Bensheim. Die vergangenen zwei Jahre waren für das Technische Hilfswerk (THW) besonders arbeitsintensiv. Auch für den Ortsverband Bensheim bedeuteten die Pandemie und der Katastropheneinsatz im Ahrtal einen enormen Aufwand an Mensch und Material. Und bereits kurz nach der Invasion russischer Truppen in der Ukraine im Februar dieses Jahres leisteten die Ehrenamtler wertvolle Hilfe für Kriegsopfer und Flüchtlinge insbesondere in den Zeltlagern Bensheim und Lorsch.
Der zeitliche Aufwand war daher in 2021 so hoch wie lange nicht. Der Ortsverband bilanziert insgesamt mehr als 6700 Einsatzstunden – das sind rund drei Mal so viele wie im Vorjahr. Allein die Präsenz in den Hochwassergebieten, die von Sturmtief Bernd verwüstet wurden, lag zusammengenommen bei fast 5000 Stunden.
Kampf gegen Unwetter-Folgen
Im Mittelpunkt stand die Rettung gefährdeter Personen und bedrohter Tiere in den Krisengebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Es war der größte Einsatz in der Geschichte des THW Deutschland, bei dem rund 17 000 Einsatzkräfte aus allen 668 Ortsverbänden gemeinsam gegen die Folgen der starken Unwetter gekämpft haben.
„Solche Wetterextreme können nur organisationsübergreifend bewältigt werden“, betonte Sascha Stein beim Helferfest in der THW-Unterkunft anlässlich des 70-jährigen Jubiläums, wo die Helfer an der Ahr besonders gewürdigt wurden. Der langjährige Jugendleiter wurde 2020 Nachfolger von Ulrich Michel als Ortsbeauftragter, sein Stellvertreter ist David Wellenreuther.
Das Treffen war der erste offiziell größere Termin seit Beginn der Pandemie und sollte in erster Linie die Wertschätzung gegenüber allen Helfern und Angehörigen ausdrücken, was in dieser Form zwei Jahre lang nicht möglich war. „Der Ortsverband lebt von aktiven Menschen, die sich mutig Gefahren und Herausforderungen stellen“, so Stein über die Kollegen in der THW-Familie.
Aktuell zählt der Ortsverband 67 einsatzbefähigte Helfer, damit liegt die Truppe 120 Prozent über dem Soll. Seit 2020 kamen 33 neue Köpfe hinzu. Jedes fünfte Mitglied ist weiblich. Es sei sehr zu begrüßen, dass die Pandemie nicht zu einem Mangel an engagierten Menschen geführt habe, sondern die Bensheimer eher darin bestärkt hat, sich ehrenamtlich zu betätigen.
Waldbrände und Dürre
Stein zeigte sich überzeugt, dass man auch die aktuellen Probleme gemeinsam lösen werde. Beispielhaft nannte er die Energiekrise und die zunehmende Gefahr durch Waldbrände aufgrund langer Dürreperioden. In den vergangenen 70 Jahren habe das THW immer wieder bewiesen, wie gut man sich neuen Lagebildern anpassen könne.
Die Pandemie sei das beste Beispiel: Im Bensheimer Impfzentrum am Berliner Ring wurden an 240 Tagen fast 100 000 Personen geimpft. Das Technische Hilfswerk hatte sich während der gesamten Zeit um die Logistik und technischen Details gekümmert, die Helfer wurden später auch selbst vor Ort selbst immunisiert. Auch in puncto Kooperation war das Management des Bergsträßer Impfstandorts ein erfolgreiches Projekt, so Stein, der Corona aber auch als große Herausforderung für die Grundausbildung der Kollegen bezeichnet. Viele Lehrgänge wurden online angeboten, das Dienstgefüge konnte ebenfalls aufrechterhalten werden.
Der soziale Aspekt aber sei seit Ausbruch der Pandemie weitgehend zum Erliegen gekommen. „Unter den Einschränkungen haben auch die Jugend- und die Minigruppe gelitten“, so der Ortsbeauftragte, der die aktuellen Bemühungen der Jugend lobte, die sich nun wieder intensiv um Nachwuchs bemühe. Denn das Engagement beim THW sei immer eine lohnenswerte und sinnvolle Beschäftigung.
„Haben Sie daher Verständnis für die Mitarbeit ihres Partners oder ihrer Verwandten“, so Sascha Stein am Stützpunkt an der Lahnstraße, wo am Samstag auch Vertreter weiterer Hilfsorganisationen wie Feuerwehr und Deutsches Rotes Kreuz sowie der Magistrat in Person von Stadtrat Oliver Roeder anwesend waren. Für die Stadt Bensheim dankte Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert allen Helfern, die sich in der Organisation in welcher Form auch immer einbringen. Auch die Fraa vun Bensem Doris Walter war zu Gast beim THW.
Ihnen gegenüber betonte Stein, dass sich das THW nach Jahren einer relativ hohen finanziellen Förderung durch die Politik jetzt mit weniger Mitteln begnügen müsse. „Hier muss auch auf kommunaler Ebene entschlossener gehandelt werden.“ Es seien die Investitionen von heute, die sich maßgeblich auf die künftige Einsatzbereitschaft und Ausstattung der Truppe auswirken.
Tonnenschwere Brücke beseitigt
Wie fit der Ortsverband ist, zeigte auch ein prominenter Einsatz im März dieses Jahres: Bis zu 16 Helfer und fünf Fahrzeuge hatte das THW zur Bergung der eingestürzten Fußgängerbrücke über den Berliner Ring an der Weststadthalle geschickt.
Gemeinsam mit anderen lokalen Einsatzkräften konnte die 16 Tonnen schwere Konstruktion aus dem Weg geschafft werden, die bei der Kollision mit einem Lkw eingestürzt war.
Die beiden Zugführer Matthias Ohlemüller und Ralf Kühne skizzierten weitere größere Einsätze der vergangenen zwei Jahre, in einem Video-Rückblick beleuchtete der Ortsverband die wichtigsten Etappen und Ereignisse seit seiner Gründung.
Zu Wort kamen unter anderen die langjährigen Funktionsträger Ulf Langemeier, Hans Stumpf und Ulrich Michel. Sascha Stein erinnerte zudem an den im Juni 2021 verstorbenen Ehrenortsbeauftragten Claus-Peter Schuhmann, der dem Bensheimer Verband 58 Jahre lang angehört hatte.
Ehrungen und Auszeichnungen
Beim Helferfest zeichnete der Ortsverband langjährige Mitglieder aus. Seit 40 Jahren ist Erik Hahn beim THW engagiert, Holger Borger blickt auf drei Jahrzehnte beim Technischen Hilfswerk zurück.
Jeweils 20 Jahre beim THW dabei sind Jens Kunz, Sascha Stein, Holger Berger, Marc Kunz, David Wellenreuther, Hauke Heinrich, Nikolas Reubold, Philipp Sauer, Christian Schmidt sowie Felix Sterzelmaier.
Für zehnjährige Treue gewürdigt wurden Jakob Wedel, Domenico Nigro, Cara Metzner, Oliver Schweikart, Dario Heinrich, Andreas Fritsch, Bernhard Ritter und Claudio Ferlito.
Mit einem Helferabzeichen in Gold wurden Frank Steinbacher, Nico Heyssler, Marcel Rechner, Torben Dube und Cara Metzner geehrt. Das Abzeichen „Gold mit Kranz“ ging an Felix Sterzelmaier, Sophie Franke und Matthias Ohlemüller. tr
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim_artikel,-bensheim-bensheimer-thw-feiert-70-geburtstag-_arid,1989401.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/bensheim.html
[2] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lorsch.html