zu beteiligen, dass diese sich gut aufgehoben fühle. „Da sind Sie an Ihrer eigenen Vorlage schon gescheitert.“
Die Initiative sei der wichtigste Akteur zum Thema Marktplatz – und der sei gerade ausgestiegen. Man müsse sie wieder ins Boot holen, sonst gehe der Bensheimer Weg im Streit weiter. Sonst sei der Beschluss auf Sand gebaut. Apfel kündigte dann die Zustimmung der BfB an, verknüpft mit der Erwartung, dass Anstrengungen unternommen werden, die BI wieder mitzunehmen.
Bürgermeisterin Christine Klein listete in ihrer Entgegnung auf die Äußerungen auf, wie intensiv man die Vertrauensleute der Initiative von Beginn an eingebunden habe. Auf ihren Wunsch habe man die Kampagne breit aufgestellt, eine externe Moderatorin engagiert und in mehrstündigen Gesprächen viel abgeklärt. Als die BI-Vertreter kurz vor dem ersten Treffen des Empfehlungs-Teams erklärten, nicht Teil dieses Teams sein zu wollen, „habe ich mein Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht. Unsere Einladungen, sich einzubringen, waren vergeblich“, so die Rathauschefin. Man habe sich viel Mühe gegeben, alle an einen Tisch zu holen. Die Mitwirkenden im Empfehlungs-Team würden es bedauern, dass es schon wieder zu Querelen komme. Die Einladung an die Vertrauensleute stehe nach wie vor. „Aber wir werden die Kampagne fortsetzen.“
Bernhard Stenger (CDU) warf Franz Apfel vor, einen Widerspruch zwischen Innenstadt-Kampagne und Ideenwettbewerb kreieren zu wollen, „den es aber nicht gibt“. Einer der Akteure wolle nicht mehr mitwirken, das konterkariere die Idee. Den Sinn in einer Abtrennung beider Prozesse verstehe er nicht. „Wir haben eine Struktur, jetzt werden die besten Ideen gesammelt und dann gibt es eine Entscheidung“, skizzierte Stenger den Weg.
Für Grünen-Fraktionschef Moritz Müller ist die Innenstadtentwicklung und die Frage, was der Marktplatz für Bensheim ist, nichts, was sich heute oder morgen entscheide. Es sei ein Prozess, weshalb seine Fraktion es begrüße, dass es wieder Bürgerbeteiligungen geben werde. „Das Zentrale an dem vorliegenden Konzept, an der Idee des Bensheimer Weges ist aber, dass Konflikte vermieden werden sollen. Also das gemeinsame Arbeiten an konstruktiven Lösungen.“
Es bleibe zu hoffen, dass die direkte Ansprache der Bürger gelinge. Am Ende brauche es schließlich eine breite, tragfähige Lösung, mit der nicht nur die neue Mehrheit im Stadtparlament leben können. „Das darf dann nicht von der Koalition mit knapper Mehrheit durchgepresst werden“, warnte Müller. Am Ende des Weges müsse es deshalb, wie von der BI gefordert, eine Art Entscheid geben, um ein Meinungsbild von möglichst vielen Bürgern zu erhalten.
Adriana Filippone (SPD) konnte nicht nachvollziehen, dass sich die BI nicht ausreichend gehört fühle. Ihre Fraktion sehe dem Vorhaben nach wie vor optimistisch und hoffnungsvoll entgegen. Gemeinsam mit diversen Interessensgruppen und den Bürgern wolle man für den Marktplatz die beste Lösung finden. „Es ist wichtig, dass wir diesem Prozess zielstrebig und offen begegnen, losgelöst von irgendwelchen Egoismen und Wunschvorstellungen einzelner Personen“, verdeutlichte Filippone.
Die anhaltende Skepsis vieler Bensheimer über den aktuellen Status des Marktplatzes sollte alle daran erinnern, dass es vorrangig um die positive Entwicklung der Innenstadt gehe. Es brauche nun engagierte, kreative und proaktive Köpfe, „die verstehen und wissen, wie unsere Innenstadt funktioniert“. Diese gelte es zu mobilisieren.
Für die FDP bekundete Fraktionsvorsitzender Stefan Stehle, dass man durchaus Bedenken habe. Man möchte den Bensheimer Weg aber mitgehen. „Denn wenn man den Weg nicht geht, kann man nichts erreichen.“
Rolf Tiemann (FWG) stellte aus seiner Sicht klar, dass die Bürgerinitiative nicht ausgestiegen sei. Sie wolle mitmachen. „Die Vertrauensleute haben sich bereits sehr viel Arbeit gemacht und einen Vorschlag für die Nullbebauung und das weitere Verfahren vorgelegt“, so der Fraktionschef. Da könne man nicht erwarten, dass sie auch noch bei der Ideen-Findung für eine andere Art der Bebauung mitmachen. Es sei unfair, den Eindruck zu erwecken, sie hätten sich zurückgezogen. Schließlich hätte die BI ihre Bereitschaft erklärt, punktuell wieder zur Verfügung zu stehen.
Letztlich gilt für den Bensheimer Weg und den Ideenwettbewerb, was für einige andere Vorhaben in der Stadt ebenfalls nicht von der Hand zu weisen ist: Worten müssen irgendwann mal Taten folgen – und das besser morgen als übermorgen.
Die Bürger sollen und könne sich einbringen
Wesentlicher Bestandteil des Bensheimer Wegs ist die Einbeziehung der Bürger. Mittelfristig soll auf der Homepage der Stadt ein „Concept-Board“ bereitgestellt werden, das einerseits über die Ergebnisse der jeweiligen Etappen informiert, zudem aber auch die Möglichkeit bietet, sich mit einzubringen oder mitzudiskutieren.
Neben dem Empfehlungs-Team gibt es ein Reflexions-Team, in dem aus jeder Fraktion ein Kommunalpolitiker sitzt, und ein Steuerungs-Team, in dem Bürgermeisterin Christine Klein, Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung und MEGB-Geschäftsführer Helmut Richter vertreten sind.
Die Projektleitung für das Team Innenstadt haben Tobias Pommerening (MEGB) und Carolin Schmidt (Team Stadtplanung).
Im Empfehlungs-Team arbeitet jeweils ein Vertreter oder eine Vertreterin aus dem Bürgernetzwerk, dem Einzelhandel, der Gastronomie sowie aus den Bereichen Schule/Jugend, Kultur und Historie/Denkmalschutz mit. Ebenfalls vertreten ist ein Marktplatz-Anlieger.
Das Team soll bis September eine Teillösung gefunden haben, wie ein Ideenwettbewerb für den Marktplatz gestaltet werden kann – und wie es danach weitergeht. dr
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